Harburg. Bezirksamt genehmigt zahlreiche Wohnungen, weiß aber nicht, wie groß sie sind
Am Sand, am Ring, an der Knoopstraße – überall in der Harburger Innenstadt planen Investoren so genannte Mikro-Apartments. Stets stellen sie ihre Pläne auch in den Ausschüssen der Bezirksversammlung vor. Wenn die Abgeordneten nach den zahlreichen Vorstellungen aber den Überblick verlieren, und beim Bezirksamt anfragen, wie viele dieser Kleinstwohnungen nun eigentlich schon genehmigt wurden, bekommen sie als Antwort nur ein Schulterzucken: Das Bezirksamt weiß zwar, wie viele Wohnungen es genehmigt, über Art, Größe und Nutzung wird aber keine Statistik geführt, heißt es in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Neuen Liberalen (NL).
Die NL-Abgeordnete Isabel Wiest hatte wissen wollen, wie viele Mikro-Apartments seit 2012 im Bezirk Harburg genehmigt wurden, auf welche Stadtteile sie sich verteilen, wie die Besitzerstruktur ist und wie groß diese Mikroapartments im Schnitt sind und wie sich Mikro-Apartment-Komplexe auf ihr soziales Umfeld auswirken.
„Diese Mikro-Apartments werden uns meistens als Studentenwohnungen verkauft“, sagt Wiest. „Aber die Nutzungsbindung ist nur kurz. Danach können die Apartments frei vermietet werden. Möbliert sogar ohne Mietpreisbremse und Mietenspiegel, Solche Blocks werden als Anlageobjekte mit hoher Rendite beworben.“
Ihr seien Fälle bekannt, in denen Immobilienkonzerne über Stiftungen eigene Forschungsinstitute gegründet haben, die für sie Studien erstellen, welche den Bedarf für Studenten- oder Senioren-Kleinstwohnungen belegen. „Diese Studien prüft keine Stadtverwaltung nach“, sagt sie, „was passiert denn mit diesen Apartments, wenn sich keine Studenten finden? Ich fürchte, dass damit langfristig Sozialstandards gesenkt werden sollen, indem man Wohnungsberechtigte, die eigentlich Anspruch auf größere Wohnungen hätten, dort einquartiert. Hier ist sozialer Sprengstoff versteckt.“
Im Bezirksamt sieht man das anscheinend anders: „Im Bezirk Harburg werden jährlich circa 800 Wohnungsbauanträge bearbeitet“, schreibt Interims-Bezirksamtsleiter Dierk Trispel, „für den Zeitraum wären mindestens 5250 Anträge zu prüfen mit einem Zeitaufwand von ca. 20 Minuten im Durchschnitt. Für die Beantwortung ist somit ein Zeitaufwand von 1750 Stunden oder etwa 46 Wochen für einen Mitarbeiter erforderlich.“
Trispel lehnt eine Beantwortung der Anfrage deshalb ab. Wiest ist erstaunt: „Ich glaube, die wollen das nicht auswerten, weil die Erkenntnisse unbequem wären“, sagt sie. „In anderen Städten, zum Beispiel Frankfurt, hat man festgestellt, dass man weit über Bedarf Mikro-Apartments gebaut hat.“