Hamburg. Nachfrage ist hoch, obwohl das Traditionsessen wieder einen hohen Preis hat. Die Hintergründe und welche Restaurants was anbieten.
Sie ist ein „Klassiker der Küche“, gehört auch in Norddeutschland zwischen dem 11. November, dem Martinstag, und den Weihnachtsfeiertagen für viele Familien einfach dazu: eine knusprig gebratene Gans mit Rotkohl, Klößen und viel dunkler Sauce. Die Nachfrage nach dem Traditionsessen ist auch in diesem Herbst ungebrochen hoch, wie rund ein Dutzend Hamburger Gastronomen dem Abendblatt bestätigen – auch wenn das Geflügel seinen (hohen) Preis hat.
Zwischen 250 und 320 Euro müssen Hamburger in diesem Jahr für die Weihnachtsgans, die in der Regel vier Esser satt macht, im Restaurant ausgeben. Der beliebte Braten sei damit etwa so teuer wie im vergangenen Winter, heißt es beim Geflügelwirtschaftsverband. Allerdings war der Preis im Jahr 2022 um knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Gastronomie Hamburg: Gänse haben 2023 wieder „ordentliche Größe“
Hatten Geflügelzüchter 2021 im Schnitt rund 14,50 Euro pro Kilo verlangt, waren es ein Jahr später 16,50 Euro. Hauptgrund: die damals grassierende Vogelpest, die den Bestand stark reduziert hatte. Die explodierenden Energiepreise und die angestiegenen Gehälter für die Mitarbeiter in der Gastronomie schlugen dann im Restaurant zusätzlich auf die Rechnung.
„Im vergangenen Jahr waren die Gänse wegen der Geflügelpest recht klein, in diesem Jahr gibt es wieder ordentliche Ware“, sagt Yvonne Tschebull, die mit ihrem Mann Alexander das beliebte österreichische Restaurant Tschebull im Levantehaus führt. 280 Euro kostet die Freilandgans aus der Lüneburger Heide inklusive Beilagen dort in diesem Jahr.
„Das ist wie im Vorjahr, als der Preis halt aus verschiedenen Gründen richtig in die Höhe gegangen ist“, sagt die Gastronomin, die eine „sehr gute Reservierungslage“ verzeichnet und allein für die ersten Tage rund 70 Gänse bestellt hat.
Gastronomie Hamburg: Gänsebraten im Restaurant Lenz – 248 Euro
Auch das Restaurant Lenz in Duvenstedt ist am Martinstag bereits „komplett ausgebucht“, wie Leslie Himmelheber sagt. 248 Euro nimmt er für einen Gänsebraten „to go“ (für vier Personen) mit Rotkohl, acht Kartoffelklößen, Sauce, Apfelkompott und Preiselbeeren, beziehungsweise 62 Euro pro Gast im Restaurant.
Zum Vergleich: 2021 hatte der Gänsebraten mit Beilagen beim ihm nur 192 Euro gekostet. „Was soll man machen? Der Einkaufspreis ist gestiegen und dann ist die Gans vier Stunden im Ofen und auch Rotkohl und Sauce kochen lange. Und das bei den Energiepreisen. Alles wird teurer, aber wir haben den Preis für den Braten bewusst stabil gehalten“, sagt Himmelheber, der für seine Gänse und Enten bekannt ist, von Stammkunden deshalb schon „Duckman“ genannt wird und zum privaten Gänseessen auch gern von prominenten Kollegen aus der Hamburger Gastronomie besucht wird.
Weihnachtsgans in Hamburg: Tierwohl und Fleischqualität haben ihren Preis
Die Fleischqualität sei ihm „extrem wichtig“, sagt Leslie Himmelheber, der seine Gänse vom Hof Hellfritz in Alveslohe bezieht. „Die Tiere bekommen dort ausschließlich Futter aus eigenem Anbau – und pro Schnabel, wie es so schön heißt, hat dort jede Gans bis zu 30 Quadratmeter frische Grünfläche zur Verfügung.“
Hervorragende Qualität habe ihren Preis, sagt auch Hannes Schröder, der in Hamburg derzeit sieben Restaurants betreibt – darunter die Küchenfreunde. Den Preis für den Gänsebraten, der bei ihm „to go“ (also zur Zubereitung zu Hause) ab 195 Euro zu haben sei, habe auch er im Vergleich zum Vorjahr konstant gehalten. „Obwohl wirklich alle Kosten drumherum weiter gestiegen sind.“
Das Drei-Gang-Menü mit Hofkürbis-Cremesuppe, Gänsebraten im Hauptgang und Apfel-Crumble zum Dessert wird im Lokal für 69 Euro pro Person serviert. „Uns ist ja bewusst, dass das Leben für alle teurer geworden ist. Da kann man die Preise auch nicht ständig steigern – irgendwann kommt halt auch der Gast an seine Grenze“, sagt Schröder. Wer noch bis Sonnabend, 11. November, den Braten beispielsweise für die Weihnachtsfeiertage bei den Küchenfreunden vorbestelle, bekomme eine Flasche Grauburgunder gratis dazu.
Trend in Hamburg: Gänsebraten mit bis zu sechs Personen teilen – so wird es günstiger
Hannes Schröder sieht den Trend, dass sich manche einen Gänsebraten, der generell auf vier Esser ausgerichtet ist, zu Sechst teilen. „Dann wird es natürlich pro Kopf günstiger“, sagt der Gastronom. Außerdem passe das zum Zeitgeist und der Haltung, grundsätzlich etwas weniger Fleisch zu essen. Die Nachfrage sei hoch. „Wir haben auch wirklich viele Stammgäste, die ihren Gänsebraten schon seit Jahren bei uns holen.“
Letzteres gilt auch für Brechtmanns Bistro in Eppendorf, wo die knusprige Vier-Kilo-Gans aus Oldenburg mit Beilagen in diesem Jahr 279 Euro kostet; oder auch für das Steigenberger Hotel Treudelberg im Alstertal, wo die „Gans to go“ mit Beilagen, die ausschließlich für den 24. bis 26. Dezember vorzubestellen ist, mit 250 Euro veranschlagt ist.
Hotel Atlantic: Auch im Nobelhotel an der Alster steht Gans auf der Speisekarte
Im Hotel Atlantic stehen „selbstverständlich“, wie Direktor André Vedovelli sagt, ab 11. November ebenfalls frische Gänse auf der Speisekarte. Das Geflügel stammt vom Cassenshof am Rande der Lüneburger Heide, einem Familienbetrieb, der größten Wert auf das Tierwohl legt.
Atlantic-Küchendirektor Nils Ulott und dessen Team bereiten die Gans (mit 24 Stunden Vorbestellung) in zwei Gängen zu: vorweg als Consommé mit Wurzelgemüse, dann im Hauptgang Brust und Keule mit Jus, Rotkohl, Maronen, Kartoffelklößen und Bratapfel. Der Preis liegt bei 289 Euro für vier Personen. „Wir sehen schon, dass dieses Angebot sehr, sehr gut bei unseren Gästen ankommt“, sagt Atlantic-Direktor Vedovelli.
- Alster: Romantische Glashäuschen sind zurück in Hamburg und ernten Kritik
- Restaurant Hamburg: Portonovo-Chef über Aus an Alster – „wie Stich in die Brust“
- Tim Mälzer macht jetzt auch Supermarkt-Eis – wo man es in Hamburg kaufen kann
Gans für 320 Euro – Restaurant Hygge im Landhaus Flottbek erläutert „Fixpreis“
Vom Cassenshof, den er sich auch selbst angesehen habe, bezieht auch Nils Jacobsen vom Restaurant Hygge im Landhaus Flottbek seine Gänse. Der Braten kostet dort in diesem Jahr 320 Euro, im vergangenen Jahr waren es 295 Euro.
„Die Energiepreise und auch die Personalkosten sind schlicht gestiegen, das ist ja bekannt“, sagt der Gastronom. Aber stolze 320 Euro? „Achtung beim Vergleich“, sagt Nils Jacobsen, denn im Hygge sei das ein „Fixpreis“, gelte also auch, wenn eine Gruppe aus sechs Gästen bestehe. „In anderen Restaurant ist der Preis immer auf vier Gäste angelegt und selbst, wenn man sich dort einen Braten zu Sechst teilen möchte, zahlen halt die beiden zusätzlichen Gäste drauf.“