Hamburg. Nur acht Prozent der neuen Gebäude wurden laut einer Studie damit ausgestattet. Was die Hamburger von der modernen Technik abhält.

Hamburg kommt beim Einbau von Wärmepumpen nur schleppend voran. Die Hansestadt gehört zu jenen Bundesländern, bei dem die Heizung auf Basis von Elektroenergie selbst im Neubau nur zögerlich genutzt wird. Das ergibt sich aus Daten des Photovoltaik-Unternehmens Enpal, das die Verbreitung von Wärmepumpen in Deutschland analysiert hat.

Danach werden in Hamburg nur 7,8 Prozent der Neubauten mit einer Wärmepumpe beheizt. Dazu wurden von Enpal die Anzahl der Neubauten und der installierten Wärmepumpen im Zeitraum von 2017 bis 2021 ins Verhältnis gesetzt. So kommt Enpal auf rund 52.000 Neubauten in diesem Zeitraum, in denen nur 4069 Wärmepumpen verbaut wurden. Nur die Stadtstaaten Berlin und Bremen schneiden in dem Vergleich der Bundesländer noch schlechter ab.

Wärmepumpe im Neubau: Bessere Ergebnisse im Hamburger Umland

Wärmepumpen nutzen die natürliche Umgebungswärme, um ein Haus zu heizen. Meist erhitzt die Außenluft ein spezielles flüssiges Kältemittel, das schon bei niedrigen Temperaturen siedet. Der dabei entstehende Dampf wird von einem strombetriebenen Kompressor verdichtet, wodurch sich der Dampf nochmals deutlich erwärmt. Danach wird die Wärme an den Heizkreislauf abgegeben. Der Dampf hat die Wärme abgegeben und verwandelt sich vom Gas wieder in eine Flüssigkeit. Jetzt kann der Wärmepumpenkreislauf von Neuem beginnen. Das Funktionsprinzip der Wärmepumpe ist bereits seit 200 Jahren bekannt.

Etwas besser sieht es im Hamburger Umland aus. Die meisten Wärmepumpen im Verhältnis zu allen Neubauten wurden in den Kreisen Stormarn, Harburg und Stade verbaut (s. Grafik). So liegt der Anteil der Wärmepumpen am Neubau im Kreis Stormarn bei 25,8 Prozent und im Landkreis Stade bei 22,5 Prozent. Unter 20 Prozent bleiben die Kreise Pinneberg (16,7 Prozent), Segeberg (16,8 Prozent) und Herzogtum-Lauenburg (18,5 Prozent).

Wärmepumpe: Norddeutsche Bundesländer am schlechtesten

Das sind aber verglichen mit anderen Kreisen in der Republik auch keine hohen Werte. So kommen die Kreise Trier-Saarburg (Saarland), Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg) und Bernkastel-Wittlich (Rheinland-Pfalz) auf einen Anteil von mehr als 70 Prozent bei der Nutzung von Wärmepumpen in Neubauten. Selbst Städte wie Bottrop, Pirmasens oder Baden-Baden schaffen einen Wert von mehr als 45 Prozent.

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Auch im Vergleich der Bundesländer zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. An der Spitze liegen die Bundesländer Saarland, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Fast jeder zweite Neubau dort wurde zwischen 2017 und 2021 mit einer Wärmepumpe ausgerüstet. Am Ende des Rankings stehen die norddeutschen Bundesländer und Berlin. Nicht einmal jeder zehnte Neubau wird in Hamburg mit einer Wärmepumpe geheizt, in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist es immerhin noch fast jeder vierte und in Niedersachsen jeder fünfte.

Weniger Einfamilienhäuser und mehr Fernwärme in Hamburg

„Bei der Verbreitung von Wärmepumpen gibt es ein klares Nord-Süd-Gefälle, weil die Installateure in Süddeutschland der Wärmepumpen-Technik schon länger aufgeschlossen gegenüberstehen“, sagt der Hamburger Energieberater Jan-Peter Peters. Ein Bauherr lasse sich ja beraten und folgt auch meist diesen Empfehlungen. Enpal selbst sieht verschiedene Faktoren wie ein höheres verfügbares Einkommen im Süden, unterschiedliche regionale Förderungen und unterschiedliche Voraussetzungen bei der Dämmung und Sanierung der Häuser.

Die Hamburger Umweltbehörde verweist angesichts der Zahlen zur Wärmepumpe auf die Bedeutung der Fernwärme für die Hansestadt. „In Hamburg wird in Neubaugebieten meist ein Wärmenetz verlegt, sodass die einzelnen Gebäude keine dezentralen Wärmeerzeuger benötigen“, sagt Behördensprecherin Renate Pinzke. „Bei einzelnen Neubauten innerhalb der Stadt wird ebenfalls möglichst oft ein Anschluss an das Fernwärmenetz bevorzugt.“

Hamburgs Klimaschutzgesetz hat die Altbauten im Blick

Außerdem spielen Einfamilienhäuser in Hamburg nicht so eine große Rolle. Einerseits, weil die Grundstücke knapp und teuer sind und das Haus mit Garten auch politisch nicht gewünscht ist. Hamburgs grüner Umweltsenator Jens Kerstan hatte vor einem Jahr in einem Abendblatt-Interview gesagt: „Wir sollten keine neuen Einzelhäuser mehr über die bereits bestehenden und geplanten hinaus bauen und Hamburg langfristig anders planen.“

Doch Energieberater Peters sieht noch andere Gründe für das schlechte Abschneiden von Hamburg bei den Wärmepumpen. „Hamburgs Klimaschutzgesetz zielt vor allem auf Gebäude ab, die vor 2009 gebaut wurden. In Neubauten konnte nach wie vor eine reine Gasheizung eingebaut werden, wenn die aktuellen Anforderungen an die Gebäudehülle und die Anlagentechnik erfüllt werden“, sagt der Experte. In Bestandsbauten in Hamburg muss dagegen bei der Erneuerung der Heizung schon seit Jahren ein Anteil von 15 Prozent erneuerbarer Energie umgesetzt werden.

Gasheizung in der Anschaffung nur halb so teuer wie Wärmepumpe

Außerdem verweist Peters auf ökonomische Aspekte. „In der Vergangenheit hat eine Gasheizung 8000 Euro und eine Wärmepumpe 20.000 Euro gekostet“, sagt er. Zudem lag der Gaspreis in den Jahren 2017 bis 2020 bei fünf bis sechs Cent je kWh. Die am meisten im Neubau verwendete Luft-Wasser-Wärmepumpe wird in Hamburg von der Investitions- und Förderbank auch nicht gefördert.

Zwar beziehen sich die Zahlen von Enpal nur auf die Jahre 2017 bis 2021. Aber an der Verbreitung der Wärmepumpe dürfte sich grundlegend kaum etwas geändert haben. Denn für die neue Heiztechnik gab es nur eine kurze Boomphase. Nach den Zahlen des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH) wurden im ersten Halbjahr 2023 105 Prozent mehr Wärmepumpen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres installiert.

Heizungsbaubetriebe erwarten keine Belebung durch neues Gesetz

Aber inzwischen hat sich das Interesse an der Wärmepumpe wieder abgekühlt. Der Preis für Erdgas sank bei Neuabschluss von in der Spitze 38 Cent je kWh in 2022 auf aktuell neun Cent. Das zeigt sich auch an rückläufigen Anträgen auf staatliche Förderung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). So haben sich die Förderanträge für eine Wärmepumpe im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum halbiert. „Für die Energieberater gibt es nach wie vor kein fertiges Gebäudeenergiegesetz zum Nachlesen“, sagt Peters. Das erschwere die Beratung.

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Auch die Heizungsbaubetriebe erwarten durch das ab 1. Januar 2024 geltende neue Gebäudeenergiegesetz keine Marktbelebung. 85 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen rechnen für das erste Quartal 2024 mit einer schlechten oder sogar sehr schlechten Marktentwicklung. BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt befürchtet, dass die Hausbesitzer jetzt erst einmal abwarten, was die kommunale Wärmeplanung bringt. Vielleicht ist ja ein Anschluss an die Fernwärme möglich. Spätestens ab Anfang 2025 soll die Hamburger Wärmeplanung stehen, kündigte Umweltsenator Kerstan schon im Sommer 2023 an.

Wärmepumpem in Neubauten: Welche Stadt noch schlechter als Hamburg abschneidet

Zumindest für Neubauten, bei denen der Bauantrag ab dem 1.1.2024 gestellt wird, muss mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat, künftig meist eine Wärmepumpe eingebaut werden. Es gibt zwar Alternativen wie eine Stromdirektheizung oder eine Pelletheizung, die aber weniger praktikabel sind.

Noch ein letzter Blick in die Statistik von Enpal: Schlusslicht im bundesweiten Städtevergleich ist Flensburg, Heimatort des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne). In nur 113 von 3026 fertiggestellten Gebäuden wärmen die Flensburger ihr Eigenheim mit Geo- oder Umweltthermie, was einem Anteil von 3,7 Prozent entspricht. Nur halb so viel wie in Hamburg.