Hamburg. Harburgs Bezirkspolitik waren Zimmer für Studierende in Aussicht gestellt worden. Für wen die Wohnungen tatsächlich gedacht sind.

Wenn im Oktober das Wintersemester an der Technischen Universität Hamburg (TUHH) beginnt, werden etwa 1400 Erstsemester und 300 Masterstudenten neu an die Hochschule kommen. Erfahrungsgemäß braucht ein Fünftel von ihnen eine Unterkunft. Das bedeutet 350 Zimmersuchende auf einen Schlag in einer Stadt, in der Wohnraum ohnehin schon knapp ist.

Wer dem Bezirk Harburg anbietet, Studentenwohnungen zu bauen, darf deshalb mit einigem Entgegenkommen rechnen. Ganz offensichtlich nutzen Investoren das aus. Die markanten Gebäude an der Knoopstraße, in denen einst die Deutsche Wohnungsbaugesellschaft und später Beamte des Bezirksamts ihr Büro hatten, wurden zum Beispiel einem Investor anhand gegeben, der versprach, dort mindestens 100 Studentenwohnungen zu bauen.

Mietpreise von mindestens 900 Euro im Monat

Kleinstwohnungen wurden dort auch gebaut und möbliert. Nur scheinen Studenten – vorsichtig ausgedrückt – nicht die Kernzielgruppe der „HUB-Apartments GmbH zu sein.“ Mietpreise von mindestens 900 Euro im Monat sprechen deutlich dagegen.

Auf der Webseite der „Hub-Apartments“ werden auch gar keine Studentenwohnungen angeboten: „Egal ob ein Wochenendtrip nach Hamburg oder deine Dienstreise – wir freuen uns auf dich!“, heißt es dort. In den folgenden Zeilen wird geschildert, wie schnell man von der Knoopstraße aus Messe und Elbphilharmonie erreichen kann.

Noch etwas später wird die Kultur- und Gastroszene Harburgs gepriesen. Von Hochschulen kein Wort, dabei wäre die fußläufige Erreichbarkeit der TUHH eigentlich durchaus erwähnenswert, wollte man tatsächlich an Studenten vermieten.

Apartment mit 18 Quadratmetern für 30 Euro pro Nacht

Das Wort „Vermietung“ fehlt ebenfalls auf der Homepage. Buchen kann man die möblierten Mikroapartments allerdings sehr wohl. Ein Anruf unter der dort angegebenen Telefonnummer wird von einer Hub-Apartments-Mitarbeiterin angenommen.

Die Frage nach einer Studentenwohnung für drei Jahre ab Oktober beantwortet sie prompt mit: „Wir hätten da ein Studio-Apartment mit 18 Quadratmetern für 30 Euro pro Nacht.“

Auf den Einwand, dass dies ja 900 Euro im Monat wären, die sich wohl kaum ein gewöhnlicher Student leisten könnte, entgegnet die Hub-Mitarbeiterin: „Doch, bei uns wohnen auch Studenten.“

Eine Bitte um eine offizielle Stellungnahme an das Unternehmen blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

AStA-Vertreter spricht von Wucher

Joseph Rüffert, vom Studierendenausschuss der TUHH, ist befremdet über die geforderte Miete. „Die Wohnpauschale im BAföG-Höchstsatz beträgt 325 Euro“, sagt er. „Fast das dreifache zu verlangen, grenzt schon an Wucher!“

Im Jahr 2018 waren drei Wochen nach Semesterbeginn immer noch 120 Studierende der TUHH auf Zimmersuche. „Die haben zum Teil in Hostels logiert“, sagt Rüffert. „Und viele Studenten-WGs sind enger zusammengerückt und haben diese Kommilitonen kurzfristig auf Sofas beherbergt.“

„Möglichkeit prüfen, Zwangsgelder zu erheben“

„Im Stadtplanungsausschuss hat man uns das Projekt als Studentenwohnungen verkauft“, erinnert sich Frank Richter (SPD), alter und neuer Vorsitzender des Ausschusses. „Deshalb sollten wir jetzt darauf bestehen, dass diese Apartments auch studentisch genutzt werden können. Das Bezirksamt sollte die Möglichkeit prüfen, Zwangsgelder zu erheben!“

Ob das so erfolgreich sein wird, ist fraglich. Dazu müsste ein städtebaulicher Vertrag zwischen dem Bezirksamt und der HUB Apartment GmbH bestehen, in dem die studentische Nutzung explizit festgeschrieben ist.

Bezirks-Baudezernent Jörg-Heinrich Penner fürchtet, dass der Umbau der denkmalgeschützten Bürogebäude zu Apartments ohne Vertrag erfolgte. „Wir prüfen das derzeit“, sagt er. „Wir prüfen auch, ob die nächteweise Vermietung nicht einen Beherbergungsbetrieb darstellt. Genehmigt waren Wohnungen.“

Ein Bordell? „Studenten-WG“ mit Spiegeln über den Betten

Die ehemalige Bezirksabgeordnete Isabel Wiest (Neue Liberale) hatte in der vergangenen Legislatur noch davor gewarnt, zu viele Mikro-Apartments zu genehmigen. Nutzungsbindungen seien oft nur kurz, danach könne man möblierte Apartments frei und ohne Mietbegrenzung vermieten. „Das sind Spekulationsobjekte“ sagt Wiest.

Welche Blüten studentische Wohnungssuche treiben kann, zeigt ein anderes Beispiel: Auf dem Portal „Studenten-WG.de“ wird ein ehemaliges Harburger Wohnungsbordell als möblierte, WG-geeignete Wohnung beworben. Miete für die 76 Quadratmeter: 1600 Euro. Die Bilder zeigen allerdings keine klassischen Studentenzimmer: Es gibt keinen Schreibtisch, über den Betten hängen Spiegel und an der Tür sieht man ein Schild: „Kondompflicht!“