Hamburg. Für Gewerbetreibende ist die Dauer-Baustelle an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Hamburg kein Spaß. Betroffene schildern ihre Probleme.
Die Reaktionen der Händler in der City sind alle ähnlich: verdrehte Augen, Schulterzucken, genervtes Stöhnen. „Eine Katastrophe“, bringt es Stefan Kudla vom Herrenausstatter Stuff an der Kaiser-Wilhelm-Straße auf den Punkt. „Das macht einen irre“, findet Lydia Menke, Inhaberin des Ladens Jede Menke Blumen ein paar Meter weiter. Und Danny Vahrenkamp vom Café Compton‘s kann noch gar nicht so ganz glauben, dass die Bauarbeiten an der wichtigen Verkehrsachse in Hamburg zwischen Laeiszhalle und Axel-Springer-Platz nach etlichen Verzögerungen nun bald abgeschlossen sein sollen.
„Diese Straßenseite wollten sie ja schon vor zwei Jahren fertig haben“, sagt der Gastronom und zeigt vor seinem Lokal mit den blauen Wänden draußen auf den Gehweg. Doch nun heißt es, dass die Sanierung der Straße am Springer-Quartier Mitte August ein Ende haben soll, wie der zuständige Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) auf Anfrage des Abendblatts mitteilte.
Hamburger City: Geschäfte an Kaiser-Wilhelm-Straße sind kaum zu erreichen
Nunmehr seit vier Jahren buddeln hier die Bagger, war der Bürgersteig gesperrt. Und mussten Fußgänger auf einen schmalen Schotterweg ausweichen, um die Geschäfte zu erreichen. Die Autos konnten immer nur in eine Richtung fahren, Radler hatten zuweilen nur einen Gehweg als schmale Gasse zur Verfügung. Immer neue Schilder führten Passanten in die Irre.
Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollten, machten wie Steffen Henssler mit seinem happi by Henssler wegen der misslichen Lage und des Lärms einen Rückzieher. „Die ursprünglich positive Beurteilung des Standortes für unser Konzept hat sich geändert“, hieß es vom Henssler-Management zu den Plänen für das Lokal im Springer Quartier.
Die Tür des Restaurants Kyba, das hier seit Kurzem hochwertige Speisen anbieten wollte, ist wieder verrammelt. Die Betreiber hatten sich vergeblich um Hilfen der Stadt für ausgefallene Umsätze bemüht. „Es war nicht mehr rentabel“, sagt Inhaber Marc Gerlach, die Laufkundschaft sei ausgeblieben. Bald schließt auch Optik Weissbarth, eines der wenigen verbliebenen Traditionsgeschäfte an der Kaiser-Wilhelm-Straße.
Kaiser-Wilhelm-Straße: Immer wieder Verzögerungen bei Bauarbeiten
Die Maßnahmen rund um einen denkmalgeschützten Tunnel, neue Stromleitungen und eine Veloroute, die eigentlich schon viel früher abgeschlossen sein sollten, hatten die Kaufleute an der Straße nicht nur für lange Zeit in Atem gehalten, und das in einem Teil der City, wo der Einzelhandel ohnehin um Kunden ringt. Die Unternehmer vor Ort fühlten sich von der Stadt auch nicht ausreichend unterstützt. Der LSBG verweist darauf, dass man „immer wieder aktualisierte Anliegerinformation online gestellt habe, die den angepassten zeitlichen Bauablauf“ darstellten.
Baustelle in Hamburg: Selbst Lieferfahrzeuge erreichen Geschäfte kaum
„Wenn wir den Onlinehandel nicht gehabt hätten, wären wir aufgeschmissen gewesen“, bilanziert Stefan Kudla, der in seinem Geschäft hochwertige Mode aus Japan anbietet. Die Sanierung habe dazu geführt, dass Fußgänger seinen Betrieb nur über einen Trampelpfad erreichen konnten, zudem lag der Laden zeitweise völlig versteckt hinter einem hohen Bauzaun. Auch der Versand der Kleidung sei zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen. „Selbst die Lieferfahrzeuge konnten uns nicht erreichen“, sagt der Unternehmer und schüttelt den Kopf.
Auch Lydia Menke vom gleichnamigen Blumengeschäft hat erlebt, dass ihr Laden kaum mehr zugänglich war. Erst ein Großeinsatz im benachbarten städtischen PikAss, einer Obdachlosenunterkunft, die für die Hilfskräfte ebenfalls nicht zu erreichen war, habe zum Umdenken bei den Verantwortlichen geführt. „Daraufhin haben wir endlich einen Zugang bekommen“, schildert sie die Baumaßnahmen.
Hamburger City: Baustelle hielt Laufkunden an der Kaiser-Wilhelm-Straße ab
Über schwere Zeiten für seinen Laden berichtet auch Danny Vahrenkamp. Er hatte das Café Compton‘s im Oktober 2022 während Corona eröffnet, die Pandemie machte ihm das Leben ohnehin schwer. „Und dann gab es überall Sackgassen und eine schlechte Beschilderung, sodass wir kaum Gäste hatten“, kritisiert der 48-Jährige.
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Eine Genehmigung für eine Terrasse, mit der er den Umsatz etwas ankurbeln könnte, steht noch aus. Im April hatte sich der Gastronom darum bemüht – nun, im Juli, darf er seine Stühle und Tische noch immer nicht nach draußen stellen. In der Kaiser-Wilhelm-Straße ist mal wieder Geduld gefragt.