Hamburg. Die Zahl der Wasservögel ist laut Umweltbehörde zu hoch. Warum Gänseschützer nun Hamburgs Schwanenvater Olaf Nieß widersprechen.

Tierschützer in Hamburg sind empört und widersprechen Schwanenvater Olaf Nieß: Weil dieser und die Umweltbehörde die Zahl der Graugänse im Stadtgebiet als zu hoch einstufen, sind ehrenamtliche Gänseschützer sehr aufgebracht. Viele der derzeitigen Graugänse seien nur auf Stippvisite an der Alster.

Alster: Graugänse sind nur auf Stippvisite in Hamburg

„Die Graugänse aktuell mausern sich und sind nur rund einen Monat in solchen großen Trupps in der Stadt. Es handelt sich überwiegend um Mausergäste und nicht um die Hamburger Population“, sagt Simon Hinrichs vom Verein Neuntöter e.V. – Verein für Forschung und Vielfalt.

Die meisten Graugänse sind – wie das Abendblatt auch berichtete – im Mai und Juni in Hamburg, um ihre Jungen hier großzuziehen. Die meisten Tiere verlassen ab Mitte Juni die Stadt wieder. Einige Gänse ziehen dann elbaufwärts, andere elbabwärts bis an die Nordsee.

Gänse gezwungen, Grünanlagen in Hamburg zu nutzen

Simon Hinrichs vom Verein Neuntöter macht darauf aufmerksam, dass die Graugänse wenig Lebensraum vorfinden und deshalb in die Großstädte ziehen: „Durch die Zerstörungen ihrer ursprünglichen Lebensräume sind sie gezwungen, auch städtische Grünanlagen zu nutzen.“

Langjährige Erfassungen der Hamburger Populationen belegen, so der Vogelschützer, dass es in manchen Gebieten mehr Graugänse geworden sind, in anderen weniger.

Alster: An einem Kanal 16 Gänsenester nebeneinander

Dass die Gänse an der Alster geballt brüten – Schwanenvater Olaf Nieß sichtete in einem Uferbereich eines Alsterkanals gleich 16 Paare mit Nestern –, führen die Gänseschützer vom Verein Neuntöter auf die Versiegelung der Alsterufer zurück.

„Die verbauten Ufer der Alsterkanäle führen dazu, dass sich diverse Wasservögel zwangsläufig an wenigen Uferstellen sammeln müssen. Längst veraltete Auflagen vom Denkmalschutz sorgen für kilometerlange naturferne Gewässerabschnitte mit senkrechten Mauern und Spundwänden“, so Hinrichs.

Gänse in Hamburg: In einem Jahr wurden 379 Graugänse geschossen

Er befürchtet, dass kritische Berichte über eine zu hohe Population an Graugänsen dazu führen, dass Menschen die Wasservögel weniger schützen – dass gesellschaftlich akzeptiert wird, die Gänse zum Abschuss freizugeben sowie Nester und Lebensräume zu zerstören.

Zum Abschuss freigegeben sind Graugänse bereits in ländlichen Gebieten. So wurden in Hamburg vom 1. April 2022 bis zum 31. März dieses Jahres 379 Graugänse geschossen. Dabei handelte es sich meistens um Gänse auf den Ackern von Landwirten.

Alster: Gänse verdrängen andere Tierarten – oder nicht?

Laut Schwanenvater Olaf Nieß, der täglich die Wasservögel an der Alster beobachtet und die Gegend gut kennt, verdrängen die vielen Graugänse auch andere Tierarten wie Stockenten oder das grünfüßige Teichhuhn.

Da sind sich Kenner von Wasservögeln in Hamburg wohl nicht so ganz einig. Simon Hinrichs: „Graugänse haben viele natürliche Feinde, auch in der Stadt, und sie verdrängen keine Stockenten oder Teichhühner.“