Harburg. Miskatonic-Theater ist Hamburgs einzige 100-Prozent-Horrorbühne – und begeistert mit erster eigener Produktion. Wo es jetzt Karten gibt.

  • Dieses Theater ist hamburgweit einmalig: Das „Miskatonic“ hat sich zu 100 Prozent dem Horror-Genre und Weird Fiction verschrieben
  • Mit Spannung wurde deshalb die erste eigene Produktion des kleinen Privattheaters erwartet
  • Das Urteil unseres Theaterkritikers: Grandios!

Mit „Das Fest“ hat das Harburger Miskatonic Theater erstmals ein Weihnachtsmärchen für Erwachsene ins Programm genommen. Die Schauergeschichte spielt in der Einsamkeit der Lüneburger Heide – besser könnte man den Stoff nicht verorten. Unser Urteil nach der Premiere: „Das Fest“ ist ein großartiger Gruselspaß und das erhoffte Horrortheater vom Feinsten.

Theater Hamburg: Deutschlands einzige Grusel-Bühne begeistert mit eigener Produktion

„Ich wusste nicht viel über Wörme“, sagt der Ich-Erzähler als Erstes und hätte damit wohl viel mit den Zuschauern gemein. Der kleine Ortsteil von Handeloh ist heute hauptsächlich für Bio-Landbau auf weiter, menschenarmer Fläche bekannt, wenn überhaupt. „Ich wusste nicht viel über Wörme, aber das sollte sich ändern!“

In Wörme spielt „Das Fest“. Das Theaterstück basiert auf der gleichnamigen einzigen Kurzgeschichte des Horror-Autors Howard Philipps Lovecraft, die einen Weihnachtsbezug hat. Lovecrafts Schauergeschichte von 1923 ist selbstverständlich nicht in der Nordheide angesiedelt, sondern in Neuengland. Die Macher des Harburger „Miskatonic-Theaters“ haben die Handlung hierher geholt.

Horror-Theater Harburg, Weihnachtsmärchen
Henrik Heiler (links) und Lars Henriks spielen die Lovecraft-Adaption „Das Fest“. Wenn es gerade zu spannend wird, kühlen sie den Horror mit Klamauk ab. © HA | Lars Hansen

So können sie nämlich Mythen und Legenden der Region in dem Weihnachtsstück verarbeiten; wie etwa die Grauensgrube des Ritters von Wörme, die Geschichte von Flöten-Enno und der Teufelsmühle von Seppensen oder die schaurige Mär, wie das Heidemädchen Gesine den Weihnachtsmann belog und was dann geschah. „Weihnachten war für mich immer ein Fest der Angst“, erfährt der Ich-Erzähler von seinem Großvater.

Bei Lovecraft beginnt das Grauen mit Andeutungen und bohrenden Fragen

Der hat ihn nach Wörme eingeladen. Die Mutter des Protagonisten hatte Wörme und ihrer Familie den Rücken gekehrt, als sie mit ihm schwanger ging und hatte jede Verbindung abgebrochen und unterbunden. Nun ist sie gestorben und der Erzähler nimmt Kontakt zu seinem Großvater auf. Der lädt ihn prompt ein, Weihnachten in Wörme mit ihm zu verbringen. Schon mit der ersten Tasse Tee nimmt der Horror seinen Lauf.

Wie bei Lovecraft üblich, beginnt das Grauen mit Andeutungen, Unklarheiten und immer bohrenderen Fragen, bis zur narrativen Katastrophe. Der Erzähler und sein Großvater erzählen sich gegenseitig Geschichten. Die des alten Mannes mit dem seltsam maskenhaften Gesichtsausdruck werden immer unheilvoller. Dann bittet er den Enkel von der Tafel zum eigentlichen „Fest“ …

Genügend Düsternis für den echten Horror-Fan bleibt trotz Klamauk-Einlagen

Mehr sei hier gar nicht erst verraten, außer, dass „Das Fest“ nicht nur gruselige Spannung bereithält, sondern diese auch immer wieder mit komischen Einlagen aufgelöst wird. Dieses Element des „Comic Relief“ hatte schon William Shakespeare intensiv in seine Stücke eingebaut und die weniger theateraffinen Menschen kennen es aus Edgar-Wallace-Filmen.

Wenn „Enkel“ Lars Henriks zwischenzeitlich in die Rolle der Heide-Gesine schlüpft, ist schon die Verwandlung genug, um die ersten Lacher im Publikum hervorzukitzeln. Genügend Düsternis für den echten Horror-Fan bleibt aber auf alle Fälle noch.

Miscatonic
Am Eingang des Theatersaals begrüßt ein stummer Türsteher das Publikum. © HA | Lars Hansen

Eine wichtige Rolle dabei spielt das „Necronomicon“. In der Erzählwelt des Howard Philipps (oft auch nur H.P.) Lovecraft ist dieses vom fiktiven arabischen Autor Abdul Alhazred verfasste ebenso fiktive Handbuch der Dämonologie eine stets wiederkehrende Quelle von Andeutungen und Erkenntnissen.

Als Literat wurde Lovecraft erst spät anerkannt. Heute hat er einen eingeschworenen Fankreis

H.P. Lovecraft (1890 - 1937) veröffentlichte seine Geschichten zunächst in Groschenheften. Als Literat wurde er erst spät anerkannt. Heute hat er einen eingeschworenen Fankreis, der ausgiebigst über die mythologische Welt Lovecrafts philosophieren kann. Weil der gerne im Angedeuteten schwelgte und früh verstarb, gibt sein Werk auch genügend Freiraum her, der mit eigener, möglichst dunkler, Fantasie gefüllt werden kann.

Die Miskatonic-Theater-Gründer Lars Henriks und Nisan Arikan haben eine große Leidenschaft für Lovecraft und dessen Stoffe schon in frühen Filmen in die Nordheide versetzt. In ihrem Theater setzen sie diese Tradition der Adaptionen fort, diesmal allerdings für die Bühne. Auch der Theatername Miskatonic stammt aus Lovecrafts literarischer Welt, wo Miskatonic die Universität in einer kleinen Stadt in Neuengland ist.

Mehr über das Horror-Theater und Gruseliges

Das Premierenpublikum –viele Fachleute in Schwarz, einige bleich geschminkt; aber mindestens ebensoviele auch in „Lehrerzivil“ – lachte mit, machte mit und sang sogar mit. Die abgewandelten Weihnachtsliedertexte liegen bei jeder Vorstellung auf den Stühlen,. Am Ende gab es soliden Applaus. Premiere gelungen.

Miskatonic Theater Harburg: Lauter Applaus für Schauspieler und Regie

Der Applaus galt auch der Darbietung von Lars Henriks als Enkel und Henrik Heiler als Großvater sowie der Regie von Nisan Arikan. Die schauspielerische Leistung und die unerwarteten Klamauk-Einlagen lassen vergessen, dass das Theater noch im Aufbau ist. Dass Bühne und Saal einst Gaststube eines Restaurants waren, sieht man oft noch und es vermittelt zunächst einen Amateurtheater-Eindruck. Sobald die Miskatonic-Mimen aber loslegen, wiegt ihr intensives, hochprofessionelles Spiel das auf.

Weitere Termine:  13., 14., 20., 21. Dezember, jeweils ebenfalls um 20 Uhr. Einige Karten gibt es noch für jede Vorstellung online zu erwerben. Der volle Eintritt beträgt 25, ermäßigt 20, für junge Fans 15 Euro. Das Theater befindet sich an der Buxtehuder Straße, Ecke Bleicherweg