Hamburg. Historisches Gebäude an der Dammtorstraße sollte überstrichen werden. Warum sich die Pläne für das besondere Haus änderten.
Das 1882 erbaute Geschäftshaus an der Dammtorstraße, zwischen Staatsoper und Gänsemarkt in der Hamburger City, war schon vorher ein Hingucker. Pittoreske Erker und hübsche Ornamentik, alles hell gestrichen, verliehen ihm Eleganz. Erst recht, nachdem es 2008 aufgestockt und im Erdgeschossbereich umgebaut worden war.
Dort, wo heute Budnikowsky sitzt, war damals eine hässliche, nachträglich angebrachte Verkleidung entfernt und die Fassade rekonstruiert worden. Anschließend hatte man das ganze Haus wieder im vermeintlich originalgetreuen Schneeweiß gestrichen.
Hamburg-City: „Wunderbare Überraschung“ bei Denkmalsanierung von Budnikowsky-Haus
Jetzt sollte das Gebäude direkt gegenüber dem Deutschlandhaus einen sogenannten Überholungsanstrich bekommen. Doch daraus wurde nichts – stattdessen gab es eine Entdeckung, die Katrin Hotop vom Denkmalschutzamt eine „wunderbare Überraschung“ nennt.
2008 war eine Farbe verwendet worden, die sich nicht fürs Überstreichen geeignet hätte. „Das hätte Blasen gegeben“, sagt Architekt Hans-Dieter Schellberg, der die Arbeiten für die Eigentümerin des Gebäudes, die Haspa-Tochter Nord-Immo, durchführen sollte. Also habe man die oberen Farbschichten abbeizen wollen.
Unter Farbschicht befand sich Fassade mit vielen Schmuckelementen
Doch bei einer näheren Untersuchung stellte sich heraus, dass sich unter den vielen weißen Farbschichten die Originalfassade befand – und diese ganz anders aussah als angenommen. „Wir haben uns gewundert, als wir plötzlich auf sehr schöne Ziegel, gut erhaltene Fliesen und Natursteinelemente gestoßen sind“, so Schellberg, der das „die ganze für die Bauzeit typische Schmuckpalette“ nennt.
Der Impuls, alles freizulegen und zu sanieren, konnte aber nicht einfach so umgesetzt werden. Denn statt maximal 70.000 Euro für die Reinigung und einen neuen Anstrich lagen die Kosten für das komplette Abbeizen und die Restaurierung der Fassade jetzt bei etwa 250.000 Euro; außerdem müsste das Gerüst länger stehen.
Gänsemarkt: Historisches Gebäude nach Restaurierung „toller Auftakt“
Als das Denkmalschutzamt eine Förderung von 30.000 Euro zusagte, entschied sich Nord-Immo-Geschäftsführer Torsten Gerke für die aufwendige Restaurierung. Zum Vorschein kamen schöne Ornamentik, glasierte Steine, fein bearbeiteter Sandstein, backsteinerne Formziegel, Volute und Kapitelle.
Denkmalpflegerin Katrin Hotop freut sich über das Resultat. „Wir sind überwältigt von der Qualität dessen, was dort freigelegt wurde, und dem Bauherrn sehr dankbar, dass er die höheren Kosten nicht gescheut hat.“ Das Gebäude präsentiere sich jetzt ganz anders im Straßenraum und sei „ein toller Auftakt für den Gänsemark, ein stimmiges Gegenüber der Finanzbehörde und ein schöner Kontrapunkt zum modernen Deutschlandhaus“.
Hamburger Immobilie wichtiger Baustein stadtgeschichtlicher Entwicklung
Auch werde jetzt die Bedeutung sichtbarer, die das historische Geschäftshaus früher gehabt habe. „Nach Aufhebung der Torsperre 1860 spielte die Dammtorstraße eine wichtige Rolle. Entsprechend wurden an ihren Rändern repräsentative Häuser errichtet.“
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Bei deren Gestaltung habe man sich „der ganzen Klaviatur dessen bedient, was damals machbar war“. Die Nachbarhäuser seien im Krieg zerstört wurden, das Geschäftshaus das einzige seiner Art an der Dammtorstraße – und somit „ein wichtiger Baustein für die stadtgeschichtliche Entwicklung“, findet Katrin Hotop.
Da zur Bauzeit Fensterrahmen nicht weiß gestrichen wurden, schlug das Denkmalschutzamt ein Grau mit leichtem Grünstich vor, das gut zur Fassade passt. Gerke und Schellberg werden sie bald täglich vor Augen haben. Denn noch diesen Herbst ziehen Nord-Immo und Haspa ins gegenüberliegende Deutschlandhaus.