Hamburg. Anwohner der Wichmannstraße in Bahrenfeld wehren sich gegen Planung der Stadt. Jetzt haben sie sogar ein eigenes Konzept erstellt.
Die geplante Bebauung des ehemaligen Sportplatzes an der Wichmannstraße in Hamburg-Bahrenfeld erhitzt weiter die Gemüter: Wie berichtet, plant die Stadt Hamburg, auf dem Gelände sechs Wohnblöcke zu errichten. Die entstehenden Wohnungen sollen zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen und später in Sozialwohnungen umgewandelt werden.
Doch Nachbarn kritisieren die, aus ihrer Sicht, geplante massive Bebauung. So weit nicht ungewöhnlich. Allerdings nicht gerade gewöhnlich ist der aktuelle Vorstoß der Bürgerinitiative B.U.N.T (Bahrenfeld unterstützt nachhaltige Teilhabe und Integration), zu der sich zahlreiche Anwohner zusammengeschlossen haben: Sie haben innerhalb kurzer Zeit ihr eigenes Konzept erarbeitet – samt städtebaulichem Entwurf und Zeichnung.
Bahrenfeld: Nachbarn präsentieren eigenen Entwurf für Flüchtlingsunterkunft
Mit ihrem Engagement überzeugt die Bürgerinitiative (BI) auch zunehmend Politiker und Parteien. Einen runden Tisch, an dem auch Vertreter der Sozialbehörde sitzen, konnte die BI bereits erwirken. Am kommenden Dienstag, 10. Oktober, soll sich der Altonaer Bauausschuss ein weiteres Mal mit der Bebauung des Sportplatzes beschäftigen.
So sieht der „Nachbarschafts-Plan“ aus: Es sollen vier statt sechs Wohnhäuser errichtet werden, die anstatt vier maximal drei Geschosse haben. Zudem sieht das Alternativkonzept einen großzügigen Begegnungsplatz vor. „Der Platz in Richtung Wichmannstraße soll als Ort der Begegnung zwischen neuen und alten Anwohner*innen dienen. Dank der zurückgesetzten Bauweise wirkt der Wohnkomplex weniger massiv als eine direkt an der Wichmannstraße vierstöckige Bebauung“, heißt es in dem achtseitigen Konzept.
„Dieser Platz inklusive Spielplatz kann die Integration voranbringen, zumal dort ja vorwiegend Familien wohnen sollen“, so Katja Hummel als Mitglied der BI. „Geflüchtete Menschen können leichter integriert werden, die Geflüchteten könnten an diesem Ort der Begegnung Freundschaften schließen.“ Womöglich funktioniere die Integration so gut, dass Familien dort wohnen bleiben können, wenn die Wohnungen in Sozialwohnungen umgewandelt werden. „Wir wollen die neuen Bewohner nach Kräften unterstützen und im Stadtteil integrieren. Das aktuelle Modell empfinden wir als nicht integrationsunterstützend“, betont die Sprecherin.
Flüchtlinge in Bahrenfeld: Begegnungsplatz für alte und neue Bewohner schaffen
Eine Umplanung des Bauvorhabens würde nach Einschätzung der Architekten aus den Reihen der Bürgerinitiative maximal zwei Wochen dauern. Die vorgesehenen Saga-Modulhäuser müssten lediglich anders angeordnet werden. Auch die bereits bestehenden Baugruben könnten genutzt werden.
Einen Nachteil hat das BI-Konzept gegenüber den Bauplänen der Stadt allerdings: Würden die Vorstellungen der Bürgerinitiative umgesetzt werden, fänden weniger Geflüchtete eine Wohnung im künftigen Quartier an der Wichmannstraße. Die Sprecherin geht von 15 bis 20 Prozent weniger Bewohnern aus. Statt aktuell geplant 370 Menschen könnten somit nur zwischen etwa 320 bzw. 300 dort leben.
Wichmannstraße: Anwohner halten Bebauung weiterhin für zu massiv
Ursprünglich sah der von der Sozialbehörde vorgestellte Entwurf 127 Wohnungen für 400 Geflüchtete vor. Aufgrund der Gegenwehr wurde eine Wohnblockreihe bereits um ein Geschoss reduziert. Was bedeutet, dass neun Wohnungen weniger entstehen.
Die Anwohner halten die geplante Bebauung trotzdem weiterhin für viel zu massiv für das Quartier, zumal diese an die beschauliche Steenkampsiedlung grenzt, die vor fast 100 Jahren als Gartensiedlung angelegt wurde und unter Milieuschutz steht. Zuletzt hatte die BI Unterschriften gegen „eine weitere Versündigung an der hamburgischen Architekturgeschichte“ gesammelt und einen Architekturwettbewerb gefordert.
Flüchtlingsunterkunft Bahrenfeld: FDP stellt sich hinter die Bürgerinitiative
Unterstützung für das Alternativkonzept erhält die BI von der FDP. Den Antrag der Freien Demokraten, die Baupläne nach den Vorschlägen der BI zu ändern, hat die Bezirksversammlung in ihrer jüngsten Sitzung allerdings abgelehnt. „Mit der Ablehnung wurden 250 Bürger mal eben abgewatscht“, kritisiert Katarina Blume, FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksversammlung Altona, die Entscheidung.
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Die Grünen und SPD, die zusammen in der Bezirksversammlung eine Mehrheit stellen, hatten ebenfalls einen Antrag vorgelegt – und dementsprechend abgestimmt. Darin unterstützen sie die vorgesehene Einrichtung am Standort sowie die Belegungsobergrenze von 370 Personen. Allerdings wurde in dem Antrag darauf gedrungen, dass die maßgebliche Zustimmung zur baulichen Ausführung beim Bauausschuss des Bezirks in Altona bleiben soll und die Sozialbehörde die Gespräche mit den Anwohnern weiterführen soll.