Neuenfelde. Anwohner sind genervt, können den Ort teils kaum verlassen. Sie fordern schnelle Abhilfe, Klarheit und nachhaltige Vorbeugung.

Drei Rohrbrüche innerhalb kurzer Zeit legten den dörflichen Hamburger Stadtteil Neuenfelde in diesen Tagen lahm. Als würde der Verkehrsteufel mit den Neuenfeldern Malefiz spielen, waren in kurzer Reihenfolge die wichtigsten Strecken im Stadtteil nicht mehr befahrbar. Erst eine der drei Sperrungen ist mittlerweile aufgehoben. Bei den beiden anderen dauert es an der Hasselwerder Straße noch wenige Tage, an der wichtigen Kreuzung Nincoper Straße/Nincoper Deich noch zwei Wochen. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob und wann die Bauleute Asphalt bekommen. Im Ort regt sich Unmut. Die Bezirksversammlung Harburg springt den Neuenfeldern nun bei und fordert Abhilfe und Aufklärung von der Verwaltung und von Hamburg Wasser.

Rohrbrüche in Neuenfelde: Dringlichkeitsantrag zur Klärung der Ursache

Die Grünen hatten diesen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Ihre Bezirksabgeordnete Corine Veithen lebt in Neuenfelde. Aber auch alle anderen Parteien schlossen sich an, denn es gibt keine, die nicht Mitglieder und Aktive in der Region hätte.

„Durch die Straßensperrungen sind der Auto- und der Busverkehr stark beeinträchtigt, und das über einen langen Zeitraum. Berufstätige und Schüler*innen sind jedoch auf den Bus angewiesen, um pünktlich zur Arbeit bzw. zur Schule zu kommen“, sagt Corine Veithen. „Auch wenn sich die Situation mit der Wiedereröffnung der Straße Vierzigstücken etwas entspannen wird, wird die wochenlange Sperrung der Kreuzung Nincoper Deich/Nincoper Straße zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Verkehre führen. Auch die landwirtschaftlichen Verkehre sind stark betroffen, da lange Umwege in Kauf genommen werden müssen.“

Sperrungen und Staus: Rücksichtsloses Verhalten der Durchgangsfahrer

Doch nicht nur die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs sind genervt. Auch für Autofahrer sind die gesperrten Straßen eine Herausforderung. Im Alten Land gibt es nicht viele Straßen. Ist eine gesperrt, gibt es kaum Ausweichrouten. Und während die Einheimischen noch Schleichwege kennen, verlieren Ortsfremde schon mal die Nerven. Auf dem Weg in Dorf und zurück wurde der Abendblatt-Reporter, der selbst nicht gerade langsam unterwegs war, mehrfach aggressiv und von Fahrzeugen mit STD-Kennzeichen überholt.

Anfang der Woche soll die Hasselwerder Straße wieder befahrbar sein.
Anfang der Woche soll die Hasselwerder Straße wieder befahrbar sein. © HA | Lars Hansen

Einige gehen sogar noch weiter: „Es war mehrfach zu beobachten, wie ortsfremde Autofahrer abends einfach die Absperrungen beiseite räumten, um durch die Baustelle zu fahren“, sagt Manfred Hofmann von der Bürgervertretung Neuenfelde. „Sprach man sie darauf an, kam es zu Pöbeleien.“

„Die gesamte Kommunikation ist katastrophal“
Corine Veithen - Bezirksabgeordnete (Grüne)

Die derzeit gesperrte Nincoper Straße ist Teil des Obstmarschenwegs, der Hauptschlagader des Alten Lands, solange die A26 noch nicht komplett fertiggestellt ist. Auf der zweitwichtigsten Strecke der Region, dem Elbdeich, ist die Weiterfahrt ab Cranz Richtung Westen seit Jahren wegen Straßensanierung und Deicherhöhung nicht möglich. Eigentlich müsste Neuenfelde weiträumig umfahren werden. Auf die Straßensperrungen wird allerdings erst wenige hundert Meter vor der jeweiligen Baustelle hingewiesen.

„Die gesamte Kommunikation ist katastrophal“ bemängelt Corine Veithen. „Hamburg Wasser kommuniziert die Fortschritte auf den Baustellen kaum, der HVV schiebt die Verantwortung für Problemlösung beim Busverkehr und die Kommunikation der Lösung auf die Kreisverkehrsgemeinschaft Stade, weil diese die Buslinie betreibt. Die KVG bemüht sich um Lösungen, aber die Bürger müssen selbst nachfragen, was nun passiert.“

TVerkehr in Neuenfelde: Teilweise Dienst mit Kleinbussen, dann nicht mehr

Dabei, so Veithen, hätte der HVV gut einige Kleinbusse des Fahrdienstes Moja nach Neuenfelde abstellen können, um den Teil der Busstrecke, der mit großen Bussen nicht bedient werden kann, zu versorgen und an die Haltestellen anzubinden, bis zu denen die regulären Linien fahren. „Bis zum Rohrbruch am Nincoper Deich hatte die KVG auch zumindest für die Schülerverkehre Kleinbusse eingesetzt“, sagt die Abgeordnete, „aber dann wurde auch dieser Dienst wieder eingestellt.“ Neuenfelde hat nur eine Grundschule. Ältere Schüler besuchen Schulen in Neugraben-Fischbek, Hausbruch, Harburg oder Finkenwerder.

„Es ist auf alles immer sehr langsam reagiert worden“, kritisiert Manfred Hofmann, „Was wir brauchen ist eine Koordinierungsstelle für solche Fälle! Und wir brauchen direkte Kommunikation. Man kann ja nicht bei jedem Notfall die nächste Sitzung der Bezirksversammlung abwarten. Die Kleinbusse hat die KVG auch nur geschickt´, weil Menschen aus Neuenfelde das vorgeschlagen haben.“

Es ist auf alles immer sehr langsam reagiert worden
Manfred Hofmann - Bürgervertretung Neuenfelde

Inhalt des Antrags ist auch die Frage nach den Ursachen für die Rohrbruchhäufung. „Natürlich können diese drei Wasserrohbrüche in kurzer Zeit Zufall sein“, sagt Corine Veithen. „Auch die außergewöhnlich nasse Wetterlage im Dezember mit darauffolgendem Frost könnte eine Erklärung sein. Veraltete und marode Infrastruktur und außergewöhnliche Belastungen, etwa durch die starke Befahrung der Straßen insbesondere durch Schwerlastverkehr, könnten jedoch ebenfalls Gründe für die Schäden sein.“

Grund für den Rohrbruch unter der Hasselwerder Straße ist mittlerweile gefunden

Der Grund für den Rohrbruch unter der Hasselwerder Straße ist mittlerweile gefunden: Ein – erst sieben Jahre alter – Absperrschieber der Abwasserleitung war aufgrund von Korrosion undicht. „Grundsätzlich sei vorangestellt, dass wir in Hamburg ein Leitungsnetz – Trinkwassernetz und Abwassernetz – haben, das eine Länge von insgesamt rund 12.000 Kilometern hat, da gehören Leitungsschäden zum Tagesgeschäft von Hamburg Wasser“, sagt Pressesprecherin Anja Vietinghoff.

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„Rohrbrüche können theoretisch jede Leitung betreffen und die Gründe dafür sind multifaktoriell und selten monokausal: So kann die Mechanik eine Rolle spielen, also Bewegung im Boden, ausgelöst durch starke Druckbelastung oder wenn der Frost kommt und geht. Auch Faktoren wie Materialermüdung und Verschleißerscheinung können eine Rolle spielen.“

Rohrbrüche in Neuenfelde: „Wir gehen von einem bedauerlichen Zufall aus!“

Bei den verschiedenen Schäden in Neuenfelde war sowohl das Abwasser- als auch das Trinkwassernetz betroffen, die Leitungen sind aus unterschiedlichen Baujahren. „Wir gehen von einem bedauerlichen Zufall aus, der natürlich besonders den betroffenen Menschen in Neuenfelde viel Geduld abverlangt hat“, sagt Vietinghoff.

Nach derzeitigem Planungsstand geht Hamburg Wasser aller Voraussicht nach davon aus, dass die Hasselwerder Straße vorbehaltlich der Wetterlage am Montag wieder freigegeben werden kann. Voraussetzung ist, dass die Bauleute Asphalt bekommen. In den Wintermonaten liefern die Mischwerke keinen Asphalt, sodass es einen hohen Konkurrenzdruck auf diesen Baustoff gibt. Die Arbeiten am Nincoper Deich ziehen sich noch zwei Wochen hin.