Hamburg. Früher hat er Wahlkampf für Angela Merkel gemacht, aber schon 2021 schaffte er für Scholz das Kanzlerschaftswunder. Das ist sein Plan.

Respekt. Vor gut drei Jahren war es dieser Begriff, der als fette Überschrift über der Wahlkampagne stand, die Olaf Scholz ins Kanzleramt brachte. Kein Mensch (außer Olaf Scholz) hatte es damals für möglich gehalten, dass dieser staubtrockene kleine Hamburger die Wahl gewinnen würde. Aber er gewann sie, und ein Vater dieses Erfolges war Raphael Brinkert, Werber aus dem Hamburger Schanzenviertel.

2017 und 2019 hatte Brinkert noch beim Bundestags- und Europawahlkampf von Angela Merkel geholfen. 2021 schaffte er es dann, Scholz zum Kanzler zu machen, und vermutlich ist dafür jemand heimlich nach Lourdes gepilgert, denn das war ein echtes Wunder. Aber kann man Wunder wiederholen?

Bundestagswahl: Dieser Werber aus der Schanze soll Olaf Scholz den Job retten

Brinkert glaubt das offenbar, denn jetzt gerade hat er den Auftrag angenommen, mit seiner Agentur BrinkertLück an der Lippmannstraße in der Schanze auch diesmal die SPD-Wahlkampagne zu konzipieren. Das hat nun auch die SPD bestätigt. „Nach dem erfolgreichen Comeback bei der Bundestagswahl 2021 setzt die SPD bei den vorgezogenen Neuwahlen 2025 wieder auf die Hamburger Agentur BrinkertLück“, teilte sie mit.

„Immer mehr Menschen werden sich in den nächsten Wochen mit der Frage beschäftigen, wer dieses Land in die Zukunft führen soll: Friedrich Merz mit seiner Agenda für Besserverdiener oder die SPD und Olaf Scholz mit einer Politik für das ganze Land. Auf diese Auseinandersetzung ist die SPD vorbereitet. Die Strukturen zwischen dem Willy-Brandt-Haus und der Agentur sind bereits eng verwoben.“

Bundestagswahl 2025: „Liebe bleibt rot“, sagt der Werbestratege

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch gibt das angesichts der Umfragen und der schlechten persönlichen Werte von Scholz extrem ambitionierte Ziel aus: „Wir sind ein eingespieltes Team und deshalb auf den vorgezogenen Wahlkampf sehr gut vorbereitet. Der frühere Termin spornt uns als Partei zusätzlich an. Unser Wahlkampfziel ist klar: Die SPD soll diese Wahl gewinnen.“

Und Agenturchef Raphael Brinkert fügt hinzu: „Liebe bleibt rot. Wir freuen uns auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Kanzler-Partei und auf einen intensiven und kreativen Wettstreit der demokratischen Parteien um die besten Argumente für unser Land.“

Werbung Hamburg: Brinkert hat schon große Kampagnen geführt, vor allem im Sport

Der bisweilen nachdenklich wirkende und doch emotionale 47-Jährige, aufgewachsen als Bäckersohn in Haltern am See in Nordrhein-Westfalen, ist einer der erfolgreichsten Werber Deutschland. Nach 18 Jahren bei Scholz & Friends und Jung von Matt machte sich Brinkert 2018 selbstständig, 2021 entstand die Agentur BrinkertLück, für die er sich mit dem Schweizer Werber Dennis Lück zusammentat. Die gemeinsame Firma ist neben dem Hauptsitz Hamburg auch mit Büros in Zürich und NRW vertreten und hat 80 Mitarbeiter.

Brinkert hat schon Kampagnen für Sixt, Vodafone, Zalando, DFB und DFL, Schalke, den Deutschen Olympischen Sportbund und viele andere gemacht – und dabei Slogans erfunden wie „Unsere Amateure. Echte Profis“ für den DFB, „United by football“ (Euro 2024) oder „Ihr seid das Volk. Wir eure Bank“ (Hamburger Volksbank).

Raphael Brinkert: Man muss nur den Scheinwerfer auf Scholz richtig einstellen

Aber wie soll das Projekt Wiederauferstehung für den politisch nun endgültig totgesagten Olaf Scholz funktionieren? Bei einem Kanzler mit miserablen Beliebtheitswerten, einer SPD bei 15 oder 16 Prozent und einem Wahltermin in dreieinhalb Monaten. „Der Wahltermin stellt alle Parteien vor großen Herausforderungen“, sagt Brinkert. „Aber ich komme aus dem Sport, da ist mir der Sprint näher als der Marathon.“

Und natürlich glaube er, dass man Scholz auch diesmal zum Sieger machen könne, so Brinkert. Es werde einen Lagerwahlkampf geben, auf der einen Seite Merz, mit polarisierender Politik und dieser etwas aufbrausenden Mentalität. Und auf der anderen Seite ein besonnener Scholz mit einer geschlossenen SPD, die für Gemeinschaftsgefühl und Solidarität stehe. Für Respekt gegenüber allen, die in der Gesellschaft etwas beitragen, vom Zeitungsausträger über die Busfahrerin, den Kassierer, die Pflegerin bis zum Chefarzt.

Aber Respekt kann man natürlich nicht wieder über die Kampagne schreiben. Einen neuen „Claim“ hat Brinkert für die neue Kampagne auch noch nicht, darüber werden in den kommenden Tagen in der Schanze die Köpfe rauchen. Das Budget sei vertraulich, so Brinkert, beim letzten Mal waren es rund 17 Millionen Euro. Eines kann der SPD in dieser Lage etwas Mut machen: Brinkert hat noch nie einen Bundestagswahlkampf verloren.

Facebook: Brinkert postete Foto seines lachenden Sohnes mit Downsyndrom

Für große Aufmerksamkeit sorgte der Werbestratege übrigens auch schon abseits seiner PR-Kampagnen, etwa als er 2017 bei Facebook privat über ein Baby mit Downsyndrom (Trisomie 21) berichtete, das seine Eltern zur Adoption freigeben wollten. „Wir selbst haben einen kerngesunden Jungen mit Downsyndrom, und ehrlich gesagt machen uns seine Schwestern nicht selten mehr zu schaffen als er“, schrieb Brinkert damals.

„Robin Barrett würde sich bestimmt über einen guten Kumpel freuen: Mit dem er Fußball spielen, Bagger gucken und kleinen und großen Mist bauen kann. Robin ist perfekt. Perfekt unperfekt, wie wir alle.“ Darunter postete Brinkert ein Schwarz-Weiß-Foto seines glücklich lachenden Sohnes zwischen dessen drei Jahre älteren Zwillingsschwestern. Das Echo war enorm, und das Baby wurde dank der Aufmerksamkeit erfolgreich an Adoptiveltern vermittelt, wo es bis heute laut Brinkert glücklich lebt. 

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Aus seiner eigenen Kindheit hat sich Brinkert das frühe Aufstehen der Bäcker erhalten. Bis heute gehe er so gegen zehn Uhr abends ins Bett und stehe gegen fünf auf. Meistens habe er morgens die besten Ideen. Die sind angesichts der sehr schlechten Ausgangslage auch dringend nötig. Aber einen Ansatz hat er schon, schließlich kennt er den Kanzler schon lange. Scholz sei Scholz, der werde sich nie ändern, weiß der oberste SPD-Werber. Aber den Scheinwerfer auf ihn, den müsse man wieder besser und richtig einstellen, damit die Stärken endlich wieder sichtbarer würden. Und vielleicht, auch wenn Brinkert das natürlich nie sagen würde, muss ja auch nebenbei noch jemand heimlich nach Lourdes pilgern. Für das Wunder Scholz, die Zweite.

Bundestagswahlkampf: Das sind die Agenturen der anderen Parteien

Die Grünen haben sich mit Jung von Matt übrigens auch eine Hamburger Agentur für den Bundestagswahlkampf genommen, wie die Parteizentrale dem Abendblatt bestätigte. Die FDP will die Bundestagswahl 2025 erneut mit der Agentur Heimat bestreiten, Die Linke setzt wieder auf die „Berliner Botschaft“, die AfD hat sich nach eigenen Angaben noch nicht festgelegt. Aus der CDU-Zentrale hieß es lediglich, Wahlprogramm und Kampagne seien in Arbeit und würden rechtzeitig präsentiert.