Hamburg. Wer der Hansestadt vom Schiff aus begegnen will, findet Alternativen zu den Barkassenfahrten auf Alster und Elbe. Fünf Tipps.
Nicht am Jungfernstieg und nicht an den Landungsbrücken – die „Saselbek“ legt zur „Großen Kanalrundfahrt“ mitten in einem Wohnquartier in Barmbek-Nord ab. Bis auf den Namen des Anlegers, Alter Löschplatz, ist hier alles neu und modern, aber weniger mondän als in der HafenCity.
Und noch etwas ist anders als bei einer klassischen Barkassenfahrt. An Bord warten Musikinstrumente auf ihren Einsatz, ein Flipchart und gleich vier Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt Barmbek, die den rund 40 Passagieren auf der „Großen Kanalrundfahrt“ kurzweilig und teils auf Platt von der Historie des Arbeiterstadtteils berichten werden.
Sehenswürdigkeiten in Hamburg – die ungewöhnlichsten Bootstouren
Wer Hamburg vom Wasser aus erleben möchte, wählt nicht ohne Grund zumeist eine Fahrt über die Alster oder die Elbe. Doch die Stadt hat mehr zu bieten als das grüne Alstervorland, Villen mit imposanten Gärten, den Hafen und das pittoreske Elbufer.
Es gibt Barkassenfahrten durch Gegenden, die man sonst nie vom Wasser aus sieht, und bei denen man Dinge erfährt, die man noch nicht über Hamburg wusste: Touren mit einem außergewöhnlichen Programm oder auch welche, die mit einem individuellen Programm auf kleinen Segelbooten veranstaltet werden.
„Musikalisch-literarische Reise“ der Geschichtswerkstatt Barmbek
Die „musikalisch-literarische Reise“ der Geschichtswerkstatt Barmbek findet seit 25 Jahren zweimal jährlich statt und führt durch Osterbek- und Goldbekkanal, über Stadtparksee und Außenalster und wieder zurück. Ein bisschen „normales“ Sightseeingprogramm ist also dabei.
Aber sonst ist alles anders – das wird schnell klar, als Anne Wiemann und Jochen Wiegandt Interpretationen alter Arbeiterlieder singen und mit Gitarre, Akkordeon und Querflöte untermalen, und Michael Grill von der Geschichtswerkstatt historische Bilder der Umgebung zeigt, während die Barkasse den Osterbekkanal hinuntertuckert.
Der freiberufliche Stadtführer und wissenschaftliche Autor berichtet von den bedeutenden Industrieansiedlungen, die es hier mal gab: die Gummifabrik, auf deren Gelände sich heute das Museum der Arbeit befindet, und die Kampnagel-Fabrik etwa. Und warum im alten Barmbek nicht selten Aale aus den Wasserhähnen kamen.
(Nächste „Große Kanalrundfahrt“: Montag 25. September, 18 Uhr, Kosten: 28 Euro, Treffpunkt: Alter Löschplatz, Lämmersieth, Anmeldung unter 040-293107 oder geschichtswerkstattbarmbek@alice-dsl.de)
Stadtbesichtigung unter Segeln: mit Skipper über die Alster
Wer sich den Wind um die Nase wehen lassen möchte und see- beziehungsweise alsterfest ist, der kann eine der maßgeschneiderten Stadtbesichtigungen von Hamburg City Sailing buchen. „Wir verbinden Sightseeing mit dem Abenteuer Segeln“, sagt Jürgen Henry Jacobs, der das 2014 gegründete Unternehmen vor vier Jahren übernommen und ausgebaut hat.
Angeboten werden exklusive Altertörns mit eigenem Skipper – buchbar für Singles, Paare, Familien, Firmengruppen und Junggesellenabschiede. Zur Verfügung stehen fünf Polyvalkboote, die laut Jacobs unsinkbar, geräumig und gutmütig sind. „Wenn die Gruppen größer als 30 Personen sind, bieten wir in Kooperation mit einigen Gastronomen ein Hop-on-hop-off-Programm an.“
Alster: Ein festes Programm gibt es beim Segeln nicht
Der Tag, an dem wir an Bord der „chill out“ gehen, passt zum Namen des Segelbootes: Es weht nur wenig Wind und die Sonne scheint. Unser Skipper ist Klaas, der als Programmierer und Mathenachhilfelehrer arbeitet und nebenberuflich als Skipper auf der Alster und der Ostsee.
Dass man bei einer Stadtbesichtigung unter Segeln kein festes Programm abarbeiten kann, wird schnell klar. Denn eigentlich wollen wir in Richtung blauer Moschee, die einen schönen Fotohintergrund abgeben würde. Doch dafür müssten wir bei diesem Wind sehr oft kreuzen – und dafür reicht die Stunde nicht aus, die wir gebucht haben.
Hamburg City Sailing: kein klassisches Reiseführerprogramm
Macht nichts. Wir lernen trotzdem viel – obwohl Klaas sagt: „Ich habe keine Lust, das klassische Reiseführerprogramm herunterzuspulen.“ Statt über die Hauptkirchen, das Hotel Atlantic oder die Elbphilharmonie, deren Dach in der Ferne schimmert, zu berichten, erzählt er viele andere Dinge, die uns neu sind.
Etwas zur Entstehung der Alster. Und dass Lombards- und Kennedybrücke den Verlauf der alten Wallanlagen abbilden, die Glacischaussee nach einem der Festung vorgelagerten Bereich, dem Glacis, benannt wurde und sich der Name Altona von all to nah – allzu nah (an der Grenze) ableitet.
Außenalster: Hier gilt die Hamburger Hafenverordnung
Und wer Fragen hat zum Segeln oder – angesichts der anderen Wassersportler – den Vorfahrtsregeln auf der Alster, wird auch darüber aufgeklärt. „Hier gilt nicht luv vor lee, wie sonst beim Segeln, sondern die Hamburger Hafenverordnung. Und die sagt: rechts vor links.“
Das wüssten allerdings nur die wenigsten der Freizeitsportler, die im Sommer die Alster stürmen. Sie erschwerten das Segeln mehr als die permanent drehenden Winde. Apropos Wind: Der ist aufgefrischt. Bei einigen Böen neigt sich die „chill out“ so stark zur Seite, dass man unwillkürlich zur Bordwand greift. Gesegelt wird bei Hamburg City Sailing bis Windstärke 5 – aber davon sind wir weit entfernt.
(Touren individuell buchbar unter www.hamburg-city-sailing.de oder 040-76 50 00 66, Kosten ab 128 Euro, Steg: An der Alster 2)
Hafenrundfahrt: Comedy-Touren auf der „Hamburger Deern“
Die „Hamburger Deern“ ist eine solide Hafenbarkasse. Dennoch sollten Sie sich bei dieser Tour festhalten. Denn auf Hamburgs Comedyboot kann es schon mal wackelig werden vor lauter Schenkelklopfern. Auf der einstündigen Hafenrundfahrt teilen die Comedians den Passagieren nämlich neben wissenswerten auch sehr viele witzige Informationen über den Hamburger Hafen, den Kiez und Hamburger Urgesteine mit.
(Comedytouren: jeden Sonnabend, 17 Uhr, Kosten 30,50 Euro, Tickets bei Barkassen-Meyer, Überseebrücke / Vorsetzen, Treffpunkt 15 Minuten vor Abfahrt am Schiff „Hamburger Deern“)
„Historische Barkassenfahrt“ durch Hamm und Rothenburgsort
Ebenfalls in die Vergangenheit führt die traditionelle „Historische Barkassenfahrt“ des Stadtteilarchivs Hamm. Sie findet im Sommer mehrmals statt, beginnt an den Landungsbrücken (Brücke 2) und führt durch die natürlichen und künstlichen Wasserstraßen von Rothenburgsort, Hamm und Hammerbrook.
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Der Blick von der Wasserseite eröffnet völlig neue Eindrücke in die Geschichte dieser Stadtteile. Doch auf der dreistündigen Tour, auf der man unter anderem die Billwerder Bucht, die Tiefstackschleuse, die Bille, das Hochwasserbassin und die Billerhuder Insel passiert, werden auch die Gegenwart und die mögliche Zukunft erläutert.
(Nächste Barkassentour: Donnerstag, 15. Juni, 16-19 Uhr, Kosten: 33 Euro, Treffpunkt: St. Pauli Landungsbrücken, Brücke 2, Tickets unter hh-hamm.de/events/kategorie/veranstaltungen/)
Sehenswürdigkeiten im Hafen bei „Abendlicher Lichterfahrt“
Romantikern wird die „Abendliche Lichterfahrt“ empfohlen – eigentlich eine klassische Hafenrundfahrt, die aber zur blauen Stunde stattfindet. Auf der einstündigen Fahrt geht es auf einer Barkasse oder einem Salonschiff durch die besondere Abendstimmung der Hafenbecken.
Die Routen sind tideabhängig. Erlaubt es der Wasserstand, führt die Fahrt durch die Fleete und Kanäle der historischen Speicherstadt. Ihre Brücken und Kontorhäuser wurden 2001 vom Künstler Michael Batz zauberhaft beleuchtetet und in Szene gesetzt. Zusammen mit dem nächtlichen Lichtermeer des Hamburger Hafens bilden sie eine wirklich beeindruckende Kulisse.
(tägliche Abfahrten, Zeiten siehe abicht.de/rundfahrten und dann auf Abendliche Lichterfahrt, Kosten: Erwachsene 22 Euro, Kinder 4–14 Jahre 11 Euro)