Hamburg. Vier Jahre lang dauerten die Sanierungsarbeiten an den Kandelabern. Komplett ist das besondere Bauwerk aber noch nicht.
- Lombardsbrücke: Historische Lampen an der Alster in Betrieb.
- Abnahme nach Lichttest durch Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG).
- Lombardsbrücke erhält weitere Laternen, die seit 1953 verschwunden sind.
Ralf Gerhardt ist eine imposante Erscheinung. Knapp zwei Meter groß, Hände wie Bratpfannen. Der Kunstschmied, der für die Sanierung der historischen Lampen – im Fachjargon Kandelaber genannt – auf der Lombardsbrücke verantwortlich ist, wirkt nicht wie jemand, der nah am Wasser gebaut ist.
Als am Mittwochmorgen die vier Lampen per Kran aber endlich an ihren jeweiligen Platz gehoben wurden, wurden seine Augen an der Alster feucht. „Es kommt wirklich nicht oft vor, dass ich Pipi in den Augen haben, aber das ist ein erhabener Moment. Dieses Projekt ist etwas Besonderes für mich. Diese Lage, die Tatsache, dass die Brücke wieder so schön ist wie früher. Einfach geil“, schwärmt Gerhardt.
Vor allem eine Tatsache berührt den Kunstschmied besonders. „Ich habe viel recherchiert und vor Beginn der Sanierung ein Bild dieser Brücke von 1883 gesehen. Und die Kandelaber sehen jetzt genauso aus wie damals. Einfach gigantisch“, sagt Gerhardt.
Lombardsbrücke: Sanierung des Hamburger Wahrzeichens in Thüringen und Frankreich
Am Montag hatte der Aufbau der Lampen begonnen, der bis Freitag abgeschlossen sein soll. Für die Arbeiten wurde extra eine Fahrspur abgesperrt. Am Donnerstagabend stand der abschließende Beleuchtungstest an, anschließend erfolgt die Abnahme durch den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Es wird das große Finale eines langwierigen Sanierungsmarathons. Um 22.08 Uhr erstrahlte die Lombardsbrücke in voller Schönheit.
Im November 2019 wurden die historischen Lampen auf der Lombardsbrücke demontiert und zur Sanierung zu Gerhardt nach Neustadt an der Orla in Thüringen transportiert. Das Unternehmen ist auf Denkmalpflege spezialisiert. „Sanierung bedeutete in dem Fall, dass wir die Kandelaber in 206 Einzelteile zerlegt haben. Das war wie Lego in Groß, für Erwachsene. Wir haben jedes einzelne Teil saniert, angepasst, neue Verschraubungen vorgenommen, fehlende Teile ersetzt. Dann haben wir alles gereinigt, konserviert und neu beschichtet. Ein wahnsinnig zeitintensiver Prozess“, sagt Gerhardt.
Was das Projekt zusätzlich noch komplizierter machte: Weil es nur grobe Skizzen von den historischen Kandelabern gab, mussten der Restaurator und der Fachbauleiter erst neue, detaillierte Pläne erstellen. Zudem gab es viele historische Auflagen, die bei den Arbeiten an den Laternen berücksichtigt werden mussten. „Man fühlte sich bei den Auflagen wie auf einem anderen Planeten. Es war viel Fingerspitzengefühl bei der Sanierung notwendig. Bevor man ein Teil weiterverarbeitet hat, haben wir es 20-mal in die Hand genommen. Vor allem die neue Beleuchtungstechnik zu integrieren war schon diffizil“, gesteht Gerhardt.
Lombardsbrücke: Donnerstag wird moderne Lichttechnik getestet
Da es in Deutschland kaum noch Eisenkunstgießereien gibt, die einen Auftrag in dieser Komplexität meistern können, wurden die Teile der Hamburger Kandelaber in Lyon gegossen. Gerhardt war zweimal in Frankreich, um sich selbst ein Bild zu machen. „Viele dieser Gießereien existieren in Deutschland einfach nicht mehr, auch weil sie kein Personal finden“, sagt Gerhardt, der in seiner Firma neun Mitarbeiter beschäftigt – vier davon sind derzeit an dem Projekt in Hamburg beteiligt. „Wir arbeiten in einer totalen Nische, sodass wir in dem Bereich praktisch ein Großbetrieb sind.“
Montag wurden zunächst die vier Standrohre aus Edelstahl auf der Lombardsbrücke montiert. „Das ist sozusagen das Rückgrat der Kandelaber“, sagt Gerhardt. Es folgen die jeweils 800 Kilogramm schweren Sockel aus Gusseisen, ein Mittelteil sowie die verspielte Spitze mit den Lampen. Während das historische Äußere erhalten geblieben ist, wird das Innenleben modernisiert. Unter anderem kann künftig eingestellt werden, wie hart oder weich das Licht werden soll. Zudem ist die neue Technik energiesparender.
Seit 1953 verschwunden: Vier weitere Kandelaber werden auf Lombardsbrücke montiert
Bei dem Test am Donnerstagabend soll das Licht so angepasst werden, dass es zu der bereits installierten Beleuchtung der Geländer und die der Durchfahrt der Alsterschiffe passt. „Für uns ist es eine tolle Referenz. Es ist wirklich ein herausragender Auftrag, handwerklich sehr anspruchsvoll“, sagt Gerhardt.
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Da passt es gut, dass noch mehr Arbeit für den Kunstschmied aus Thüringen und sein Team folgt. Wie das Abendblatt erfuhr, werden auf der Lombardsbrücke vier weitere Kandelaber auf der Seite zur Außenalster montiert, die aktuell in Lyon gegossen werden.
Die historischen wurden im Zuge der Verbreiterung der Brücke im Jahr 1953 abgebaut und sind seitdem nie wieder aufgetaucht. Einen genauen Termin, wann diese historischen Laternen aufgebaut werden, gibt es noch nicht. Die Arbeiten sollen aber bis Ende Juli abgeschlossen sein.