Hamburg. Flüchtlingsunterkunft in Dulsberg wird erweitert. Im Stadtteil rumort es kräftig, weil nun Alleinstehende dort unterkommen.
- Flüchtlingsunterkunft in der Krausestraße in Dulsberg soll völlig neu gemischt werden
- Familien sollen ausziehen, dafür alleinreisende Männer einziehen
- Das sorgt für Unverständnis in Hamburg, Beschwerden kommen auch aus der Politik
Im Stadtteil Dulsberg rumort es. Die Stadtteilräte in Barmbek-Süd und Dulsberg sowie der Arbeitskreis Dulsberg haben sich in einem offenen Brief unter anderem bei Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) und Staatsrätin Petra Lotzkat darüber beschwert, dass die Bewohnerschaft in der Flüchtlingsunterkunft Krausestraße völlig neu gemischt wird. In Hamburg leben derzeit 45.600 Menschen in 240 Unterkünften, neue Plätze werden dringend benötigt.
Demnach wurden die jetzigen Bewohnerinnen und Bewohner aufgefordert, bis zum 28. September aus der Krausestraße auszuziehen bzw. sie werden in eine andere Wohnunterkunft verlegt. „Uns erreichte die Mitteilung, dass auf Veranlassung der Sozialbehörde und umgesetzt durch Fördern & Wohnen die Flüchtlingsunterkunft in der Krausestraße nicht, wie noch im April auf der Stadtteilratssitzung angekündigt, von weiteren Familien bezogen wird, sondern mit ,alleinreisenden Männern’ belegt werden soll“, so Jürgen Fiedler vom Stadtteilbüro Dulsberg/Mook wat e.V.
Flüchtlinge in Dulsberg: Familien müssen ausziehen, Alleinreisende ziehen ein
Die Stadtteilbeiräte wollen daher in der kommenden Woche eine Sonderzusammenkunft organisieren und sowohl Anwohner der Unterkunft als auch die bisherigen Bewohner dazu einladen.
„Wir sind in hohem Maße befremdet, dass hier Menschen, die über mehrere Jahre durch unsere sozialen Netzwerke in ihrem Aufenthalt begleitet und in Einrichtungen wie Kita, Schule, Tafelausgabe usw. neue Lebensmittelpunkte gefunden haben, von heute auf morgen ihre soziale Umgebung verlassen sollen. Dort, wo Integration funktioniert, wird sie abgebrochen und die Betroffenen und ihre Bezugspersonen zu einer weiteren Neu-Integration gezwungen. Und was ist das für ein Umgang mit den Personen, ihnen zwei Wochen für eine so gravierende Lebensveränderung einzuräumen?“, heißt es in dem Schreiben.
Flüchtlinge Hamburg: Krausestraße – im Frühjahr wurden weitere Familien angekündigt
Noch am 4. April 2023 habe eine Vertreterin von Fördern & Wohnen (F&W) aus der Unterkunft Krausestraße dort die Perspektiven der Unterkunft mit dem Neubau dahingehend geschildert, dass es eine zusätzliche Belegung mit Familien geben solle. „Dies scheint fünf Monate später nicht mehr zu gelten. Weder die Sozialbehörde noch F&W halten es offensichtlich für notwendig, Informationen an die Stadtteile bzw. die dortigen Gremien/Ansprechpartner – Stadtteilräte oder Arbeitskreise der sozialen Einrichtungen – in der Umgebung zu kommunizieren. Denn sie sind es, die die Integration vor Ort aufbauen, organisieren und stemmen müssen“, so Fiedler.
Trotz der jüngsten Beteuerungen der Sozialbehörde, bei den Planungen von Unterkünften für Geflüchtete und wohnungslose Menschen sei eine gute Einbindung der Kommunalpolitik und der Anwohnerinnen und Anwohner im direkten Umfeld von Unterkünften von besonderer Bedeutung, müsse man jetzt genau das Gegenteil im Zusammenhang mit der hiesigen Unterkunft erleben und damit einen „eklatanten Verstoß gegen ihre selbst formulierten Umgehensweisen“.
Fördern & Wohnen spricht von Verbesserungen für Familien
Die Stadtteilbeiräte fordern Schlotzhauer und Lotzkat auf zu erklären, warum die dort lebenden Familien ausziehen müssen und warum die Unterkunft nicht, wie ursprünglich geplant, mit weiteren Familien belegt wird. Sie wollen außerdem wissen, welcher Personenkreis zukünftig in dieser Unterkunft untergebracht werden soll und ab wann.
Nach Angaben von Susanne Schwendtke handelt es sich in der Krausestraße um eine Unterkunft mit derzeit 37 Plätzen, deren Kapazität im Oktober um 60 Plätze erhöht wird. Derzeit lebten dort 26 Personen, Familien und Alleinreisende. „Es handelt sich um eine Gemeinschaftsunterkunft“, sagt Schwendtke, es gebe keinen wohnungsartigen Zuschnitt mit eigenen Küchen und Sanitäreinrichtungen.
Unterbringungsbedarf für erwachsene männliche Flüchtlinge
„Die Familien, die derzeit dort untergebracht sind, ziehen in sogenannten abgeschlossenen Wohnraum um – mit Küche, Diele, Bad, Zimmern“, so Schwendtke. Dies stelle für die Familien eine Verbesserung der Unterkunft dar. Man habe auch Wünsche der Familien bezüglich des Ortes ihrer Unterbringung berücksichtigt.
Schwendtke bestätigt, dass die Gemeinschaftsunterkunft Krausestraße nun für die Unterbringung Alleinreisender genutzt werde: „Alleinreisende erwachsene männliche Personen werden in die Unterkunft ziehen, denn für diesen Personenkreis hat sich kurzfristig ein dringender Unterbringungsbedarf ergeben. Die untergebrachten Personen und die Freiwilligen der Unterkunft wurden umgehend über die kurzfristig nötig gewordene Planung informiert.“
Kritik: Schutzbedürftige von Kündigung völlig überrumpelt
Roger Popp, Vorsitzender des Stadtteilrates Dulsberg, erkennt an, dass sich die Unterbringungsart für Familien verbessere, er berichtet aber von Schutzbedürftigen, die von der plötzlichen Kündigung in der Krausestraße völlig überrumpelt gewesen seien. Indem sie umziehen müssen, werde auch die Integrationsarbeit erschwert.
Und sie stellen die Frage, warum die Behörden keinen Kontakt mit den zentralen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern vor Ort aufgenommen haben, um sich über die neue Belegung zu beraten.
Flüchtlinge: Stadtteilräte wollen eingebunden werden
Barmbek-Süd, Barmbek-Nord und Dulsberg seien beziehungsweise waren Stadtteilentwicklungsfördergebiete. Eine der Kernaufgaben habe darin bestanden, Netzwerke zu schaffen, in denen die Stadtteilgesellschaft und soziale Einrichtungen sowie Gremien wie der Stadtteilrat entscheidend in Planungsprozesse eingebunden und an deren Ausformulierung beteiligt werden.
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„Für uns als Stadteilräte, die wir seit vielen Jahren, Jahrzehnten die Geschicke der Stadtteile begleiten und mitgestalten, ist es völlig inakzeptabel, dass Entwicklungen wie eine Neubelegung und -besetzung der Flüchtlingsunterkunft mit immerhin circa 100 Plätzen nicht mit den betroffenen Stadtteilen besprochen und organisiert wird“, kritisiert Roger Popp. „Und wir fordern Sie auf, uns unverzüglich über ihre Planungen zu informieren und eine Neubelegung erst nach Abschluss der Gespräche und in Übereinstimmung mit den Positionen der Stadtteile vorzunehmen.“ Bislang haben die Adressaten des offenen Briefs laut Roger Popp noch nicht geantwortet.