Hamburg. Hochschulstudent Lucien von der Hoeden hat mit einer Frei_Fläche von der Stadt in den Colonnaden den Sprung ins kalte Wasser gewagt.
„Mein Name ist Lucien von der Hoeden, ich bin Mitte zwanzig, studiere an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und habe letzte Woche eine neue Galerie für zeitgenössische Kunst in den Colonnaden eröffnet. Weder bin ich etabliert, noch habe ich ‚von Haus aus‘ Geld, liebe aber meine Heimatstadt und kam deshalb aus Tokio zurück, um Hamburg für die internationale Kunstszene interessanter zu machen.“ Dezent formuliert könnte man dieses Auftreten selbstbewusst nennen; mutig ist das Unterfangen in jedem Fall. So geht man einigermaßen neugierig zum vereinbarten Interview. Und trifft: einen hochgewachsenen, extrem aufgeschlossenen und interessierten jungen Mann im lässigen Anzug.
Ob bewusst oder unbewusst – das Copenhagen Coffee Lab in der Weidenallee passt zum Thema. „In ein paar Wochen geht’s für mich nach Kopenhagen, um in der Galerie Christian Andersen mitzuarbeiten“, erzählt Lucien von der Hoeden parallel zur Cappuccino-Bestellung. Während eines Erasmus-Aufenthalts will der HfbK-Student, der sich besonders für Film und Design interessiert, kurz vor seinem Bachelor-Abschluss steht und immer wieder gern „Metropolen-Luft schnuppert“, lernen, „wie man eine Galerie leitet“. Dabei hat der 25-Jährige den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht und im März Von der Hoeden Contemporary in den Colonnaden eröffnet.
Galerie Hamburg: Wie wird man Galerist? Ganz einfach: Indem man eine Galerie eröffnet
Heller Marmorboden, weiße Wände, große Fensterfront. Das schlichte Ambiente, das bis vor Kurzem eine Corona-Test-Station und davor eine Modeboutique für sich beanspruchte, nutzt von der Hoeden nun als White Cube. „Ich will den Künstlerinnen und Künstlern freie Hand bei der Gestaltung ihrer Ausstellungen lassen.“ Ästhetisch hat sich der Jung-Galerist von einer Kunstgalerie in Seoul inspirieren lassen, Grafik und Webdesign besorgt ein guter Freund von ihm. Während seiner Zeit in Dänemark wird die Galerie von Freunden weiterbetrieben. „Im Grunde sind wir ein paar Jungs mit ‘ner Menge Ideen, aber wir nehmen das Projekt sehr ernst.“
Zunächst will von der Hoeden seine Galerie etablieren und dafür mit jungen Kreativen aus aller Welt zusammenarbeiten, bevor er zu seiner eigentlichen Leidenschaft kommt: junge Künstlerinnen und Künstler aus Hamburg zeigen und unterstützen. Die Premieren-Schau hat die in London lebende Künstlerin Ana Viktoria Dzinic mit „flat lined but emotional“ bestritten. Auf mehreren unterschiedlich aussehenden Fernsehtischen waren Monitore für ihre Videokunst aufgestellt; an den Wänden hingen großformatige Plakate mit lauter kleinen Fotoschnipseln von Handtaschen, Lippenstiften oder Handys, die von einer Frauenhand gehalten werden – „photographic painting“ als Referenz auf die Bildersuche etwa bei Google. Aktuell ist die Fotoausstellung „Vandals“ von Winter Vandenbrink über Pariser Jugendkultur zu sehen. Etwa einen Monat lang laufen die Ausstellungen jeweils.
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Dieses Abenteuer möglich gemacht hat „Frei_Fläche: Raum für kreative Zwischennutzung“ der Stadt Hamburg. Es bietet Selbstständigen Räume von leer stehenden Einzelhandelsflächen für 1,50 Euro pro Quadratmeter – egal in welcher Lage. „Die Innenstadt ist tot, über die eigentlich so schönen Colonnaden hätte bisher eigentlich nur noch ein Steppenläufer wehen müssen“, findet von der Hoeden, der die Situation vor Ort mit „ein bisschen wie Wilder Westen“ vergleicht. Im Moment gibt es dort auffallend viele freie Flächen. Seine Galerie ist ein Neubeginn. Nicht nur für ihn persönlich, sondern auch für die ganze Meile.