Hamburg. Über fünf Jahrzehnte hat der Amateurfotograf Albin Müller „sein Hamburg“ mit der Kamera festgehalten. Ein neues Buch zeigt das Werk.
- Albin Müllers Werk gilt als frühe Form der „Street Photography“.
- Das Buch ist im Buchhandel und in der Abendblatt-Geschäftsstelle erhältlich.
- Bilder wurden mit verschiedenen Kameras aufgenommen.
Als eines Vormittags ein älterer Herr das Photohaus Colonnaden betrat und fragte, ob eine Sammlung historischer Hamburg-Fotos womöglich von Interesse sein könnte, ahnte Bernd Nasner, der der Traditionsgeschäft in der Innenstadt bis 2018 führte, nicht, welchen Schatz er da schon bald heben würde.
Denn Albin Müller, der Vater des Kunden, hatte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg Ansichten seiner Heimatstadt Hamburg, Straßenszenen und Menschen mit seiner Kamera festgehalten. „Schon beim ersten Durchblättern der ersten mehr als 100 Fotografien dachte ich: Wieso ist Albin Müllers Werk nicht längst einer größeren Öffentlichkeit bekannt? Die Aufnahmen sind ja sensationell“, erinnert sich Bernd Nasner.
Hamburg-Fotos: Neues Buch zeigt Werk des Amateurfotografen Albin Müller
Spätestens jetzt werden sie einer größeren Öffentlichkeit bekannt, denn das Hamburger Abendblatt zeigt einige der beeindruckenden Bilder nicht nur hier, sondern veröffentlicht sie auch in einem neuen Buch: „Albin Müller – Hamburg. Fotografien von 1920 bis 1970“ (Junius Verlag, Herausgeber Bernd Nasner, 49,90 Euro), erhältlich im Buchhandel, unter www.abendblatt.de/shop und in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32.
Neue alte Fotos: So haben Sie Hamburg noch nie gesehen
Dabei war es nicht ganz ohne dramatische Wendung, die Sammlung zu erhalten. Zwar hatte Bernd Nasner mit Albins Sohn kurz nach dessen Besuch im Geschäft an den Colonnaden eine „lockere Verabredung“ zur Übernahme des gesamten Fotobestands vereinbart, doch wenig später verstarb der ältere Herr. Dessen Ehefrau folgte wenige Wochen später.
Überraschende Hamburg-Fotos: Auch auf Flohmärkten tauchten Müllers Bilder auf
„Teile des Archivs waren verkauft und in alle Winde zerstreut. Manche Fotos tauchten auf Online-Marktplätzen auf, andere auf Flohmärkten in Hamburg“, sagt Bernd Nasner. Die in Bayern lebende Enkelin hatte einen Teil der Sammlung an einen Antiquar gegeben, einen kleinen Rest des fotografischen Nachlasses den Käufern des Elternhauses überlassen.
Es begann ein „großes Puzzlespiel“, das bist heute noch nicht abgeschlossen ist. „Hilfreich beim Rückkauf und der Zusammensetzung der Teile ist, dass viele Abzüge mit einem Stempel versehen und die Negative teils ebenfalls beschriftet sind“, erklärt Nasner.
Hamburg-Fotos: Albin Müllers Bilder gelten als frühe Form der „Street Photography“
Albin Müllers Werk ist beeindruckend, gilt als frühe Form der „Street Photography“: Denn der Hamburger, der vor dem Zweiten Weltkrieg für das Finanzamt St. Georg tätig war und nach 1945 als Betriebsprüfer für die Oberfinanzdirektion Hamburg arbeitete, hatte wenig Scheu, Menschen auf der Straße zu fotografieren. Seine Kamera trug er immer in seiner Aktentasche bei sich. So zeigte er Arbeiter, Angler, Maler, Kinder bei ihrem alltäglichen Tun in ihrer natürlichen Umgebung.
Aber auch „sein Hamburg“ hielt der gebürtige Wilhelmshavener, der 1934 mit seiner Frau Grete in die Schützenstraße 61 in Altona zog, wo auch Sohn Thomas (der spätere Kunde aus dem Fotogeschäft) geboren wurde, fest: So gibt es frühe Bilder aus Altona und dem Gängeviertel, Aufnahmen der kriegszerstörten Hansestadt und Bilder aus der Zeit des Wiederaufbaus.
Mehr zum Thema Stadtentwicklung
- Hamburg um 1900: Seltene, historische Fotos, die Sie so noch nie gesehen haben
- „Richtig aufwärts geht es erst 2030“
- Immobilien Hamburg: Haus in Eimsbüttel erhält kuriosen Preis
Fotos von Hamburg: Albin Müller wechselte häufiger die Kamera
In der Zeit des neuen Wohlstands und des technischen Fortschritts wechselte Müller mehrmals die Kamera und kaufte stets die jüngsten Modelle: So gehörten unter anderem Rolleiflex, eine Zeiss Super Ikonta, eine Voigtländer Prominent und eine Leica zu den Werkzeugen, mit denen er nach stetiger Verbesserung strebte.
Mit diesen neuen historischen Aufnahmen tritt ein großer Unbekannter der Hamburg-Fotografie ans Licht und beansprucht seinen Platz im Bildgedächtnis unserer Stadt.