Hamburg. Auf der Fläche soll ein Neubau mit Büros, Wohnungen und Gastro entstehen. Warum aus dem 250-Millionen-Projekt erst mal nichts wird.
- Die Bauarbeiten auf dem ehemaligen Areal der Gänsemarkt-Passage sind vorerst gestoppt.
- Kommunalpolitiker sind in Sorge. Unter anderem die SPD fordert eine schnelle Fortsetzung.
Der Elbtower in der HafenCity hat die 100-Meter-Marke geknackt. Doch während der Wolkenkratzer kontinuierlich wächst, wurde ein weiteres Prestigeprojekt des Immobilienunternehmens Signa im Herzen der Hamburger Innenstadt nach Abendblatt-Informationen zunächst gestoppt.
Die Rede ist von dem rund 3900 Quadratmeter großen Areal, auf dem mehr als 40 Jahre lang die Gänsemarkt-Passage stand. Der Gebäudekomplex wurde bis Ende April dieses Jahres abgerissen – und der Neubau vorbereitet. Dafür wurden die Gründungspfähle für das spätere Fundament in den Boden eingelassen.
Hamburger City: Am Gänsemarkt gehen die Bauarbeiten nicht voran
Doch jetzt liegt die Fläche brach. Nur noch ein paar Baufahrzeuge sind dort zu sehen. Es werden Restarbeiten erledigt. Eigentlich soll dort bis Ende 2025 ein Neubau entstehen. Geplant ist ein Komplex mit drei Baukörpern, die mit den denkmalgeschützten Häusern an den Colonnaden zwei öffentliche Innenhöfe und einen privaten Wohnhof umschließen. Das Projekt hat den Namen „Am Gänsemarkt“, auf 17.000 Quadratmetern sind Flächen für Einzelhandel, Gastronomie und Büros sowie 22 Wohnungen in den oberen Etagen geplant, davon sechs Sozialwohnungen. Aber daraus wird nun erst mal nichts mehr.
Auch dem zuständigen Bezirk Mitte soll die Signa, die zum weit verzweigten Firmengeflecht des österreichischen Milliardärs René Benko gehört, dem Vernehmen nach mitgeteilt haben, dass auf dem Grundstück zunächst keine Bautätigkeit aufgenommen wird.
Die Politik ist in Sorge. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte dem Abendblatt: „Das ist ein schlechtes Signal, dass die Signa dieses Projekt mitten am Gänsemarkt nicht wie geplant realisiert. Für die Stadtentwicklung wäre es fatal, wenn wir in dieser exponierten Lage in der Innenstadt für die nächsten Jahre eine Brachfläche hätten.“
SPD-Fraktionschef Kienscherf setzt Signa unter Druck: „Baustart so schnell wie möglich“
Kienscherf spricht Klartext. „Wir erwarten von der Signa, dass sie nun alles daransetzt, um für den Gänsemarkt eine Lösung zu finden. Und die kann nur sein: ein Baustart so schnell wie möglich.“
Der Grund für den Baustopp ist einfach erklärt: Die Signa hat noch keine Mieter für das Objekt gefunden. Der größte Anteil sind mit rund 11.700 Quadratmetern die Büroflächen. Es ist allgemein bekannt, dass es davon in Hamburg ein Überangebot gibt.
Die Banken geben erst Kredite für die Realisierung eines Bauvorhabens – es ist von einer Investition von 250 Millionen Euro die Rede –, wenn ein entsprechender Vorvermietungsstand nachgewiesen werden kann.
Immobilien Hamburg: Signa sucht Mieter für das Projekt „Am Gänsemarkt“
Wie hoch die Vorvermietungsquote sein muss, dazu konnte ein Signa-Sprecher auf Abendblatt-Anfrage nichts sagen. Aber dafür zur aktuellen Situation. „Für unser Projekt ,Am Gänsemarkt‘ haben wir eine Projektphase der Gründung der Fläche als Teil der bauvorbereitenden Maßnahmen Anfang Oktober 2023 wie geplant abgeschlossen. Parallel haben wir mit der nächsten Phase, der Vermietung des Projekts, begonnen, die eine Voraussetzung für die erfolgreiche Realisierung eines Projekts ist.“
Der Signa-Sprecher führte weiter aus: „Wir führen aktuell vielversprechende Gespräche mit mehreren Mietinteressenten. Sobald der notwendige Vorvermietungsstand erreicht ist, werden wir mit der nächsten Projektphase beginnen.“
Damit ist die Aufnahme der Bautätigkeit gemeint. Es dürfte nach Meinung von Branchenkennern noch Monate oder auch länger dauern, bis die erforderlichen Mieter stehen und die Projektentwickler dann mit dem Bau des neuen Quartiers starten können. Eine Herausforderung dürfte auch sein, für die insgesamt rund 4244 Quadratmeter Mieter zu finden, die für Gastronomie und Handel vorgesehen sind.
Signa hat zahlreiche Immobilien in Hamburg – auch das Alsterhaus gehört dazu
Die Immobilienbranche steckt in einer Krise, und davon wird auch die Signa nicht verschont. Um wieder Geld in die Kasse zu bekommen, verkauft man Immobilien aus dem reichhaltigen Portfolio. In Hamburg gibt es dafür zahlreiche Optionen: Die Signa nennt eine Vielzahl von Premiumimmobilien ihr Eigen.
Dazu gehören unter anderem der Shoppingtempel Alsterhaus am Jungfernstieg und das Kaufmannshaus an den Großen Bleichen. Auch das Gebäude der Hamburg Commercial Bank (HCOB) am Gerhart-Hauptmann-Platz sowie das Galeria-Warenhaus (ehemals Karstadt) an der Mönckebergstraße befinden sich im Eigentum der Signa.
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Inwiefern eines der eben benannten Objekte zum Verkauf steht, ist nicht bekannt. „Ankauf, Entwicklung und Verkauf sind für uns als Investor und Projektentwickler Kern und Wesen unseres Tuns und daher ein völlig normaler Prozess“, sagt der Signa-Sprecher. „Allein in den vergangenen fünf Jahren haben wir gruppenweit Immobilien im Wert von fünf Milliarden Euro veräußert.“ Und das gilt auch für Hamburg. „Wir sondieren für einzelne Projekte laufend den Markt.“
Hamburger City: Die Flüggerhöfe am Rödingsmarkt möchte die Signa verkaufen
Ein weiteres Projekt der Signa sind die Flüggerhöfe am Rödingsmarkt. Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble wird bis 2024 fertiggestellt. Dort sollen Flächen für Büros, Wohnungen und Einzelhandel entstehen. Auch für die Flüggerhöfe sucht die Signa nach Abendblatt-Informationen einen Käufer.
Unterdessen soll das Grundstück am Gänsemarkt im Portfolio verbleiben. Das Projekt stehe nicht zum Verkauf, sagte der Signa-Sprecher.