Harburg. Blutrünstige Gestalten, Sensen und Messer: Manche Halloween-Szenen können Kinder nachhaltig verängstigen. Worauf Eltern achten sollten.
Wie viel Horror kann man einem Kind zumuten? „Das ist individuell ganz unterschiedlich“, sagt Lars Henriks. Er muss es wissen, denn zum einen ist er Vater einer Tochter im Kleinkindalter – zum anderen gehört das Spiel mit der Angst zu seinem Job: Gemeinsam mit seiner Partnerin Nisan Arikan hat Henriks in diesem Jahr in Harburg das Miskatonic-Theater eröffnet, Deutschlands einziges 100-Prozent-Gruseltheater. Zudem schreibt und produziert das Paar eigene Horrorfilme und Hörspiele, die allesamt nichts für schwache Nerven sind.
Horror nur zu Halloween? Auch klassische Märchen halten drastische Szenen parat
„Es kommt wohl auch darauf an, wie die Kinder aufgewachsen sind“, sagt Henriks. „Unsere Tochter findet vieles normal, was andere gruselig finden. Wenn sie ins Theater kommt, schüttelt sie immer erst einmal dem Skelett die Hand, das wir als unser Hausmaskottchen hier stehen haben.“ Andere Kinder wiederum fürchteten sich schon vor der bösen Karotte aus der bislang einzigen Nicht-Horror-Produktion „Kommissar Pferd“.
Interessant findet Henriks einen Artikel, den er unlängst gelesen habe: Eine Kinderpsychologin beschreibt darin die Wirkung von klassischen Märchen auf Kinder. Vor allem zum Ende, wenn das Böse besiegt wird, geschieht das auf drastische Weise: Die Hexe verbrennt, oder dem bösen Wolf wird der Bauch aufgeschnitten. „Anscheinend brauchen Kinder aber diese Katharsis“, sagt Henriks. „Am Ende der Geschichte darf das Böse keine Chance haben, wiederzukommen.“
Halloween ist für Kinder inzwischen allgegenwärtig
Durch die massive Bewerbung von Halloween seien Horrordarstellungen auch allgegenwärtig, und man könne seine Kinder gar nicht davon fernhalten. „Ganz wichtig ist jedoch in dieser Zeit, dass man die Kinder nicht allein vor dem Fernseher lässt, sondern mit ihnen zusammen guckt“, so Henriks. Halloween ist für das Miskatonik-Theater in diesem Jahr kein Programmpunkt. Die Gruselexperten begehen es auf ihre ganz eigene Weise: Sie haben Betriebsfeier.
Auch Pastorin Anne Arnholz von der Kirchengemeinde Harburg-Mitte denkt Kinder und ihre Ängste beim Gottesdienst am 31. Oktober in der St.-Paulus-Kirche mit. Denn der Gruselgottesdienst, der sich vor allem an Familien mit Kindern richtet, hat in der Kirchengemeinde schon eine kleine Tradition. Er findet zum dritten Mal statt. Diesmal gibt es sogar eine kleine Steigerung: ein Gruselmusical von Kindern für Kinder.
Nur: Ist es eigentlich richtig, Kinder Schauergeschichten auszusetzen, und das auch noch in der Kirche an einem evangelischen Feiertag? Absolut, findet Pastorin Arnholz, selbst Mutter dreier Kinder. „Kinder haben Spaß am Gruseln und diesen Spaß sollte man ihnen nicht verderben“, sagt Anne Arnholz „Im Gegenteil: Wir als Kirche nutzen den Gruselspaß an diesem Abend als Türöffner.“
Kinder aus der Geisterwelt treffen Kinder aus der Menschenwelt
Wie in der irischen Legende öffnet sich im Heimfelder Grusical ein Fenster in die Geisterwelt. Da ist die Gemeinde pragmatisch: Das „Fenster“ war vor einem Dreivierteljahr noch das Stalltor bei der Weihnachtsgeschichte. „Kinder aus der Geisterwelt treffen Kinder aus der Menschenwelt und lernen sich kennen“, sagt Anne Arnholz. „Es ist eine Geschichte über Anderssein und Gemeinsamkeiten.“
Spannend wird es aber doch: Während die Kinder sich anfreunden, schmieden einige große Wesen finstere Pläne. Mehr wird nicht verraten. Nur eine Kleinigkeit: Es geht um die Weltherrschaft! Unterstützt werden die kleinen Darsteller von professionellen Musikern. Die Melodien sind beim „Little Shop of Horrors“ entliehen.
Halloween in Harburg: Zum „Grusical“ in der Kirche dürfen Kinder gern verkleidet kommen
Die Gruselkirche beginnt um 17 Uhr. Die Aufführung dauert zirka eine Stunde und die Veranstalter freuen sich, wenn auch möglichst viele Gäste verkleidet erscheinen. Der zehnjährige Lorenz freut sich schon auf seinen Auftritt: „Ich spiele die Babyspinne“, sagt er. „Deren Mutter führt Böses im Schilde und das muss verhindert werden!“
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