Süderelbe. Menschen im Hamburger Süden brauchen mehr Schwimmhallen, doch die kosten viel Geld. Das bringt eine alte Idee zurück auf den Plan.
Hat das gemeinsame Kombibad für den Hamburger Süden doch noch eine Chance auf Realisierung? Jedenfalls wollen die Gemeinde Neu Wulmstorf und der Bezirk Hamburg-Harburg diese Idee nicht sterben lassen und mit einem „Letter of Intent“ den Druck auf die Hamburger Behörden erhöhen.
Totgesagte leben länger: Angesichts leerer Haushaltskassen und einer gewissen Hamburger Schwerfälligkeit schien die Idee eines gemeinsamen Kombi-Bades für den Süderelberaum längst tot zu sein. Doch dann fand sich doch noch ein für beide Seiten passendes Grundstück im geplanten Neubaugebiet Fischbeker Reethen an der Grenze zu Neu Wulmstorf.
Seitdem leben die Überlegungen in Neu Wulmstorf und im Bezirk Harburg wieder auf. Jetzt gibt es für das länderübergreifende Projekt auf Hamburger Gebiet eine neue Perspektive.
Kombibad im Hamburger Süden: Gemeinsame Absichtserklärung soll Druck erhöhen
Die Gemeinde Neu Wulmstorf will die Planungen zu einem gemeinsamen Kombibad mit Hamburg mittels einer gemeinsamen Absichtserklärung („Letter of Intent“) mit dem Bezirk Harburg forcieren. Dies hat der Gemeinde-Ausschuss für Vereine, Senioren, Sport, Kultur und Soziales jetzt einstimmig empfohlen.
Es ist davon auszugehen, dass auch der Rat der Gemeinde diesem „Letter of Intent“ zustimmen wird, ebenso die Harburger Bezirksversammlung. Doch mit der Unterzeichnung des Papiers ist es längst nicht getan. „Dann geht die Arbeit erst richtig los“, sagt der Leiter des Fachbereichs Ortsentwicklung und Immobilienwirtschaft der Gemeinde Neu Wulmstorf.
Hört sich traumhaft an: Schwimmen sowohl drinnen als auch draußen
Es hört sich traumhaft an, was im Hamburger Süden entstünde: Das Kombibad soll die Vorteile eines Frei- und Hallenbades vereinen. In den kühlen Jahreszeiten funktioniert es als Hallenbad. An warmen Tagen können große Glasfronten geöffnet und die gleichen Becken als Freibad mit angrenzenden Liegewiesen genutzt werden. Das Bad soll sowohl für sportlich ambitionierte Schwimmer, den Vereinssport und das Schulschwimmen als auch zum spielerischen Baden sowie für Senioren und Familien mit Kleinkindern geeignet sein.
So ist es jedenfalls in dem „Letter of Intent“ festgeschrieben, den der Neu Wulmstorfer Ausschuss jetzt beraten und einstimmig empfohlen hat. Bei der Konzeption des Bades solle zudem besonderer Wert auf einen nachhaltigen Betrieb und eine nachhaltige und ressourcenschonende Errichtung des Bades gelegt werden, beispielsweise mit Solarthermie zur Erwärmung des Wassers.
Bäder in Neu Wulmstorf und Neugraben reichen nicht aus
Die Idee zu einem länderübergreifenden Kombibad ist nicht neu. Erste Überlegungen dazu gab es bereits 2017. Dass die Region Süderelbe an Bevölkerung zunimmt, ist längst bekannt und erfordert Nachbesserungen bei der Infrastruktur in vielen Bereichen, so auch beim Schwimmangebot. Gleichzeitig sind die vorhandenen Bäder auf beiden Seiten der Landesgrenze in die Jahre gekommen beziehungsweise komplett veraltet.
So musste Neu Wulmstorf in der vergangenen Saison das Nichtschwimmerbecken im Freibad schließen, weil es eine größere Havarie gegeben hatte. Der Schaden ist inzwischen behoben worden, das Freibad soll Anfang Juni komplett geöffnet werden. „Jedenfalls sind wir im Moment guter Hoffnung. Ob es tatsächlich klappt, werden wir erst sehen, wenn wir das Wasser in die Becken lassen“, sagt Andreas Reinhardt, Fachdienstleiter Sport und Immobilien im Rathaus Neu Wulmstorf.
Saisoneröffnung im Freibad Neu Wulmstorf soll im Juni erfolgen
Die Gemeinde hatte immer wieder betont, dass das Freibad zwar erhalten werden soll, solange es geht. Bei einer „größeren Havarie“ müsse das auch bei den Hamburger Nachbarn sehr beliebte Freibad allerdings dichtgemacht werden. Somit besteht für die Gemeinde das Interesse, den durch einen möglichen Wegfall des Freibades in Neu Wulmstorf entstehenden Bedarf im Bereich des Freizeitschwimmens kompensieren zu können.
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„Darüber hinaus wird allerdings anzunehmen sein, dass bereits Vereinsbedarfe auf Neu Wulmstorfer Seite durch einen entsprechenden Zuwachs von neuen Einwohnern auf beiden Seiten über das Hallenbad nicht abzudecken sein könnten“, so Neu Wulmstorfs Bauamtsleiter Thomas Saunus. Das Hallenbad wurde jüngst umfangreich für rund vier Millionen Euro saniert. Es stößt hinsichtlich der Kapazitäten aber ebenfalls längst an seine Grenzen.
Gemeinde und Bezirk können nicht allein über das Bad entscheiden
Das nach wie vor bestehende Interesse an der Umsetzung einer Kooperation in Sachen Kombibad ist zwischenzeitlich sowohl auf Seiten der Gemeinde als auch auf bezirklicher Ebene immer wieder betont worden. Um diesen Umstand deutlich zu machen, soll die Absichtserklärung in Form eines sogenannten „Letter of Intent“ (LOI) geschlossen werden. Der Entwurf wurde zwischen den Verwaltungen abgestimmt.
Die Bezirksversammlung muss über eine Unterzeichnung noch beraten. „Ich gehe stark davon aus, dass das klappt“, sagt Rainer Bliefernicht (CDU), stellvertretender Vorsitzender im Stadtentwicklungsausschuss. „Wir wollen jedenfalls das Bad, und ich kann mir nicht vorstellen, dass SPD und Grüne sich dagegen stellen.“
Standort könnte im Bereich der Fischbeker Reethen liegen
Davon ist nicht auszugehen: Rot-Grün hat bereits vor sieben Monaten mit einem Antrag den Beschluss zur Umsetzung eines Kombibades für Süderelbe im Bereich der Fischbeker Reethen gefordert und das Bezirksamt Harburg aufgefordert, diesen Beschluss gemeinsam mit Neu Wulmstorf zu konkretisieren – mit dem Ziel der gemeinsamen Umsetzung.
In dem Antrag werden auch die eigentlichen Entscheider benannt: die Bürgerschaft, Bäderland Hamburg und die zuständigen Fachbehörden auf Hamburger Seite.
Neu Wulmstorf ist hier bereits einen Schritt weiter – auch wenn mit dem „Letter of Intent“ noch keine vertragliche Verpflichtung oder Ähnliches verbunden ist. Mit der gemeinsamen Absichtserklärung soll der Startschuss für die Erarbeitung diverser Entscheidungsgrundlagen erfolgen, um beurteilen zu können, ob eine vertragliche Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Neu Wulmstorf erfolgen kann oder nicht.
Bürgermeister will Hamburg nicht aus der Verantwortung lassen
Eine Realisierung des Kombibades würde ohnehin Jahre dauern. „Es geht uns um die Perspektive und darum, möglichst viele Wasserflächen zu erhalten, wo Kinder schwimmen lernen können“, sagt Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke. „Wir wollen Hamburg nicht aus der Verantwortung lassen. Man muss sich doch fragen, was dort für den Hamburger Süden getan wurde.“
Die Hansestadt Hamburg habe darauf vertraut, dass Neu Wulmstorf als kleine Gemeinde das Schwimmen im Hamburger Süden allein ermögliche. „Da fasst sich doch jeder an den Kopf, wenn wir so ein Kombibad in der Metropolregion nicht gemeinsam hinkriegen“, so Handtke.