Cranz/Neuenfelde. Cranzer und Neuenfelder Hauptdeich müssen erhöht und breiter werden. Das betrifft den gesamten Verkehr an der Unterelbe.
Es wird die nächste Großbaustelle im Bezirk Harburg – und sie wird den Verkehr an der Unterelbe für einige Zeit auf den Kopf stellen. Weil die Hauptdeiche in Cranz und Neuenfelde erhöht werden müssen, wird im Hinterland alles neu angefasst: Straße, Radweg, Fußweg, Graben. Drei Jahre Bauzeit sind dafür einkalkuliert, denn von Oktober bis April muss die Bautätigkeit ruhen. Wann Baubeginn ist, steht noch nicht fest. Das Genehmigungsverfahren hat gerade erst begonnen. Darauf folgt die Planfeststellung. Schon ohne Einsprüche dauern diese Verfahren mindestens bis 2021.
Am Ende wird der Deichfuß bis zu acht Meter ins Binnenland gewandert sein. Nach vorne hat er nämlich keinen Spielraum, denn dort befindet sich ein geschützter Tideauenwald. Einigen Häusern in Cranz rückt das Bauwerk damit ziemlich nah auf die Pelle. Hier müssen sich die Planer etwas einfallen lassen. Eines stellt Architektin Nina Oncken allerdings klar: „Niemand soll enteignet werden!“
Immer höher auflaufende Fluten erfordern stetige Erhöhung der Deiche. Neun Meter über Normalhöhennull ist die Vorgabe für Hamburgs Deiche an der Unterelbe in Cranz und Neuenfelde. Das bedeutet eine Erhöhung um bis zu 70 Zentimeter. Die allein würde den Deichfuß nur um 4,20 Meter verbreitern. Allerdings wird nicht nur der Deich ertüchtigt, sondern auch die Straße grundsaniert und die Gräben hinter dem Deich neu geordnet: Be- und Entwässerung der Obstbauflächen erfolgen derzeit über das Neuenfelder Deichsiel. Das kann allerdings nur wegen der Verschlickung des Vorlands wenige Stunden am Tag Wasser liefern. In Zukunft soll Wasser aus der alten Süderelbe in die Neuenfelder Gräben fließen und über das Siel nur noch abfließen. Außerdem baut Nina Oncken noch ein Auffangsystem für die Straßenabwässer in den Deichfuß.
Worüber sich die Cranzer freuen können: Wahrscheinlich bekommen sie ihren lang ersehnten Kreisverkehr an der Kreuzung Cranzer Hauptdeich/Estedeich. „Wir haben die Verkehrsströme berechnet, und hier könnte ein Kreisverkehr sinnvoll sein“, sagt Henning Rathjens, Ingenieur bei der Hamburg Port Authority und Auftraggeber der Realisierungsgesellschaft ReGe, für die Nina Oncken tätig ist. „Die Neuenfelder muss ich in der Hinsicht leider enttäuschen: An ihrer Kreuzung ist ein Kreisverkehr nicht sinnvoll.“
Die Straße entlang der beiden Deiche ist zum einen eine Hauptschlagader des regionalen Pendler- und Warenverkehrs. Sie ist zum anderen aber auch die Deichverteidigungsstraße. Sie muss deshalb am Deich verlaufen und kann nicht irgendwohin verlegt werden. Außerdem müssen die Nebenflächen im Ernstfall breit genug sein, dass man darauf Sandsackpaletten abstellen kann. Das werden sie auf jeden Fall: „Wir stellen auf der ganzen Länge des Deiches einen normgerechten Zweirichtungsradweg und einen Fußweg her. Allein das erfordert vier Meter Breite“, sagt Nina Oncken.
Dazu kommt, dass die Fahrbahn von derzeit durchschnittlich 6,50 Meter auf durchgängig sieben Meter verbreitert wird, um einen besseren Verkehrsfluss zu gewährleisten. Vor allem im Westen von Cranz wird dieser verbesserte Verkehrsfluss nicht von allen begrüßt: Hier liegen einige Häuser sehr nah am Deich. Die Verschiebung der Straße nach binnenlands trägt den Verkehr auch näher vor ihre Fenster. Nina Oncken hat das Problem erkannt: „In diesem Bereich müssen wir den Deichfuß beschneiden und den Deich mit einem Bauwerk abstützen“, sagt sie.
Ob das eine Mauer oder eine Spundwand wird, ist noch nicht klar: „Wir würden wegen der Ästhetik eine Wand bevorzugen, die wir verklinkern können“, sagt Henning Rathjens. „Darüber müssen wir uns noch mit Niedersachsen einigen, denn auch auf der anderen Seite der Landesgrenze muss abgestützt werden. Noch bevorzugt Niedersachsen die Spundwand.“