Hamburg. Nach 20 Jahren hebt der Senat Sanierungsgebiet auf. Allein die Stadt förderte Projekte mit 30 Millionen Euro. Was sich getan hat.
2005 ist das Quartier rund um den Bahnhof und den Kulturtreff Zinnschmelze in Barmbek zum Sanierungsgebiet erklärt worden. Knapp 20 Jahre und rund 380 Millionen Euro später hat der Hamburger Senat die Aufhebung als besonders gefördertes Quartier beschlossen. Hat sich die Stadtteilentwicklung ausgezahlt? Und ob, sagen Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) und Michael Werner-Boelz (Grüne), Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord.
Was sich verändert hat und wohin die allein 30 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln ins 21 Hektar umfassende Gebiet geflossen sind, davon konnte man sich am Freitag bei einem Rundgang ein Bild machen. Zum Abschluss des jahrelangen Sanierungsprozesses führten Pein und Werner-Boelz zusammen durchs Quartier.
Barmbek: Bahnhof und Umfeld hatten Modernisierung nötig
Rückblick: Zu Beginn des Prozesses „waren städtebauliche Missstände festgestellt worden, die die Funktionsfähigkeit als Zentrum, aber auch die Lebensqualität im Quartier beeinträchtigten“, wie Senatorin Pein erinnerte. Um ein paar Baustellen zu benennen: Der Bahnhof und besonders das Umfeld waren unattraktiv und bedurften einer Modernisierung. Zum sich anschließenden Museum der Arbeit oder zu der für das Viertel wichtigen Einkaufsstraße Fuhlsbüttler Straße gab es keine Verbindung vom Bahnhof aus.
Wer die Fuhlsbüttler Straße trotzdem fand, der blickte auf das damals leer stehende Kaufhaus, einst Sitz von Hertie. Außengastronomie oder Sitzgelegenheiten waren auf den engen Bürgersteigen und öffentlichen Plätzen Mangelware. Zudem gab es noch viel ungenutztes Wohnpotenzial aufgrund von Flachbauten oder unbebauten Grundstücken. All das hat sich inzwischen geändert.
Barmbek: Stadtentwicklungssenatorin lobt gemeinsame Kraftanstrengung
„Barmbek macht richtig was her“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein. Sie lobte die gemeinsame Kraftanstrengung ihrer Behörde, des Bezirksamts Hamburg-Nord, aber auch der Anwohner, die sich beispielsweise in einem Gestaltungsbeirat einbrachten. Lob gab es zudem für Gewerbetreibende und Eigentümer, die in den Standort investiert hatten.
Barmbek – 30 Millionen Euro der Stadt Hamburg flossen in folgende Projekte:
- Das Bahnhofsumfeld als Eingangsbereich in das Barmbeker Zentrum wurde grundlegend umgestaltet. Das jetzt sanierte Bahnhofsgebäude verfügt über eine markante und abendlich beleuchtete Überdachung. Der alte Busbahnhof wurde verlegt und modernisiert.
- Die Fuhlsbüttler Straße wurde auf rund 500 Meter Länge im Abschnitt zwischen der Pestalozzistraße und der U-Bahn-Brücke nördlich Hellbrookstraße umgebaut. Fußwege sind seitdem um mindestens einen Meter breiter als zuvor. Radfahrer erhielten eine eigene Spur sowie 200 neue Abstellmöglichkeiten.
- Mit dem teils umstrittenen Neubau der Fußgängerbrücke über den Osterbekkanal (Maurienbrücke) gibt es eine weitere Verbindung zwischen Barmbek-Nord und Barmbek-Süd.
- Straße und Plätze wurden umgestaltet, darunter auch der Bert-Kaempfert-Platz, wo der Wochenmarkt des Quartiers sein Zuhause hat.
- Die Kultureinrichtung Zinnschmelze wurde umgebaut und erweitert, von rund 340 auf rund 1000 Quadratmeter. Nun verfügt der Treffpunkt über einen Veranstaltungsraum für bis zu 150 Personen.
- Noch nicht ganz fertig ist die ebenfalls geförderte Umgestaltung des Gleisbogens am Rübenkamp. Hier wird der Bauspielplatz erneuert, ein Skatepark eingerichtet und die Grünfläche überarbeitet.
Barmbek – 350 Millionen Euro investierte die Privatwirtschaft ins Quartier
„Der Sanierungsprozess hat sich für das gesamte Quartier ausgezahlt. Rund 30 Millionen Euro öffentliche Förderung haben mehr als 350 Millionen Euro Investitionen aus der Privatwirtschaft bewirkt und Barmbek zu einem aufstrebenden Stadtteil gemacht“, sagte Michael Werner-Boelz. „Barmbek blüht auf und bleibt gleichzeitig authentisch wie eh und je.“
Als Beispiele für das private Engagement von Investoren nennt er den Hotelneubau auf der „Bahnhofslinse“ an der Fuhlsbüttler Straße, den Neubau der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) mit neuen Einzelhandelsflächen auf dem alten Busbahnhof, Drosselstraße/Krüsistraße, das neu errichtete Geschäftshaus „Fuhle 101“ auf dem ehemaligen Hertie-Gelände sowie den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses „Barmbeker Bogen“ an der Ecke Hellbrookstraße.
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Wohnen Hamburg: 158 neue Wohnungen im Zentrum von Barmbek
All das macht sich auch in vielen weiteren Bereichen bereits bemerkbar. Laut dem Abschlussbericht zum Sanierungsprozess sei das Interesse an dem Wohnstandort gestiegen. Das macht sich zum einen bei der gestiegenen Zahl an Bewohnern vor allem mit höherem Einkommen bemerkbar.
Laut Bericht sind 286 neue Wohneinheiten in die Entwicklung gegangen – davon sind 158 fertiggestellt. Geförderter Wohnungsbau wurde demnach nicht realisiert.
Barmbek: „Quartier hat spürbar an Lebensqualität gewonnen“
Zudem sei es gelungen, die lokale Interessengemeinschaft Fuhlsbüttler Straße nachhaltig zu stabilisieren und zu verstetigen. Umfasste der Verbund örtlicher Gewerbetreibender 2004 beispielsweise noch rund 15 Mitglieder, so sind es heute etwa 200 Mitglieder, Sponsoren sowie Partner, die sich laut Abschlussbericht sehr erfolgreich für die Profilierung des Standorts und die Vernetzung der Akteure engagieren.
„Das gesamte Quartier hat spürbar an Lebens- und Aufenthaltsqualität gewonnen“, lautet das Fazit von Senatorin Karen Pein. „Vom kulturellen Treffpunkt Zinnschmelze über den zentralen Bahnhof Barmbek und die quirlige Fuhle hoch bis hin zum derzeit entstehenden Gleisbogen am Rübenkamp freuen sich die Ur-Barmbeker genauso wie die vielen neuen Bewohnerinnen und Bewohner über eine gelungene Aufwertung ihrer Nachbarschaften“, so Pein.