Hamburg. In der verwunschenen Kate im Kellinghusenpark trifft sich die Eppendorfer Jugend. Was sie hier macht, wurde jetzt ausgezeichnet.

Der ein oder andere, der durch den Kellinghusenpark schlendert – vielleicht auf dem Weg von der U-Bahn zur Eppendorfer Landstraße – wird sich über die kleine Strohdachkate wundern, die sich in einem Winkel des Parks, der kürzlich erst neu gestaltet wurde, unter große Bäume duckt.

Bei den umweltbewussten Kindern und Jugendlichen aus Eppendorf ist das verwunschene, hinter einer Hecke halb verborgene Häuschen dagegen bestens bekannt. Denn der verwilderte Garten und die Kate selbst (Haus der BUNDten Natur genannt) stecken voller pädagogischer Angebote für kleine und größere Naturliebhaber und Umweltschützerinnen.

Hamburg-Eppendorf: Was in diesem Häuschen passiert, begeistert sogar die UNESCO

Im Erdgeschoss gibt es einen hellen Raum, dessen Regale gefüllt sind mit Anschauungs- und Experimentiermaterial: Bücher zur Bestimmung von Pflanzen und Tieren, Bastelsachen, Lupen und Sammelbehälter. Weitere Ausrüstung lagert im Büro oben.

Katrin Mehrer ist verantwortlich für die Bildungsarbeit der BUNDjugend, deren Zentrum die Strohdachkate in Hamburg-Eppendorf ist.
Katrin Mehrer ist verantwortlich für die Bildungsarbeit der BUNDjugend, deren Zentrum die Strohdachkate in Hamburg-Eppendorf ist. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Draußen gibt es ein uriges Baumhaus, Beete mit essbaren und ungenießbaren Pflanzen, unterschiedlich zersetztes Holz und Gefäße, in denen Wasser durch Sand, Kies und Erde gefiltert wird, und einen kleinen Teich, an dem sich gerade ein Gimpelpärchen niederlässt.

Eppendorf: Hamburger Behörden und UNESCO zeichnen Haus der BUNDten Natur aus

Vor wenigen Minuten hat eine fröhliche Gruppe Kindergartenkinder das Gelände verlassen. Jetzt ist nur das Zwitschern der Vögel zu hören. Und die Stimme von Katrin Mehrer, die als pädagogische Leiterin für das verantwortlich ist, was im Haus der BUNDten Natur vermittelt wird.

Tatsächlich gibt es hier, im kleinen Strohdachhaus, so viele Angebote für Kinder und Jugendliche, dass Katrin Mehrer vor Kurzem gleich zwei hohe Auszeichnungen entgegennehmen konnte – in Hamburg und in München. Die Umweltbehörde und die Schulbehörde verliehen der BUNDjugend die Zertifizierung „nun – norddeutsch und nachhaltig“. Von der UNESCO und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erhielt sie die nationale Auszeichnung „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

Kellinghusenpark: Nach Brand halfen Eppendorfer Familien beim Wiederaufbau

„Wir haben die Kate 1996 übernommen und sind seither sehr gut vernetzt im Stadtteil“, erklärt Mehrer. Das zeigte sich auch, als die Kate 2014 abbrannte: Familien aus Eppendorf setzten sich für ihren Wiederaufbau ein, sodass die BUNDjugend anderthalb Jahre später wieder einziehen konnte.

„Unsere Bildungsarbeit zielt darauf ab, die Themen Naturschutz, biologische Vielfalt, Konsum, Ressourcenverbrauch und Müllvermeidung jeder Altersstufe altersgerecht nahezubringen“, so Mehrer, zu deren Team auch 20 Ehrenamtliche gehören. Sie betont: „Es soll aber keine Katastrophenpädagogik sein.“

Hamburg-Eppendorf: In der Kate geht es um Umweltschutz und politische Bildung

Vielmehr wolle man die Zusammenhänge in der Natur erklären und wie wir Menschen in diese eingebunden seien. Etwa beim Thema Plastikmüll. „Der zerfällt über die Jahre im Meer und kehrt dann in den Fischen, die wir essen, zu uns zurück.“

Im verwilderten Garten hinter der Strohdachkate im Kellinghusenpark gibt es viel zu entdecken und zu lernen.
Im verwilderten Garten hinter der Strohdachkate im Kellinghusenpark gibt es viel zu entdecken und zu lernen. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Anders als in den Anfängen geht es in der kleine Kate nicht mehr ausschließlich um Naturschutz, sondern zunehmend auch um politische Bildung. „Wir informieren nicht nur, sondern sprechen auch über Lösungen und bieten an, sich mit den bestehenden Strukturen kritisch auseinanderzusetzen.“

Klimaschutz: „Deutschland hat auch im eigenen Land noch viel zu tun“

So lernten die Kinder und Jugendlichen auch, ihr Engagement für den Natur- und Umweltschutz Skeptikern gegenüber zu erklären. „Oft führen Erwachsene das Argument an, Deutschlands Bemühungen um den Klimaschutz seien überzogen und sinnlos, weil andere Länder nicht mitzögen“, so Mehrer.

Das stimme aber gar nicht. Deutschland boykottiere beispielsweise zusammen mit anderen Ländern die Abgasnorm Euro 7, habe das Verbrenner-Aus wochenlang blockiert und hinke als einziges europäisches Land, das noch kein Tempolimit auf Autobahnen umgesetzt habe, auch hier hinterher. „Darüber sprechen wir mit ihnen“, sagt die 52-Jährige. „Denn Deutschland hat auch im eigenen Land noch viel zu tun.“

Hamburg-Eppendorf: 3500 Kinder waren schon in dem Haus der BUNDjugend

Im vergangenen Jahr gab es 364 Bildungsveranstaltungen in der Strohdachkate, an denen sich 3500 Kinder und Jugendliche beteiligten. Neben den Kita- und Schulkindern aus Hamburg, die vormittags kommen, gibt es drei BUND-Jugendgruppen und eine für junge Erwachsene.

Das Angebot in Eppendorf umfasst auch Ferienprogramme, Tagesveranstaltungen, Naturerlebnistage für die ganze Familie und Kindergeburtstage. Außerdem beteiligt sich die BUNDjugend auch an der Entwicklung von Lehrplänen für Kitas, Schulen und Hochschulen, macht mit bei der ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen, beim Hamburger Masterplan für nachhaltige Bildung und beim Aktionsplan Deutschland.

Weitere Infos: bundjugend-hamburg.de