Langenbek. DRK und Schirmherrin feiern Jubiläum der Einrichtung in Langenbek. Leiterin erfüllt sich zum Jahrestag einen lang gehegten Traum.

Es waren vier Gäste im Harburger Hospiz, als dort zum ersten Mal Weihnachten gefeiert wurde. Das Haus in Langenbek war erst kurz zuvor eröffnet worden: Zehn Tage vor Heiligabend war der erste Gast eingezogen. Das ist nun zehn Jahre her. Bereits zwischen Weihnachten und Neujahr musste der erste „Abschied“ begangen werden. So heißt es im Hospiz, wenn die. Gäste das getan haben, wozu sie hergekommen sind: Sterben. Hospizleiterin Britta True erinnert sich: „Natürlich war uns bewusst, dass unsere Gäste sterben, aber trotzdem traf uns der erste Abschied innerlich weniger vorbereitet, als wir gedacht hatten. Und noch heute lässt uns kein Abschied unberührt.“

Das Sterben steht nicht im Mittelpunkt, sondern da, wo es hingehört: am Ende

1300 Gäste hat das „Hospiz für Hamburgs Süden“, so der ganze offizielle Name, in den zehn Jahren seines Bestehens in den letzten Tagen, Wochen und manchmal Monaten begleitet. Das Sterben steht dabei nicht im Mittelpunkt, sondern da, wo es hingehört: am Ende. Im Hospiz geht es darum, die Zeit, die bleibt, mit so viel Leben zu füllen, wie es geht. Geselligkeit, gutes Essen, auch mal ein Schluck Wein oder ein Lütter sind feste Bestandteile des Hospizkonzeptes. „Für die Gäste, die nichts Festes mehr essen können, haben wir ein Gerät, das alle Speisen und Getränke zu einem Schaum verarbeiten kann“, sagt Britta True. „Einem Gast haben wir so sogar abends sein Bier gegönnt.“

Das Hospiz für Hamburgs Süden.
Das Hospiz für Hamburgs Süden. © dpa | Maja Hitij

Übertrieben wird es mit dem Alkohol selbstverständlich nicht. Aber sich ungesunde Genüsse zu versagen, hat für Hospiz-Gäste auch keinen Sinn mehr. Sie sind unrettbar austherapiert, sonst wären sie nicht hier. „Wenn man bei uns nicht trinken darf, wo dann?“, sagt Britta True.

Zwölf Gäste können gleichzeitig im Harburger Hospiz begleitet werden. Es gibt ein 13. Zimmer, doch das wird in der Regel für Angehörige von Gästen vorgehalten. Die Zimmer sind individuell ausgestaltet, mit Kunst und Kunsthandwerk rund um alles praktisch Notwendige. Doch die Zimmer der Gäste sind nicht das, was das Hospiz wirklich ausmacht. Wenn man die Seele des Hauses spüren will, muss man ins „Wohnzimmer“ gehen.

Wichtigste Orte: Das „Wohnzimmer“, der Garten, der Raum der Stille – und die Küche

Dort an dem langen Tisch und in der gemütlichen Sitzecke kommen die Gäste, die ihr Bett verlassen können, zusammen, sprechen, spielen Spiele, oder genießen einfach still die Nähe anderer Menschen. Angehörige, Besucher und Personal setzen sich dazu. Zwar gibt es Räume, in denen auch die Pflegenden für sich sein können, aber sie werden selten genutzt. Direkt neben dem Wohnzimmer ist die Küche. Deren Tür ist meistens offen, sodass man auch lange vor der Mahlzeit schon Vorfreude aufbauen kann. Und wenn das Wetter es erlaubt, ist der Hospizgarten die Erweiterung des Wohnzimmers.

Britta True unterzeichnet die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen.
Britta True unterzeichnet die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. © HA | Lars Hansen

Im Garten findet sich auch eine besondere Stelle: Eine Spirale aus Steinen. Für jeden Gast, der geht, wird ein Stein hinzugefügt. Für trauernde Angehörige, aber auch für Hospizmitarbeiter und Gäste ist dann der „Raum der Stille“ unter dem Dach des Hospizgebäudes der Ort, wo sie ihren Gedanken nachhängen, gegebenenfalls in ihrem Glauben Trost finden können oder ihnen ein Gespräch beim Trauern hilft.

Jetzt, vor Weihnachten, ist das Wohnzimmer festlich geschmückt. „Das erste Weihnachtsfest, kurz nach der Eröffnung, haben wir mit nur vier Gästen gefeiert“, erinnert sich Britta True. „Seitdem waren wir aber immer voll belegt. Am Heiligabend kommen wir bereits nachmittags zusammen, Angehörige, Gäste und Pflegekräfte. Es gibt ein tolles Essen, ein Musiker spielt und es gibt eine Andacht.“

Klage gegen das Hospiz in Langenbek wurde erst nach der Eröffnung abgewiesen

Dass das Hospiz sein zehntes Weihnachten feiern kann, war nicht immer klar: Beinahe wäre es gar nicht erst zum ersten Weihnachtsfest gekommen. Ein Nachbar hatte dagegen geklagt, dass das Hospiz hierherkommt und das ehemalige zweite Gemeindehaus der Sinstorfer Kirche dafür erweitert wird. Er führte verschiedene Argumente an, dass er dadurch in seinen Rechten beschnitten würde. Das Gericht vollzog diese nicht nach. Das Urteil wurde allerdings erst einen Tag nach der feierlichen Einweihung des Hauses gesprochen.

Weil wir als Vorstände persönlich haftbar sind, war uns wegen der Klage gegen das Hospiz schon etwas mulmig
Lothar Bergmann

Für das Deutsche Rote Kreuz (DRK), den Träger des Hospizes, war das eine prekäre Lage: Der Kreisverband Hamburg-Harburg des DRK hatte sich für den Bau verschuldet und ohne das Hospiz betreiben zu können, hätten die Schulden nicht abbezahlt werden können. „Und weil wir als Vorstände persönlich haftbar sind, war uns schon etwas mulmig“, erinnert sich Kreisverbandspräsident Lothar Bergmann.

Die Klage gegen die Einrichtung brachte damals aber auch eine große Welle der Sympathie und Solidarität für das Hospiz. Auch NDR-Moderatorin Bettina Tietjen wurde so auf das Projekt aufmerksam. Seit Anbeginn ist sie Schirmherrin des Hauses. Bei der Feierstunde im Kreisverband bedankte Britta True sich bei Tietjen mit einem dicken Blumenstrauß.

Zum zehnjährigen Bestehen erfüllte sich Hospizleiterin True einen lang gehegten Traum

Viele Menschen, die damals das Hospiz auf den Weg brachten und in den ersten Jahren zu seinen Gesichtern gehörten, sind mittlerweile weitergezogen. Die damalige Projektleiterin Sandra Köbe hat in der Zwischenzeit die Hospizarbeit in Rotenburg und Schneverdingen geprägt, Spendensammlerin Dirka Grießhaber ist bei einer Umweltorganisation tätig, die erste Pflegedienstleiterin Marion Basler selbstständig und der damalige Harburger DRK-Geschäftsführer Harald Krüger im Ruhestand.

Kurz vor der Eröffnung: Projektleiterin Sandra Köbe prüft das erste Pflegebett, das im Harburger Hospiz angeliefert wurde.
Kurz vor der Eröffnung: Projektleiterin Sandra Köbe prüft das erste Pflegebett, das im Harburger Hospiz angeliefert wurde. © Lars Hansen | Lars Hansen

Zum zehnjährigen Bestehen des Hauses erfüllte sich Hospizleiterin Britta True einen lang gehegten Traum: Sie unterzeichnete für das DRK Harburg die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“. Die legt – mit verschiedenen Aktualisierungen – seit 2010 in fünf Leitsätzen die ethischen Leitlinien der Hospizarbeit und Palliativmedizin fest. Danach arbeitet das Haus seit Anbeginn. Jetzt hat es sich auch feierlich dazu verpflichtet. „Ich habe auf einen angemessenen Anlass für die Unterzeichnung gewartet“, sagt True. „Jetzt war er gekommen.“

31 Angestellte des Hospizes, sowie technisches und hauswirtschaftliches Personal der DRK-Servicegesellschaft und junge Freiwilligendienst Leistende arbeiten im Haus. Dazu kommen Ehrenamtler. Grundsätzlich wird die Arbeit des Hospizes von den Kranken- und Pflegekassen bezahlt. Für den ganzen Umfang der Hospizleistungen reicht das allerdings bei keinem Haus. Wie alle anderen Hospize auch, ist auch das Hospiz für Hamburgs Süden auf Spenden angewiesen. Möglichkeiten dazu finden sich auf der Homepage des Hauses.