Harburg. Ehemalige Leitende Oberärztin der Geburtshilfe konnte nicht aussagen – weil ein Anwalt des Helios-Konzerns im Publikum saß.
Die Sondersitzung des Gesundheitsausschusses im Großen Saal des Harburger Rathauses drehte sich am Freitag nur um diese Frage: Was ist los in der Helios Mariahilf Klinik (HMK) an der Stader Straße? Doch bevor es überhaupt losging, kam es schon zum Eklat: Dr. Anne Jankuhn-Janari, eine der Oberärztinnen, die zusammen mit der Chefärztin der HMK-Geburtsklinik, Dr. Maike Manz, und drei weiteren Oberärzten Ende Dezember gekündigt hatte und zu den Hintergründen befragt werden sollte, beschränkte sich darauf, lediglich eine kurze Erklärung abzugeben, nachdem sie erfuhr, dass die Klinikleitung einen Anwalt mitgebracht hatte, der im Publikum saß.
Die Politiker aller Fraktionen waren über das Vorgehen der Klinikleitung derart empört, dass sich deren Vorsitzende erstmal zurückzogen, um zu beraten, ob der Ausschuss unter diesen Umständen fortgesetzt werden sollte. Nach etwa einer Viertelstunde stand fest: Der Ausschuss tagt. Aber unter anderem Vorsitzender Jörn Lohmann (Linke) und CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer kritisierten das Verhalten der Klinikleitung scharf. Die war vertreten durch Geschäftsführer Phillip Fröschle, dessen Vorgesetzten, Regionalgeschäftsführer Marc Baenkler, sowie den Ärztlichen Direktor Dr. Christopher Wenck und die Pflegedirektorin Antje Weiß.
Anwalt im Sonderausschuss: "außerordentlich befremdlich"
Es war die Anwesenheit des Rechtsanwaltes, die die Politiker aufbrachte: „Das habe ich so noch nie erlebt“, schimpfte CDU-Fraktionschef Fischer. Dass sich die Klinik bei einer für Harburg so wichtigen Angelegenheit in dieser Weise einmische, „ist außerordentlich befremdlich.“ Sollte ein zur Klinik gehörender Jurist im Publikum sitzen und tatsächlich mitschreiben, werde er prüfen, ob das nicht ein Fall für den Hamburger Datenschutzbeauftragten sei. Ausschussvorsitzender Jörn Lohmann pflichtete ihm bei: „Ich habe noch nie erlebt, dass wir einen Anwalt im Raum haben, der darauf achtet, was hier besprochen wird.“
„Ich hätte gerne auf Ihre Fragen geantwortet und zur Klärung beigetragen“, sagte dazu Dr. Anne Jankuhn-Janari. Sie war Leitende Oberärztin der HMK, hat das Haus im Januar verlassen und gehörte zur den Mitunterzeichnern des Briefes, in dem Chefärztin Dr. Manz und drei weitere Oberärzte sich zu den Hintergründen der Kündigung geäußert hatten: „Unter den derzeit existierenden Rahmenbedingungen können wir unseren Ansprüchen an die medizinische Versorgung, die patientenfreundliche Organisationsstruktur und den Umgang mit Mitarbeitern nicht mehr gerecht werden.“
Geschäftsführer versteht Aufregung um Ärztin nicht
Klinikgeschäftsführer Fröschle versprach zwar Transparenz und Offenheit, sah aber nicht, inwieweit die Befragung der Ärztin, die ja das Haus im Januar verlassen habe, dazu nun beitragen könnte. Wie schon kürzlich bei der Befragung durch die Bürgerschaft, versicherte er gestern, die Kündigung habe ihn völlig überrascht: „Die Gründe kenne ich bis heute nicht. Sie wurde mir einfach auf den Tisch geknallt.“ Am Personalmangel könne es jedenfalls nicht gelegen haben. Mit der von Dr. Manz umgesetzten Trennung der Abteilungen Gynäkologie und Geburtshilfe sei das Team erheblich aufgestockt worden.
Dass es dennoch am ersten Februarwochenende zu zeitweiligen Sperrungen des Kreißsaales kam, sei nichts Außergewöhnliches: „Aber wir sind bestrebt das zu minimieren“, sagte Fröschle. Mareike Kubela vom Harburger Geburtshaus (Elbhebammen) sieht die Sperrungen mit großer Sorge: „Wir wollen die Sicherheit der Frauen gewährleisten, wenn wir sie in Notfällen nicht zu Mariahilf verlegen können, dann ist das sehr schwierig.“