Hamburg. Demonstrant will Ingewahrsamnahme verhindern und wird weggetragen. Protest vor Polizeiwache. Weitgehend friedliche Lage am Rathaus.
Der Protest gegen die AfD-Veranstaltung im Hamburger Rathaus, bei der auch der umstrittene Anwalt Ulrich Vosgerau zu Gast war, ist am Donnerstag weitgehend friedlich verlaufen. Am frühen Abend hatte die Polizei mit der Auflösung einer „verbotenen Versammlung“ der Interventionistischen Linken begonnen.
Alle auf dem Rathausmarkt Versammelten wurden um kurz nach 18 Uhr aufgefordert, den Platz zu verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich etwa 100 Menschen auf dem Rathausmarkt versammelt, unter ihnen vermutlich rund 50 bis 60 links orientierte Menschen.
Kurz darauf wurden auf der Reesedammbrücke zwischen Kleiner Alster und Binnenalster etwa 300 dem linken Spektrum zugerechnete Menschen ausgemacht. Bis zu 25 von ihnen sollten der „harten“ autonomen Szene angehört haben. Auf dem Rathausmarkt wurden die Teilnehmer derweil unter Androhung von Ordnungsgeldern vertrieben.
Bei starker Polizeipräsenz waren zunächst aber weder Transparente noch Sprechchöre zu vernehmen. Später wurde unter anderem „Alle zusammen gegen den Faschismus“ skandiert. Die Polizei wies per Lautsprecher auf das Versammlungsverbot wegen einer Bannmeile hin. Vereinzelt bewegten sich Gruppen und Polizeibegleitung weg vom Rathausmarkt.
Dort wurde vorübergehend das Licht ausgeschaltet, die Lage war zunächst eher ruhig. Kleingruppen wurden von der Polizei angesprochen und gebeten, Platz zu machen. Gegen 19.20 Uhr versuchten an der Bergstraße dann etwa 25 bis 30 Personen, eine Polizeikette zu durchbrechen. Sie konnten aber gestoppt werden.
Während im Rathaus die AfD-Veranstaltung mit Gastredner Vosgerau planmäßig anlief, stellte die Polizei direkt vor dem Gebäude die Personalien mehrerer Demonstranten fest. Ein Mann wurde in Gewahrsam genommen. Er hatte laut Lagedienst versucht, die Tür zur Rathausdiele zuzuhalten und wollte so offenbar verhindern, dass weitere Politiker in das Gebäude gelangen. Ein Mann, der dies durch eine Blockade des Streifenwagens verhindern wollte, wurde von Beamten weggetragen. Seine Personalien wurden ebenfalls festgestellt.
Im Anschluss an die Ingewahrsamnahme kam es zu einer Protestaktion vor der Polizeiwache an der Caffamacherreihe, wo etwa 15 Personen die Freilassung des Mannes forderten. Der Protest löste sich nach einiger Zeit aber wieder auf.
Antifa-Protest gegen AfD-Veranstaltung im Hamburger Rathaus
Die Interventionistische Linke hatte zuvor zum Protest aufgerufen. Die Organisation teilte mit, dass ab 18 Uhr mehrere antifaschistische Gruppen an der Aktion teilnehmen wollten. „Kein Mensch wird diese Veranstaltung ohne unseren wütenden Protest besuchen können“, sagte Timm Kamp von der Interventionistischen Linken. „Nehmen wir das Verbot der AfD selbst in die Hand.“
Laura Kröger, ebenfalls Teil der Organisation, erklärte: „Mit Hunderttausenden waren wir in den letzten Wochen auf der Straße, um klare Kante gegen den Rechtsruck und die AfD zu zeigen. Wir sind die Brandmauer und verteidigen die Migrationsgesellschaft. Vosgerau und die Deportationspläne der AfD haben im Rathaus nichts zu suchen!“
Auch „Omas gegen Rechts“ protestieren gegen AfD
Auch die „Omas gegen Rechts“ wollten mit einer Mahnwache auf dem Rathausmarkt darauf aufmerksam machen, wie „verlogen und gefährlich die AfD ist“. Ihre Botschaft: „Keine Nachspielzeit für Nazis.“
Um 20 Uhr sollte das AfD-Event „Fraktion im Dialog“ im Rathaus starten. Geplant war, dass der Jurist Vosgerau über das Geheimtreffen in Potsdam berichtet, das in den vergangenen Wochen für ein gewaltiges Echo und eine enorme Protestbewegung gesorgt hat. Er war einer der Teilnehmer dieser Zusammenkunft, deren Vorhaben vom Recherche-Netzwerk Correctiv unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ aufgedeckt worden waren. In Potsdam sollen Unternehmer sowie AfD- und CDU-Funktionäre einen Plan für die „Remigration“ von Millionen Menschen geschmiedet haben.
Ulrich Vosgerau soll der AfD als Teilnehmer vom Potsdamer Treffen berichten
Unter der Überschrift „Was passierte in Potsdam wirklich?“ soll Vosgerau am Donnerstag den Anwesenden der AfD-Fraktion sowie weiteren Gästen seine Version berichten. Dem möchten die antifaschistischen Gruppen entgegentreten. Sie wollten sich daher am Rathausmarkt treffen, um – wie es in der Mitteilung hieß – „die AfD-Veranstaltung zu verhindern“.
Bei der Hamburger Polizei waren zwei Versammlungen angemeldet worden, erklärte Sprecher Holger Vehren. Sie stünden jeweils im Zusammenhang mit der besagten AfD-Veranstaltung und lägen außerhalb der Bannmeile.
- Eine Privatperson hatte für die Zeit zwischen 18.30 und 23 Uhr eine Versammlung am Jungfernstieg/Ecke Reesendamm angemeldet. Das Motto: „Kein Dialog mit der AfD!“ Erwartet werden etwa 50 Teilnehmer.
- Das Bündnis „Omas gegen Rechts“ hatte zudem für die Zeit zwischen 19.30 Uhr und 22 Uhr eine Mahnwache am Neuen Wall/Ecke Schleusenbrücke angekündigt. Auch bei dieser Demo rechneten die Veranstalter mit rund 50 Teilnehmern.
Darüber hinaus rechneten die Ordnungshüter mit weiteren Versammlungen und Protesten, die sich in der Nähe des Rathauses formieren könnten. Dabei könnte eine dreistellige Zahl an Beteiligten zusammenkommen, erklärte Vehren.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Protestler versuchen werden, die öffentliche AfD-Veranstaltung im Rathaus zu stören. Um für Sicherheit zu sorgen, werde die Polizei „mit einem adäquaten Kontingent an Einsatzkräften vor Ort sein“.
Verfassungsschutz stuft Interventionistische Linke als extremistisch ein
Die Interventionistische Linke wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft. In der Kritik steht die Gruppierung auch, weil sie sich nach den schweren Krawallen während des G20-Gipfels in Hamburg nicht klar von den gewalttätigen Ausschreitungen distanziert haben soll.
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Erst Anfang Februar hatte es nahe dem Hamburger Rathaus einen Zwischenfall mit Linksextremen gegeben. Nachdem die Polizei eine spontane Anti-AfD-Kundgebung auf dem Rathausmarkt aufgelöst hatte, kam es zu Widerstandshandlungen. Mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen.