Hamburg. Extremfütterer rücken mit Einkaufswagen voll Brot an. Olaf Nieß zeigt die Hotspots und erläutert Auswirkungen für Mensch und Natur.
Um der Gänseplage vor allem rund um die Alster in Hamburg entgegenzuwirken, bitten Schwanenvater Olaf Nieß und Amtstierärztin Dr. Anke Höfer vom Bezirksamt Hamburg-Nord in einem Appell dringend darum, keine Wildvögel zu füttern. Die steigende Anzahl an Graugänsen könnte für die Alster und für empfindliche Menschen dramatische Folgen haben.
Alster: Gänse in Hamburg – Kot landet auch im Wasser
Hoffentlich ist dort kein Gänsekot, denkt man beim Anblick des Mannes, der im Bereich Winterhuder Kai seine Bahnen durch die Alster zieht. Denn die vielen Graugänse in Hamburg hinterlassen ihren Kot auf den Wiesen und auch im Wasser.
Und für Allergiker und Asthmatiker kann in es in diesen Tagen unangenehm sein, durch eine Gänseschar an der Alster zu gehen. „Die Luft ist staubig, die Federn, der Kot – ich bekomme dann sofort Atembeschwerden“, sagt eine Hundehalterin, die unter Asthma leidet und täglich mit ihren Vierbeinern an der Alster unterwegs ist.
Die Graugänse, vor allem im Bereich der Alster, werden immer mehr zur Plage. Zwar widersprechen Gänseschützer den offiziellen Darstellungen – aber tatsächlich haben Olaf Nieß und seine Kollegen allein an einem Tag im Bereich der Außenalster und ihrer Kanäle 2300 Graugänse gezählt.
Gänse an der Alster: Extremfütterer kommen mit Einkaufswagen
Vor allem Extremfütterer, die teils mit Einkaufswagen voller Fressen anrücken, stellen die Verantwortlichen vor Probleme. Das sei falsch verstandene Tierliebe, sagt Olaf Nieß. „Die Folge ist eine erlernte Hilflosigkeit. Wenn die Tiere wissen, sie bekommen an einer Stelle regelmäßig Futter, verlassen sie sich darauf.“
Bei einer Tour über die Außenalster zeigt Olaf Nieß auf zwei Bänke im Eichenpark in Harvestehude: „Dort zwischen den Bänken wühlen schon die Küken im Sand nach Essbarem.“
Hamburgs Schwanenvater: Graugänse werden die neuen Stadttauben
An diesem sonnigen Nachmittag verfüttert dort ein junger Mann Laugenbrötchen an die Gänse, die sich um ihn herum in Massen versammelt haben. „Die Graugänse werden die neuen Stadttauben“, sagt Nieß. Sie werden sich weiter vermehren und sich überall verbreiten.
„Das Problem sind gar nicht diese einzelnen Menschen, die füttern. Es ist die massenhafte Dauerfütterung“, so Nieß und nennt extreme Fälle von Menschen, die Brote in großen Mengen am Alsterufer abladen. Die nachts mit Plastiktüten voller Futter kommen und die Tiere heimlich füttern. Oder die jeden Tag zu derselben Zeit den Tieren eine Schippe Körner vor die Füße werfen. Ermahnungen haben laut Nieß nichts gebracht. „Das sind die Unbelehrbaren.“
Alster: Gleichgewicht in der Stadtnatur droht zu kippen
„Wir kommen gegen diese Extremfütterer nicht an“, sagt Amtstierärztin Anke Höfer. Und das alles aus falsch verstandener Tierliebe. Denn tatsächlich brauchen Wildtiere überhaupt nicht gefüttert zu werden, für Tauben gilt in Hamburg sogar ein Fütterungsverbot. Es kann den Tieren sogar schaden: Denn wer ständig im Schlaraffenland lebt, verlernt irgendwann sich selbst zu versorgen.
„Hier läuft gerade etwas aus dem Ruder“, sagt Anke Höfer. Das Gleichgewicht, in dem Mensch und Graugans in der Stadt vernünftig miteinander leben können, droht zu kippen.
Appell: Kein Brot ins Wasser werfen, Essensreste immer mitnehmen
Der dringende Appell der beiden: Kein Brot ins Wasser zu werfen, Essensreste nach dem Picknick oder Grillen nicht in die offenen Mülleimer werfen, sondern mitnehmen – Ratten und Vögel können sich sonst daran bedienen.
Und die Kotmengen der Graugänse auf den Grünflächen oder etwa auf dem Anleger an der Krugkoppelbrücke sind enorm. Das ist nicht nur unangenehm: „Allergiker können dadurch richtige Probleme bekommen“, sagt Anke Höfer.
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Alster könnte sich erwärmen, denn Gänse fressen das Grün
Eine weitere Folge der vielen Gänse: Die Vögel fressen die Schilfbepflanzung an der Alster ab. Wo kein Schilf mehr wächst, gibt es keinen Schatten – und das Gewässer erwärmt sich. Außerdem fehlt Lebensraum für Insekten und Brutmöglichkeiten im dichten Schilfgürtel.
„Die Schäden durch die hohe Grauganspopulation werden in den kommenden Jahren immens sein“, so Olaf Nieß. Denn wo es zu viele Tiere auf zu engem Raum gibt, die ihren Kot hinterlassen, kann das auch die Gewässer stark verschmutzen – sie drohen zu kippen.