Hamburg. Claudio Spinsanti renoviert am neuen Standort in der Milchstraße und blickt zurück auf eine herbe Enttäuschung.
Während andere in dieser Lage aufgescheucht herumrennen würden, schafft Claudio Spinsanti noch ein überzeugendes Lächeln. Welches sein Gesicht auch weiterhin ziert, als der Blick durch den Gastraum seines Restaurants wandert: Das Portonovo in der Milchstraße 7 in Hamburg ist eine einzige Baustelle. Dort, wo in wenigen Stunden die bereits reservierten Tische mit Gästen stehen werden, zieren Werkzeuge, Abdeckfolie und Farbeimer den Boden. „Wir hatten uns nur zwölf Tage Zeit gegeben“, sagt der Gastronom, der vor wenigen Monaten gezwungen war, sein Lokal mit Standort Alsterufer aufzugeben. „Das muss reichen, das wird reichen.“
Spinsanti erzählt von der neuen Wandfarbe, „Antikrosa“ statt Weiß – kombiniert mit dunkelgrünen Fußleisten. Er zeigt die neuen Stühle: Die Lehnen aus Wiener Geflecht, graues, feines Leder die Sitzfläche. „Alles etwas anders, moderner, dennoch gemütlich“, so möchte er den Stil verstanden wissen, der sich vom Interieur seiner Vorbesitzerin, der Spitzenköchin Anna Sgroi, abhebt. „Wir mussten hier erst einmal ankommen, uns einfühlen, und jetzt geben wir diesem besonderen Ort auch in der Einrichtung eine eigene Note“, sagt Spinsanti.
Portonovo in Hamburg: Chef Spinsanti war „schwer enttäuscht“
Damit spielt der Familienvater aus Ancona, der in Hamburg auch dadurch bekannt wurde, weil er 20 Jahre lang das La Vela an der Elbe führte, auf die turbulenten Ereignisse an, die vor der überraschenden Eröffnung des Portonovo in der Milchstraße am 1. Mai 2023 lagen: 2008 hatte Spinsanti das Restaurant an seinem ursprünglichen Ort, direkt an der Alster und somit in bester Lage, übernommen, es galt als „Wohnzimmer der Prominenz“, hier wurde gern gefeiert,, und die Alsterlage bescherte ihm viele Touristen als Gäste.
Dann das jähe Aus, da der Pachtvertrag im Frühjahr 2023 nur verlängert worden wäre, wenn Spinsanti ordentlich draufgezahlt hätte. „Ich sollte mehr als 50 Prozent zusätzliche Miete zahlen“, sagte er. Tat er aber nicht. Zwei aus seinem Team schon: Skender Kenny Musta und Naim Salihu, beides langjährige Angestellte Spinsantis, wurden die neuen Geschäftsführer und nannten das Portonovo in Portolino um.
Für Spinsanti kam diese Nachricht völlig überraschend: „Es gab diese Unruhe unter den Mitarbeitern, das spürte ich natürlich, aber als die beiden mir das sagten, das war wie ein Stich in die Brust“, sagt Spinsanti und schlägt sich mit der flachen Hand auf sein Hemd unterhalb des Schlüsselbeins. Eine herbe Enttäuschung von zwei langjährigen Weggefährten.
Claudio Spinsanti: „Ich lasse mir die Butter nicht vom Brot nehmen“
Doch rasch gibt er sich wieder kämpferisch. „Aber ich lasse mir die Butter nicht vom Brot nehmen“, sagt er, der seit seinem Umzug nach Deutschland acht Läden führte, aktuell den Landgasthof Hollenstedter Hof mit Hotel in der Nordheide, den Weingroßhandel La Cantina Italiana in Buxtehude und eben das – nun eben an anderem Standort eröffnete und etablierte – Portonovo.
Im Gegensatz zur Alsterlage verkauft er an der Milchstraße nun mehr Fischgerichte: Der Steinbutt (39 Euro) werde gern gegessen, und auch beim Tatar von roten Scampi (23 Euro) sei die Nachfrage enorm. Sowieso, die 75 Sitzplätze – mit der Renovierung kommen 15 Plätze dank eines Durchbruches hinzu – seien bestens gebucht.
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Schnell heitert sich Spinsantis Gesicht wieder auf. Er hätte kürzertreten, sich aus der Hamburger Gastronomie-Welt zurückziehen können. Wollte er aber noch nicht. „Ich bin fleißig, ich arbeite gern und fühle mich bei meiner Arbeit wohl“, sagt der dreifache Vater, der auf einem Weingut groß wurde und jeden Tag arbeitet.
Portonovo-Betreiber: „Ich wollte unbedingt schnell wieder eröffnen“
Neun Mitarbeiter kamen mit ihm in die Milchstraße, zwei blieben an der Alster. „Ich wollte unbedingt schnell wieder eröffnen, weil ich mein Team schätze, da hängen Familien dran. Ich wollte sie nicht verlieren“, erklärt er. „Hätte ich länger gebraucht, um einen neuen Standort fürs Portonovo zu finden, dann wären sie weg gewesen.“
Und der Personalmangel, der sei – naturalmente – auch in der Gastronomie zu spüren. Gute Kellner, die müsse man halten. „Auch, wenn die Personalkosten im Gegensatz zu vor Corona gut 40 Prozent gestiegen sind“, sagt der Gastro-Unternehmer. Dazu die Ware, die sei „fast unbezahlbar“, die Energiekosten, „die erschlagen uns“, dann noch die geplante Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent.
Alles Argumente zum Aufhören. Aufhören? „Nein, nein!“, sagt Spinsanti und lacht überzeugend. „Ich mache immer weiter. Vor allem hier, an der Milchstraße, wo die Gäste zum Vorstellen kamen, als ich eröffnete. Das war wie in einem kleinen italienischen Dorf. Das war wunderbar, bellissimo.“