Harburg. Nach Umzug und einem rätselhaften Einbruch kann das Miskatonic Theater an der B73 endlich eröffnen. Wir haben uns schon mal umgeschaut.
Es ist das weltweit erste 100-Prozent-Gruseltheater und jetzt schon Harburgs schönster kleiner Horrorladen: Das Miskatonic Theater an der Buxtehuder Straße ist in seine erste Saison gestartet. Fans von Schaurig-Schönem sollen hier genauso auf ihre Kosten kommen wie Freunde der Weird-Fiction-Welt. So oder so: Man darf gespannt sein, was die dreiköpfige Theatermacher-Crew die kommenden Monate auf die Bühne bringt.
Zur Eröffnung präsentiert das Theater eine Geschichte des US-amerikanischen Horrorautors H. P. Lovecraft aus dem Jahr 1926: „Der Ruf des Cthulhu“. Der Nachlass eines Verstorbenen gibt Rätsel auf, Dokumente liefern mysteriöse Hinweise zu einem übernatürlichen Wesen namens Cthulhu, das sowohl mit Tentakeln besetzt als auch mit Flügeln ausgestattet ist.
Hamburgs kleiner Horrorladen: Miskatonic Theater an der B73 startet in erste Saison
Hinter dem Miskatonic Theater stecken Nisan Arikan und Lars Henriks, in Harburg keine Unbekannten. Die Schauspielerin und Produzentin und der Autor sowie Regisseur haben ihr Antikyno, das sie erst kürzlich, in 2023, eröffneten, kurzerhand aufgegeben, um sich in den ehemals vom Kulturcafé „Komm du“ genutzten Räumlichkeiten voll und ganz dem Theatermachen zu widmen.
Bekannt sind die beiden, die sich während ihres Schauspielstudiums in Hamburg kennenlernten, und ihr rund zehnköpfiges Bühnenteam unter anderem auch von vergangenen „Sommern im Park“, die im Harburger Stadtpark veranstaltet wurden. Hier bespielten sie die Freilichtbühne mit Horrorstoff und boten darüber hinaus Spaziergänge zu Literatur-Themen an.
Theater statt Kino: Das Antikyno zog eher Theaterinteressierte an
„Im Antikyno konnten wir die Resonanz spüren: Horror läuft, es gibt ein Publikum“, blickt Henriks zurück. Allerdings waren es die Theatervorführungen und nicht die Kinovorstellungen, die im Antikyno besonders erfolgreich waren. Zu letzteren seien teils nur fünf Leute gekommen. „Ich glaube, das liegt daran, dass es in Hamburg schon viele Programmkinos gibt“, erwidert Arikan. Zu den Theatervorstellungen hingegen seien Interessierte aus ganz Deutschland angereist.
Die beiden Theatermacher wollen eine Lücke füllen. Denn Stoff von H. P. Lovecraft werde nur selten auf die Bühne gebracht, sagt Henriks. Filmvorführungen soll im Miskatonic Theater weiterhin Raum geboten werden, wenn auch seltener, geplant sind rund zwei Vorführungen im Monat.
Über die Clubstiftung Hamburg konnte das Paar einen Kredit aufnehmen
Der Ortswechsel war nötig, um den Publikumsraum zu vergrößern. Während im Antikyno nur 28 Zuschauerinnen Platz fanden, können im neuen Theatersaal 60 Zuschauer unterkommen. „Wir können die Schauspieler nicht bezahlen, wenn wir nur wenige Tickets verkaufen können“, sagt Arikan. Und auf Dauer möchten die Theatermacher von Fördermittelgeberinnen und -gebern unabhängig sein. „Wir müssen gucken, dass wir das schaffen“, wirft Henriks ein. Über die Clubstiftung Hamburg konnte das Paar einen Kredit aufnehmen, aber die Fördermittel seien keine verlässliche Einnahmequelle.
Für die acht geplanten Vorstellungen des Eröffnungsstücks hat das Theaterteam immerhin schon zirka 350 Tickets von insgesamt rund 470 verkauft. Und durch ihre Arbeit im Tonstudio, das die Theatermacher aus dem Antikyno zum neuen Standort mitgenommen haben, kann das Theater querfinanziert werden. Die Hörspielserie „Korridore“ des SWR stammt unter anderem aus der Feder von Lars Henriks, außerdem die WDR-Grusel-Hörspiel-Serie „Dämonenjäger Ewald Heine“.
Der Zustand der neuen Räume war miserabel
Der Umzug sei allerdings wesentlich teurer ausgefallen, als ursprünglich gedacht. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Henriks. Kosten in Höhe von rund 30.000 Euro seien entstanden, die das Theaterteam aus eigener Tasche bezahlen musste – und das bei ausbleibendem Theaterbetrieb seit Juni.
Ihre neuen Räume hätten sie in einem miserablen Zustand vorgefunden, berichtet der gebürtige Harburger: „Die Küche war ein Alptraum.“ Er könne seit den Aufräumarbeiten nicht mehr auswärts essen, weil ihn der Anblick so angewidert habe. „Was wir vorgefunden haben, hat uns gebeutelt“, fügt er hinzu. In vier Räumen fanden die Theatermacher sogar Kot. Die jungen Eltern schufteten Tag und Nacht, entsorgten haufenweise Abfall und putzen die Räume unter anderem mit dem Hochdruckreiniger.
Crowdfunding-Kampagne für das Theater ist ein großer Erfolg
Im Juli folgte ein weiterer Schock: Bei einem Einbruch wurde Veranstaltungstechnik im Wert von rund 15.000 Euro gestohlen. Doch eine daraufhin initiierte Crowdfunding-Kampagne läuft aktuell erfolgreich: Unterstützerinnen und Unterstützer haben bereits die Hälfte der Summe gespendet. „Wenn die Aktion weiter so läuft, werden wir den Einbruch gut überleben“, sagt Henriks. Das war nicht immer klar, zunächst hatte das Theaterteam befürchtet, das neue Theater gar nicht erst eröffnen zu können.
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Auf einen neuen Anstrich muss im Miskatonic Theater auch in nächster Zukunft noch verzichtet werden – die Aufräumarbeiten haben zu viel Zeit gekostet. Henriks nimmt es gelassen: „Es spukt hier, das ist mittlerweile allseits bekannt!“ Barraum und Publikumsraum sind mittlerweile dennoch gemütlich geworden, samt Bücherwand und warmem Licht.
Die Gäste erwarten hier ab Freitag Brettspiele und alkoholfreie Cocktails, serviert von den Schauspielerinnen und Schauspielern selbst, Beileidsbekundungen inklusive. Schließlich gehören diese bei einer Nachlassverkündung zur Tagesordnung.