Hamburg. Nach Sylt-Video: Besucher prangern Diskriminierung an der Tür des „Noho“ an. Dessen Geschäftsführer betreibt auch den Pony-Club in Kampen.

Zwei Wochen nachdem das Skandal-Video auf Sylt deutschlandweit für einen Aufschrei gesorgt hat, ist klar: Die rassistischen Gesänge waren und sind kein Einzelfall. Auch in Hamburg kam es zu weiteren Vorfällen, beispielsweise auf dem Schlager-Move.

Nun soll es weitere rassistische Vorfälle in Hamburg gegeben haben – und zwar im Noho an der Reeperbahn. Dabei geht es um Vorwürfe im Zusammenhang mit der Türpolitik des Clubs am Nobistor. Laut Recherchen des NDR berichten mehrere Partygänger, dass Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund am Einlass gestoppt worden seien.

Noho Club in Hamburg: Besucher werfen Betreiber rassistische Türpolitik vor

Der Club gehört dem Hamburger Unternehmer Tim Becker – der auch den Pony-Club auf Sylt, in dem die rassistischen Gesänge publik wurden, betreibt. Kurz nach Bekanntwerden des Videos hatte Becker sich von den Geschehnissen deutlich distanziert. Im Abendblatt-Gespräch äußert sich der Betreiber zu den neuen Vorwürfen.

So sieht der Eingang des Noho Clubs auf dem Kiez in Hamburg aus.
So sieht der Eingang des Noho Clubs auf dem Kiez in Hamburg aus. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Laut NDR seien zwei schwarze Männer aus einer Gruppe von 16 Leuten als einzige von den Türstehern abgewiesen worden. Ein 25 Jahre alter Mitarbeiter des NDR mit sichtbarem Migrationshintergrund habe sich ebenfalls in die Schlange gestellt und sei ebenfalls abgewiesen worden, weil er „zu alt“ sei und „nicht ins Bild“ passe.

Ähnlich sei es drei Studenten aus dem Nahen Osten gegangen, die trotz aufwendiger Abendgarderobe und gekaufter Tickets im Wert von 132 Euro an der Tür abgewiesen worden seien. Die Begründung laut NDR: „Die Türsteher würden sie nicht kennen.“

Hamburger Club-Betreiber äußert sich: „Publikum ist bunt gemischt“

„Wir haben ein bunt gemischtes Publikum und entscheiden nicht nach Hautfarbe. Alle unsere Türsteher sollen objektiv entscheiden, ob Besucherinnen und Besucher in unseren Club passen“, sagt Becker dem Abendblatt.

Laut dem Geschäftsführer komme es beim Einlass auf ein „stimmiges, modisches Erscheinungsbild“ an. Wer aussehe wie für einen Abtanzball oder Unterhemd mit Goldkette trage, werde abgewiesen. Außerdem komme es auf die Veranstaltung an. Bei den regelmäßigen Hip-Hop-Partys kämen beispielsweise mehr Menschen mit Migrationshintergrund als zu Techno-Partys.

Der Noho Club liegt am Nobistor 10 in Hamburg. Hier wird zu Hip Hop wie zu Techno getanzt.
Der Noho Club liegt am Nobistor 10 in Hamburg. Hier wird zu Hip Hop wie zu Techno getanzt. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Darüber hinaus würden einige Türsteher auch aus Rücksicht auf die Besucherinnen und Besucher nur uneindeutige Begründungen für die Ablehnung geben. „Zu alt“ könne also auch beispielsweise heißen, dass man zu spießig aussehe. Außerdem betont Becker: Wenn man trotz bereits gekaufter Tickets keinen Einlass erhalte, „kriegt man sofort sein Geld zurück. Ohne Diskussion.“

Noho an der Reeperbahn: „Wenn man nicht reinkommt, ist man halt frustriert“

In den Google-Rezensionen des Clubs werden ähnliche Vorfälle wie beim NDR beschrieben. User „Noah“ schreibt: „Angeblich war der Laden voll. Interessanterweise wurden nach uns alle Frauen und als deutsch identifizierbare Gäste hereingelassen. Als Mensch mit Migrationshintergrund aus dem Orient oder Mittleren Osten ist man hier auch mit einem passenden Dresscode anscheinend nicht willkommen.“

Laut Becker sei es als Club mit strengerer Einlasspolitik fast unmöglich, durchschnittlich hohe Google-Bewertungen zu bekommen. „Wenn man nicht reinkommt, ist man halt frustriert. Oft ist es aber auch nur eine Sekundenentscheidung der Türsteher“, so Becker. An einem Wochenende könne man Glück haben und eine tolle Zeit im Club verbringen, am nächsten Wochenende passe dann der Stil vielleicht nicht, und man stehe vor verschlossener Tür.

Rassismus-Vorwurf: Abgewiesener Partygänger appelliert an Zeugen

Ein abgewiesener Partygänger sagte gegenüber dem NDR: „Ich finde, diese Clubs sollten aufhören, damit davonzukommen.“ Es sei ein „Scheiß-Gefühl“ – „man fühlt sich alleine“. Er appelliert deshalb an Zeugen, sich in solchen Fällen einzumischen und sich zu positionieren.

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Laut Becker arbeite man schon länger an einem Tool für die Website, um potenzielle Probleme an der Tür und im Club vermelden zu können. „Wir überlegen auch, eine dritte Partei dazuzuholen, um das zu überblicken“, so Becker. So sollen Vorfälle dokumentiert und Beschwerden objektiv bearbeitet werden können. Auch gegen Belästigungen könne das Tool helfen, und die Türpolitik besser erklären.

Noho Club in Hamburg: DJ spielt Skandal-Song – und muss gehen

Laut NDR soll auch der mittlerweile deutschlandweit bekannte Song „L‘Amour toujours“ kurz nach Bekanntwerden des Sylt-Videos im Noho gelaufen sein. Becker bestätigt dem Abendblatt, dass der Song trotz vorheriger Bitte, diesen nicht aufzulegen, von einem DJ gespielt worden sei. Dieser DJ habe allerdings zum ersten Mal in dem Club aufgelegt und die Nachricht, die an einen Verteiler mit mehreren DJs ging, daher nicht erhalten.

„Uns hat sehr gefreut, dass unser gesamtes Personal sofort zum DJ gegangen ist und das Lied unterbunden hat“, so Becker. Außerdem hätten die Besucherinnen und Besucher bis dahin nur den regulären Liedtext gesungen. „Der DJ war einsichtig, wurde für den Abend aber nach Hause geschickt“, so Becker.