Hamburg. Jahrelang stand ein Containerdorf in Klein Borstel. Wie es auf dem Areal zwischen Alstertal und Ohlsdorfer Friedhof weitergeht.
Erst war sie hochumstritten und ein Synonym dafür, wie die Stadt seinerzeit durch ihr resolutes Vorgehen in puncto Flüchtlingsunterbringung die Bürger gegen sich aufbrachte. Dann wurde die Flüchtlingsunterkunft Große Horst in reduzierter Form gebaut – ein Ergebnis des Bürgervertrags, den Hamburg nach Klagen von Anwohnern mit der Initiative „Lebenswertes Klein Borstel“ geschlossen hatte. Während anderswo neue umstrittene Unterkünfte entstehen, wird diese jetzt geräumt.
Nicht 700, sondern nur noch 450 Geflüchtete zogen damals in das Containerdorf, das 2016 auf der Fläche des ehemaligen Anzuchtgartens für den Ohlsdorfer Friedhof errichtet wurde. Ebenfalls im Bürgervertrag festgelegt war, dass die zwischen einem überwiegend von Familien bewohnten Neubaugebiet und dem alten Dorfkern von Klein Borstel gelegene Unterkunft nur bis Februar 2022 bestehen sollte.
Hamburg-Ohlsdorf: Wohnquartier mit 97 Wohnungen statt Flüchtlingsunterkunft
Nachdem die Frist im vergangenen Jahr wegen des Kriegs gegen die Ukraine erst um sechs und dann um weitere zwölf Monate verlängert werden konnte, wird die seit August leer stehende Unterkunft nun abgebaut. An ihrer Stelle soll das Wohnquartier Urban Village entstehen: mit einer Kita für 60 Kinder und 97 Wohnungen, ein Drittel davon öffentlich gefördert.
Der Siegerentwurf eines von der Stadt ausgelobten städtebaulichen Wettbewerbs stammt von den Hamburger Büros Renner Hainke Wirth Zirn Architekten und MSB Landschaftsarchitekten. Ihr Entwurf sieht sieben maximal dreistöckige Geschosswohnungsbauten und 43 Reihenhäuser vor, dazwischen große Freiräume für Kinder, Fußgänger und Radfahrer.
Klein Borstel – möglichst autofreies Wohnquartier mit zwei Tiefgaragen
Begrünte Blockinnenbereiche lassen Gartenanmutungen aufkommen, ein kleines Gebäude mit Co-Working-Space erinnert an die Gewächshäuser des alten Anzuchtgartens. Darüber hinaus soll das knapp 1,8 Hektar große Areal möglichst autofrei werden: Vorgesehen sind nur einige Plätze für Carsharing sowie je eine Tiefgarage östlich und westlich des neuen Quartiers.
Auf diesen Entwurf ist der Bebauungsplan für das neue Quartier zugeschnitten. Er wurde bereits 2020 festgestellt, was jetzt allerdings wiederholt werden musste: Damals waren in beiden Sitzungen wegen der Corona-Maßnahmen nur Pressevertreter zugelassen. Und da das Hamburgische Oberverwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall entschieden hatte, dass das nicht dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit gerecht wird, wurde der B-Plan Ohlsdorf 30 erst Mitte September endgültig beschlossen.
Nachbarn der Ex-Flüchtlingsunterkunft in Ohlsdorf haben „herausfordernde Jahre“ hinter sich
Laut Bezirksamt Hamburg-Nord verzögert sich der Bau des neuen Wohnquartiers durch die nachgeholten Beschlüsse nicht. Derzeit bereite der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen den Grundstücksverkauf per Konzeptausschreibung vor.
Für den Rückbau der insgesamt elf Containerwohnhäuser und des Verwaltungsgebäudes wird mit rund neun Monaten gerechnet. Bis mit dem Bau des neuen Quartiers begonnen wird, kann es nach Abendblatt-Informationen insgesamt etwa eineinhalb Jahre dauern. Für die Anwohner dürfte das eine willkommene Pause sein. „Es liegen sieben herausfordernde Jahre hinter uns“, sagt Olaf Peter, der mit seiner Frau Jasmin und anderen Nachbarn sowohl den Bau und Betrieb der Flüchtlingsunterkunft als auch die Planungen des neuen Wohnquartiers begleitet hat.
Flüchtlingsunterkunft: Nach dem Einzug der Ukrainer gab es viel Unruhe
Bis zur Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge im vergangenen Jahr habe es durch die Unterkunft nur vergleichsweise wenige Beeinträchtigungen gegeben, so Peter. Das habe unter anderem an dem guten Austausch mit Staatsrätin Petra Lotzkat gelegen und am Quartiersbeirat, der sich häufig und regelmäßig getroffen habe.
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Allerdings: „Es gab nach dem Einzug der ukrainischen Geflüchteten zwei Auseinandersetzungen mit Todesfällen und sexuelle Belästigungen von Mädchen aus der Nachbarschaft“, so Peter. Daher waren einige Familien erleichtert, dass eine weitere Verlängerung der Laufzeit gar nicht erst zur Diskussion gestanden habe.
Hamburg-Ohlsdorf: Fördern & Wohnen beklagt Verlust der Flüchtlingsunterkunft
Auf die Frage, was die Räumung der Unterkunft angesichts des hohen Unterbringungsbedarfs für Fördern & Wohnen bedeutet, sagt Sprecherin Susanne Schwendtke: „In der Tat schmerzt der Verlust jedes Unterbringungsplatzes. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind voll, Menschen werden teils in Zelten untergebracht und bald wird wieder eine Messehalle belegt.“
Aber Wohnungsbau sei eben auch wichtig. „Auch für unsere Klientel, die nur dann aus öffentlicher Unterbringung ausziehen kann, wenn es in Hamburg genügend Wohnungen gibt.“