Harburg Stadt und Land. Kommunen stellen Wärmepläne auf. Dadurch kommen höhere Vorgaben für die Heiztechnik. Wer sich jetzt schnell entscheidet, wird belohnt.

Was tun, wenn meine Heizung schlapp macht? Oder besser gar nicht so lange warten und schon jetzt eine neue Heizung anschaffen?

Diese Fragen stellen sich viele Haus- und Wohnungseigentümer angesichts des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Es schreibt für neue Heizungsanlagen einen Anteil von Erneuerbaren Energien in Höhe von 65 Prozent vor. Allerdings erst, wenn die jeweilige Kommune ihren Wärmeplan veröffentlicht hat. Und da gibt es große Unterschiede: Die ersten wollen Ende kommenden Jahres so weit sein, die letzten haben bis Ende Juni 2028 Zeit.

Heizung tauschen, ja oder nein?

Kommunale Wärmepläne seien grundsätzlich ein gutes Instrument, um zu entscheiden, wo ein Wärmenetz sinnvoll ist und wo weniger, sagt Anke Kicker, Leiterin der Energieberatung der Verbraucherzentrale Niedersachsen. „Die Kommunen erhalten durch sie einen Überblick über Wärmequellen und -verbräuche: Wo liegen die höchsten Bedarfe? Und wo gibt es erneuerbare Wärmequellen? Dazu zählt beispielsweise die Nutzung von Abwärme aus Abwasserkanälen oder Industrieanlagen. Welche Flächen kann die Gemeinde für die Gewinnung von Umweltwärme aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Luft nutzen?“

Wärmepläne geben Übersicht über Wärmequellen

Wenn die Kommunen einen Wärmeplan erstellt haben, wird ablesbar sein, wie sich verschiedene Wohnquartiere am sinnvollsten mit Heizenergie versorgen lassen. Gerade in kleineren Kommune und auf dem Land wird es voraussichtlich bei dezentralen Lösungen bleiben wie zum Beispiel Wärmepumpen, moderne Gas-, Pellet- oder Hackschnitzelheizungen, unterstützt durch Solaranlagen. An Orten mit dichterer Bebauung mag es sinnvoll sein, Wärmenetze aufzubauen oder zu erweitern. Mit diesem Wissen ist es für die Eigentümer und die kommunalen Verwaltungen einfacher, die bestmögliche Lösung zum Beheizen des jeweiligen Gebäudes zu finden.

Die ersten Wärmepläne werden voraussichtlich die Stadt Hamburg – und damit auch der Bezirk Harburg – sowie die Städte Buchholz und Winsen (Luhe) vorstellen. Alle drei wollen ihre Pläne möglichst bis Ende 2024 durch externe Dienstleister erstellen lassen. Jan Itagaki, Klimaschutzbeauftragter von Winsen, schränkt für die Luhestadt allerdings ein: „Der Auftrag an ein Planungsbüro ist noch nicht vergeben. Darüber wird am 7. Dezember die Politik entscheiden.“ Um die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg in eine klimaschonende Zukunft mitzunehmen, gibt es am 5. Dezember einen Informationsabend zur kommunalen Wärmeplanung (Beginn: 18 Uhr im Marstall, Schlossplatz 11).

Fast die Hälfte aller Heizungen in Deutschland laufen mit Gas.
Fast die Hälfte aller Heizungen in Deutschland laufen mit Gas. © dpa | dpa

Dass selbst die 1,8-Millionen-Einwohner-Kommune Hamburg nach heutigem Stand bereits zum Ende 2024 einen Wärmeplan vorlegen kann, liegt an der Vorarbeit: Seit 2016 führt die Stadt ein Wärmekataster, in dem abzulesen ist, welche Wohngebiete und Straßen an das 845 Kilometer lange Fernwärmenetz der Stadt oder an Nahwärmenetze angebunden werden können (https://www.hamburg.de/energiewende/waermekataster). Der noch fehlende Schritt ist eine Prioritätensetzung, an welchen Stellen bevorzugt ausgebaut werden soll.

Harburg: Abwärme aus Hamburger Süden fließt per Pipeline bis nach Bahrenfeld

Der Bezirk Harburg ist nicht an das städtische Fernwärmenetz angeschlossen. Aber es gibt eine Vielzahl von kleineren Wärmenetzen, etwa Heizwerke in verschiedenen Wohnquartieren oder das Verbundnetz Süd von Hansewerk Natur, das Teile Neuwiedenthals und Neugrabens versorgt und dazu neben per Gaskessel und Blockheizkraftwerk produzierter Wärme auch Abwärme der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm weiterleitet. Bei den Nahwärmenetzen an der Theodor-York-Straße (Binnenhafen), Hanhopsfeld (Wilstorf) und Fischbeker Heidbrook wird neben Erd- auch Biogas verheizt. In vielen verdichteten Stadtteilen wird die Raumwärme aber nach wie vor dezentral erzeugt.

Nach dem Harburger Klimaschutzkonzept lassen sich die bestehenden Netze durch solare Wärme ergänzen (bestenfalls zu einem Drittel). Weitere Potenziale liegen in der Nutzung von industrieller Abwärme. Doch die großen Wärmequellen im Nordwesten des Bezirks und in Waltershof (Bezirk Mitte) wie die Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm, die Abwasserwärmepumpe des Klärwerks Dradenau, das Stahl- und das Aluminiumwerk werden im Projekt „Energiepark Hafen“ ihre Wärme – per Pipeline unter der Elbe hindurch – in Bahrenfeld an das städtische Fernwärmenetz abgeben.

Keine Seltenheit: Eine alte Ölheizungsanlage steht im Keller, hier von Johannes Wittek.
Keine Seltenheit: Eine alte Ölheizungsanlage steht im Keller, hier von Johannes Wittek. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Buchholz will Ende 2024 Wärmeplan vorlegen, Seevetal spätestens Ende 2026

Buchholz hätte nach dem niedersächsischen Klimagesetz noch bis Mitte 2028 Zeit, will aber deutlich schneller sein. Schließlich soll das ehrgeizige Ziel erreicht werden, Buchholz bis 2035 klimaneutral zu machen. Vereint im Klimaforum wollen Verwaltung, Bürger, Politik und weitere Beteiligte mit Projekten, Maßnahmen und Aktionen den Klimaschutz vorantreiben. Dazu gehört auch die Wärmeplanung. „Wir rechnen damit, dass wir sie bis Ende 2024 vorlegen können“, sagt Heinrich Helms, Sprecher des Klimaforums.

Buxtehude hat mit der Wärmeplanung noch nicht begonnen, bereitet aber die Vergabe an einen externen Dienstleister gerade vor. Dafür seien finanzielle Mittel im Haushaltsentwurf 2024 vorgesehen, so Pressesprecher Thomas Bücher. Auch in Seevetal wird gearbeitet. Als sogenanntes Mittelzentrum muss die Gemeinde nach dem niedersächsischen Klimaschutzgesetz bis Ende 2026 einen Wärmeplan aufstellen. „Der Wärmeplan wird fristgerecht spätestens bis Ende 2026 fertiggestellt sein“, so Gemeindesprecher Andreas Schmidt.

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Förderbedingungen für Kommunen noch unsicher

In Tostedt heißt es: warten. „Wir haben im April den Förderantrag für die Wärmeplanung beim Bund gestellt“, sagt Samtgemeindebürgermeister Peter Dörsam. „Doch bislang ist darüber nicht entschieden worden. Erst vor kurzem sind bei uns noch Rückfragen zum Antrag eingetroffen. Nach Monaten. Aber es zeigt immerhin, dass der Antrag bearbeitet wird.“ Ein weiterer Antrag auf Förderung der Stelle einer Klimaschutzmanagerin oder eines -managers sei ebenfalls noch nicht bewilligt, so Dörsam. Das lange Warten sei „sehr ärgerlich“.

Neu Wulmstorf hat zumindest schon eine Klimaschutzbeauftragte, Gabriele Max. Und die sagt: „Wir arbeiten daran, Mitte 2024 loslegen zu können, weil wir die Wärmeplanung Mitte 2025 abschließen wollen.“ Doch wie auch Dörsam weist sie darauf hin, dass noch nicht klar sei, ob die Kommunen vom Land Niedersachsen verpflichtet werden, einen Wärmeplan aufzustellen. Dann sei diese Maßnahme nicht mehr förderfähig. Die Kommune müsse in Vorleistung gehen, könne sich aber vom Land die Planungskosten erstatten lassen.

Und damit nicht genug: Über allem schwebt die Haushaltssperre des Bundes. Dazu ist auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zu lesen: „Aktuell dürfen keine neuen finanziellen Zusagen getätigt werden, die mit Zahlungen für die Jahre ab 2024 verbunden sind. Entsprechend kann derzeit keine Bewilligung von neuen Vorhaben erfolgen. Dies betrifft unter anderem die Förderprogramme zur Energieberatung, die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze und der Energieeffizienz in der Wirtschaft.“ Immerhin: „Maßnahmen zu bereits erfolgten Förderzusagen können weiterverfolgt werden.“ Zudem sei die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), zu der Heizungen und Heiztechnik zählen, von der Sperre ausgenommen.

Landkreis Harburg: Verbraucherschützerin rät dazu, Häuser bald zu sanieren

Anke Kicker von der Verbraucherzentrale Niedersachsen rät, nicht auf Wärmepläne zu warten, sondern bereits jetzt zu prüfen, ob eine alte Heizung gegen eine effizientere, klimaschonende Heiztechnik ausgetauscht werden kann: „Die neue Förderlogik sieht einen Geschwindigkeitsbonus mit höherer Förderung vor.“ Wer eine mehr als 20 Jahre alte Heizung im Keller stehen hat, sollte schauen, ob die Einstellungen optimiert werden können. Bei Neuanschaffungen sei zu überlegen, wie das Gebäude die kommenden 20, 25 Jahren beheizt werden soll – auch angesichts der steigenden CO₂-Kosten für fossile Energieträger.

Sie appelliert allgemein: „Wichtig ist vor allem, dass die Häuser saniert werden! Denn jede Kilowattstunde Wärmeenergie, die nicht verbraucht wird, muss auch nicht bezahlt werden.“ Da viele Menschen angesichts der aktuellen Lage derzeit zögerten, seien Energieberater jetzt besser verfügbar als im Vorjahr. Gerade der Landkreis Harburg habe ein sehr gutes Informationsangebot, über das auch Termine mit Energieberatern der Verbraucherzentrale vereinbart werden können. Es ist im Internet unter energiewegweiser.de („Beratung & Fördermittel“) zu finden.