Hamburg. Auf Instagram kommentiert der Hamburger Werbeprofi Oliver Voss Plakate und Anzeigen. Welche Botschaften gut ankommen und welche nicht.

Nike, Sixt, Ebay („3, 2, 1 – meins“): Der Hamburger Werbeprofi Oliver Voss, langjähriger Geschäftsführer und Vorstand von Jung von Matt und heute längst mit eigener Agentur erfolgreich, gilt als einer der kreativsten Köpfe des Landes. Auch den Satz „Du bist Deutschland“, der sich einst als Teil einer Kampagne für mehr Weltoffenheit und Optimismus ins kollektive Gedächtnis gebrannt hat, stammt von ihm. Und mit dem von ihm erfundenen Claim „Is it love?“ wurde 2001 der neue BMW-Mini Cooper international eingeführt. Für das Hamburger Abendblatt entwickelte er 2013 die erfolgreiche Kampagne „Echte Hamburger lesen das Abendblatt“.

Jetzt ist Oliver Voss auch ein „Instagram-Star“: Denn seit rund anderthalb Jahren bewertet er in dem sozialen Medium Anzeigen, Plakate und Claims, die ihm eben so ins Auge stechen, wenn er durch seine Heimatstadt spaziert oder fährt. Mehr als 130.000 Menschen folgen ihm bereits auf Instagram, und es werden täglich mehr. „Die meisten davon haben mit Werbung gar nichts am Hut.“ Manche schickten ihm Werbeanzeigen zu, die sie entdeckt hätten, und fragten den Profi nach dessen Einschätzung. „Viele schreiben mir: Seit ich Deinen Kanal abonniert habe, gucke ich ganz anders hin.“

Werbung in Hamburg: Plakate fallen Ex-Vorstand von Jung von Matt immer sofort ins Auge

Oliver Voss selbst schaut immer ganz genau hin. Er könne „gar nicht nicht hinsehen“, sagt er lachend. „Sobald ich ein Plakat sehe, fällt mir auf, was daran gelungen ist und was man womöglich noch besser machen könnte.“ Irgendwann habe er dann gedacht: „Eigentlich kann ich dann doch auch gleich ein schnelles Video aufnehmen über das, was in meinem Kopf abgeht.“ Mit Erfolg. Die Bewertungen und Tipps des Werbeprofis sind gefragt.

„Ich hatte immer Freude daran, mein Wissen weiterzugeben“, sagt Oliver Voss, der hin und wieder an Universitäten Vorträge hält und einst den deutschen Ableger der Miami Ad School, Kaderschmiede für Werbetexter, gegründet hat. „Wenn also Start-ups oder kleinere Betriebe aus meinen 30-sekündigen Videos etwas für sich mitnehmen, finde ich das toll.“

Hamburger Hauptbahnhof: Schokoladenwerbung kommt bei Oliver Voss gut an

Doch wann ist Werbung gelungen? „Gute Werbung rückt eine Marke oder ein Produkt positiv ins Bewusstsein, am besten kurz und unterhaltsam“, sagt Oliver Voss. Aktuell lobt er auf Instagram zum Beispiel das großflächige Plakat einer bekannten Schokoladenmarke, die darauf am Hamburger Hauptbahnhof mit dem Spruch wirbt: „Zug verpasst? Vollbitter.“

Auch eine Brotwerbung, die ihm ein Follower aus Wien zugeschickt hat, kommt beim Profi gut an: „Brotal gut! Das ist ein gelungenes Wortspiel, das durch die Anspielung auf ‚brutal‘ eine Kante hat, die beim Lesen Freude bringt.“ Außerdem sei der Spruch so kurz, dass man ihn „nicht nicht lesen kann“.

Eine Firma für Kanalsanierung lobt Oliver Voss auf Instagram ebenfalls, denn der Claim „unterirdisch gut, deutschlandweit“ sei selbstironisch, bringe die Betrachter zum Lachen und beschreibe dabei präzise die Leistung des Unternehmens.

Ex-Chef von Jung von Matt: „Zehn Botschaften sind einfach sechs zu viel“

Weniger gut kommt die Plakatwerbung eines großen Telefonanbieters weg. Warum? Das Plakat sei leider völlig überfrachtet mit zu viel Text und Logos. „Zehn Botschaften sind einfach mindestens sechs zu viel.“ Der Betrachter wisse gar nicht mehr, wohin er zuerst schauen solle. Die Botschaft verpuffe.

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Aber auch „Guerilla-Werbung“ mitten in einer Stadt könne funktionieren, erklärt der Werber auf Instagram. Beispiel: ein altes, verrostetes Fahrrad, angeschlossen an einem Fahrradständer. Am Hinterrad ist eine bedruckte Pappe angebracht, darauf der Satz: „Lass dein Fahrrad nicht so enden“. Der Aufforderung folgt ein Hinweis auf einen Fahrradreparaturladen. „Das ist toll gemacht“, sagt Voss. „Hier hat jemand sein eigenes Medium geschaffen. Wir schauen hin und wollen wissen, wer oder was dahintersteckt.“

Werbung Hamburg: Wenn eine Anzeige überfrachtet ist, sei das wenig zielführend

Der größte Fehler sei, mit Werbung „zu viel zu wollen“: „Werbung darf selbstverständlich bunt sein. Aber wenn ein Plakat so dermaßen überfrachtet ist, dass man den Absender nicht mehr erkennt, dann ist das nicht so zielführend.“

Er selbst habe sich immer schon für Werbung interessiert, sagt der gebürtige Remscheider, der in Kerpen bei Köln zur Schule gegangen ist und nach dem Abitur ein Semester lang Jura studiert hat. „Während andere die Architektur wahrgenommen haben, habe ich die Plakate betrachtet.“ Text und Typografie, das seien immer schon seine Themen gewesen, sagt Voss, dessen Eltern als Buchhändler gearbeitet haben.

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Wie viele Videos er drehe, sei ganz unterschiedlich. „Mal mache ich eine Zeit lang gar nichts, dann nehme ich wieder jeden Tag einen Clip auf.“ Der Impuls sei da, sobald sein „Kopf einen Kick bekomme“. „Und grundsätzlich geht es bei dem Format darum, Spaß zu haben.“ Das gefällt auch den Followern.