Hamburg. Es tut sich endlich etwas am Hamburger Spielbudenplatz: Saga und Quantum kaufen das Grundstück von der Bayerischen Hausbau. Mehr Details.

  • Auf dem einstigen Esso-Areal soll das Paloma-Viertel entstehen – mit Wohnungen, Hotel und Kulturflächen
  • Das brachliegende Grundstück auf St. Pauli soll bis 2028 zum neuen Wohn- und Kulturquartier entwickelt werden
  • In der Politik ist man froh, dass die „Hängepartie“ damit zu Ende ist – es gibt aber auch Kritik

Vor mehr als 15 Jahren hat die Bayerische Hausbau das rund 6100 Quadratmeter große Esso-Hochhäuser-Areal am Spielbudenplatz/Ecke Taubenstraße auf St. Pauli von Jürgen Schütze erworben. Die Gebäude wurden ebenso wie die dazugehörende Kulttankstelle bereits 2014 abgerissen.

Seitdem liegt das Filetgrundstück brach. Doch jetzt gibt es einen Durchbruch für das sogenannte Paloma-Viertel: Das städtische Wohnungsunternehmen Saga und die Quantum Immobilien AG wollen das Areal bis zum Jahresende von der Bayerischen Hausbau Development übernehmen und das Nutzungskonzept weiterentwickeln.

Paloma-Viertel: Die Bauarbeiten auf dem Kiezgrundstück sollen Anfang 2026 starten

Die Bauarbeiten sollen Anfang 2026 starten, und im ersten Halbjahr 2028 soll der Gebäudekomplex fertiggestellt sein. Das kündigte Frank Gerhard Schmidt, Vorstandsmitglied von Quantum, am Montag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz an. An der nahm auch Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) teil, die sagte: „Wir haben die Hängepartie beendet und können die Brache jetzt bewegen.“

Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein, Mitte-Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer, Quantum-Vorstandsmitglied Frank Gerhard Schmidt, Saga-Chef Thomas Krebs und Finanzsenator Andreas Dressel präsentierten auf einer Pressekonferenz den neuen Entwurf für das Paloma-Viertel.
Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein, Mitte-Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer, Quantum-Vorstandsmitglied Frank Gerhard Schmidt, Saga-Chef Thomas Krebs und Finanzsenator Andreas Dressel präsentierten auf einer Pressekonferenz den neuen Entwurf für das Paloma-Viertel. © Michael Arning

Auch Mieter aus den „Esso-Häusern“ sollen einziehen können

Und das soll auf der Kiezfläche entstehen: Saga und Quantum planen in Zusammenarbeit mit dem Büro Schenk Fleischhaker Architekten insgesamt 164 ausschließlich geförderte Wohnungen zu errichten. Die Wohngebäude werden sechs- und achtstöckig hoch sein. Es wird drei Förderwege geben: Die Kaltmiete pro Quadratmeter wird laut Senatorin Pein bei 7,10 Euro, 9,20 Euro und 12,10 Euro liegen.

Saga-Chef Thomas Krebs kündigte an, dass auch die Mieter aus den ehemaligen „Esso-Hochhäusern“ in die Neubauten wieder einziehen könnten. Allerdings gelten bei den geförderten Wohnungen Einkommensgrenzen. Zum Verständnis: Quantum baut die Wohnungen für die Saga, die diese dann in ihr Immobilienportfolio aufnimmt und vermietet.

Außerdem soll es im Erdgeschoss der Wohngebäude Platz für eine Kita und sechs weitere Gewerbeeinheiten, die auch gastronomisch genutzt werden können, mit insgesamt rund 1500 Quadratmeter Nutzfläche geben.

Ein Hotel mit 350 Zimmern soll im Paloma-Viertel entstehen

Zum Spielbudenplatz hin wird Quantum ein Hotelgebäude mit 350 Zimmern – welche Kette das Haus betreiben wird, steht noch nicht fest – und ein siebengeschossiges Kreativgebäude für kulturelle Nutzungen realisieren, die von den Architekten SKAI geplant werden. 

Die Flächen für stadtteilspezifische Club- und Kulturnutzungen werden von der Hamburg Kreativ Gesellschaft gemanagt und dieser zur Verfügung gestellt. Die Stadt gibt dafür eine Finanzspritze: „Für den Kulturteil des Immobilienprojekts werden wir zusätzlich über fünf Millionen Euro aus Haushaltsmitteln bereitstellen, um Teile der Räume so herrichten zu können, dass ein Livemusik-Club dort wieder ein Zuhause finden kann – genau so, wie wir es versprochen haben“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD).

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Für Kultursenator Carsten Brosda (SPD) steht fest: „Diese Kreativ-Immobilie soll sich gut in das Umfeld rund um die Reeperbahn einfügen und der Musikwirtschaft mitten auf dem Kiez eine neue dauerhafte Heimat bieten.“

Die Gesamtinvestition liegt laut Quantum-Vorstandsmitglied Schmidt bei rund 200 Millionen Euro. Wie hoch der Verkaufspreis für das Grundstück ist, dazu wollte sich Saga-Chef Krebs auf Nachfrage nicht äußern. Gordon Gorski, der Chef der Bayerischen Hausbau, räumte ein, dass man mit dem Projekt Paloma-Viertel einen „Verlust“ gemacht habe.

Aber jetzt schauen alle Beteiligten nach vorn: „Unsere Beharrlichkeit hat sich gelohnt. Das Paloma-Viertel wird endlich im Sinne seiner ursprünglichen Bestimmung umgesetzt. Mit bezahlbaren Wohnungen sowie etlichen Möglichkeiten und Räumen für kulturelle Nutzungen“, sagt Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) und setzt auf eine schnelle Umsetzung: „Mit den Letters of Intent haben sich jetzt alle Seiten umfassend verpflichtet, damit es zügig losgehen kann.“

Paloma-Viertel: „Wir setzen gezielt auf geförderten Wohnraum“, sagt Bezirksamtschef Neubauer

Auch Mittes Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) ist über den Durchbruch erleichtert: „Wir freuen uns besonders, diese Vision für St. Pauli nach all den Jahren der Verzögerung wieder aufleben zu lassen und mit einem klaren sozialpolitischen Ziel voranzutreiben. Wir setzen gezielt auf geförderten Wohnraum, der insbesondere Familien zugutekommt, die auf St. Pauli dringend nach einer langfristigen Wohnperspektive suchen.“

Hinter diesem Zaun liegt das seit zehn Jahren brachliegende Filetgrundstück am Spielbudenplatz.
Hinter diesem Zaun liegt das seit zehn Jahren brachliegende Filetgrundstück am Spielbudenplatz. © Michael Arning

Ein städtebaulicher Vertrag wurde bereits im Oktober 2018 von Bezirk und Bauherrn unterschrieben. Dieser soll dem Vernehmen nach in den kommenden Wochen angepasst werden. Das Paloma-Viertel wird ein wenig abgespeckt: So wird es nach Abendblatt-Informationen keine öffentliche Dachnutzung geben und auch keine Kletterwand.

Paloma-Viertel: Das sagen die Linken und der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen

Auch die Fraktion der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich in Sachen Paloma-Viertel nach den neuesten Entwicklungen zu Wort gemeldet: „Durchbruch oder kompletter Einbruch in Sachen Beteiligung – das ist hier die Frage. Vor allem die Vereinbarungen zugunsten des Stadtteils scheinen auf der Strecke zu bleiben. Die ganze Geheimniskrämerei und das Raushalten des Stadtteils bei der aktuellen Entwicklung werfen den jahrelangen Beteiligungsprozess durch die PlanBude über den Haufen – dabei hatte gerade der dafür gesorgt, dass die Interessen des Stadtteils trotz der hochverdichteten Bebauung nicht untergehen“, sagt Heike Sudmann, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke.

Sie kritisiert zudem: „Die erkämpften öffentlichen Flächen für die Kinder und Jugendlichen und weitere kostenfreie Nutzungen für den Stadtteil sind anscheinend nicht mehr vorgesehen. Das Hotel bekommt statt 150 nun 250 Zimmer.“ Erstmal positiv sei hingegen „die 164 öffentlich geförderten Wohnungen, solange es nicht in erster Linie die teuren Wohnungen mit 12,10 Euro Anfangsmiete sein werden. Und auch zusätzliche 5 Millionen Euro für die Kunst- und Kreativnutzung sind gut – wichtig ist aber, welcher Club und welche weiteren Nutzungen dort dann untergebracht werden sollen.“

Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), erklärt derweil: „Endlich ist die Hängepartie vorbei. Genauso gut ist es, dass auf St. Pauli weiterhin bezahlbarer Wohnraum gesichert wurde. Allerdings zeigen die Vorgänge um das ‚Paloma-Viertel‘ auch, dass es immer schwieriger wird, in einer attraktiven und hoch nachgefragten Stadt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen der SAGA sehr genau gerechnet haben und keine Luftschlösser bauen. Das ist gut für die Menschen, die dort künftig in bezahlbaren Wohnungen leben werden und gut für die Stadt, die weiterhin für jeden attraktive Wohnungsangebote bereit hält.