Hamburg. Volksinitiative hat 10.000 Unterschriften zusammen. Sie muss drei Hürden nehmen – und um junge Wähler buhlen. Was Rot-Grün sagt.

Die Hamburger Volksinitiative für ein Verbot des Genderns in der Verwaltung sowie in Bildungseinrichtungen will die notwendigen 10.000 Unterschriften für den ersten Schritt zu einem Volksentscheid am 21. Juli dem Senat übergeben. Initiativen-Sprecherin Sabine Mertens sagte dem Abendblatt, man habe mehr als die erforderlichen Unterschriften bereits beisammen. „Unterschriften, die bis spätestens 15. Juli 2023 bei uns eingehen, kommen noch in die Endauszählung.“ Es wird also weiter gesammelt.

Der Senat bestätigte dem Abendblatt, dass der Termin der Übergabe geplant sei. Wer die Liste entgegennehme, werde noch geklärt. Die Volksinitiative wendet sich dagegen, dass die bei Hamburger Behörden „Bediensteten zum Gebrauch der Gendersprache“ angehalten würden. Im Koalitionsvertrag gebe es „500 Gendersternchen“. Man setze sich für das „Standardhochdeutsch“ in der öffentlichen Kommunikation ein. Gendersprache sei „diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen“. Sie sei die „Sprache einer Minderheit in der Sprachgemeinschaft, die vorgibt, die Mehrheit zu repräsentieren“.

Gender-Initiative Hamburg: Mehr als 10.000 Unterschriften

Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hatte erklärt, ein Verbot der Gendersprache abzulehnen. Positiv formuliert: Der Senat hat in einer Handreichung zu „Gendersensible Sprache in der Verwaltung. Mehr Freiheit bei Drucksachen, Emails und Formulierungen“ mehr Formulierungsmöglichkeiten versprochen. So könnten „Gender-Stern oder Gender-Doppelpunkt verwendet werden“. Bei Anreden gebe es Alternativen, „die ohne Geschlechtsbezeichnung auskommen“. Formulierungsverbote sollten ausgeschlossen werden.

Sollten die 10.000 erforderlichen Unterschriften vorliegen, wird geprüft, ob die Unterstützer in Hamburg wohnen und wahlberechtigt sind, ob es keine Dopplungen gibt. Der Senat würde dann die Bürgerschaft informieren, dass sich eine Volksinitiative offiziell gebildet hat. Die Bürgerschaft könnte auch sofort einen von der Initiative eingereichten Gesetzentwurf beschließen. Doch das ist bei der rot-grünen Koalition unwahrscheinlich, die ein Verbot des Genderns ablehnt.

Volksentscheid gegen das Gendern? Das ist der Hamburger Weg

In einem zweiten Schritt kann die Anti-Gender-Initiative ein Volksbegehren beantragen. Dann hätten die Wahlberechtigten in Hamburg die Chance, sich in den Bezirksämtern oder bei der Initiative in Listen einzutragen, ob sie dem Gesetzentwurf zustimmen. Hier braucht die Gender-Initiative ein Zwanzigstel der Wahlberechtigten, also rund 66.000 Stimmen. Die müssen binnen 21 Tagen gesammelt sein.

Haben die Gender-Gegner diese Stimmen zusammen, hätte die Bürgerschaft erneut die Chance, deren Vorlage zu beschließen. Das ist ebenso unrealistisch wie bei der ersten Gelegenheit im Schritt davor. Somit könnte sie einen Volksentscheid über ihren Gesetzentwurf beantragen, den der Senat den Wählern vorlegen müsste, zum Beispiel bei der Bürgerschaftswahl 2025.

Die Bürgerschaft könnte, wenn sie wollte, einen eigenen Entwurf daneben platzieren. Angenommen wäre der Volksentscheid, wenn eine einfache Mehrheit zustimmt – jedoch werden Jastimmen von mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten benötigt.

Bürgerschaftswahl Hamburg 2025: Wer heute 14 ist, darf mitwählen

Mertens sagte: „Dem tatkräftigen Einsatz vieler Bürger ist es zu verdanken, dass die Hamburger Volksinitiative das erforderliche Soll von 10.000 Unterschriften überschritten hat und die erste Phase des dreistufigen Verfahrens Mitte Juli aller Voraussicht nach erfolgreich abschließen wird.“

In Gender-Fragen könnte man annehmen, dass es einen Unterschied macht, welche Generationen sich dazu bekennen oder ein Verbot fordern. Bei einem denkbaren Volksentscheid parallel zur Bürgerschaftswahl 2025 dürften auch die 16- und 17-Jährigen mitstimmen, die in Hamburg wahlberechtigt sind. Sie machen nur wenige Prozent der Wählerschaft aus, doch bei einem umstrittenen Thema wie dem Gendern kann es darauf ankommen.

Zu berücksichtigen ist dabei: Eine Unterschrift auch auf eine Liste im ersten oder zweiten Schritt darf nur leisten, wer zum Zeitpunkt des Signierens wahlberechtigt zur Bürgerschaft ist. Es kann also sein, dass heute 14-Jährige bei einem möglichen Volksentscheid in zwei Jahren mitstimmen.

Gendern: Rot-Grün will nicht mit Volksinitiative verhandeln

Die Regierungsfraktionen in der Bürgerschaft haben eine klare Haltung zu den Forderungen der Anti-Gender-Gruppe um Sprecherin Sabine Mertens. „Wir lehnen diese Initiative ab und sehen auch keinen Verhandlungsspielraum“, sagte Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen am Dienstag dem Abendblatt. Auch bei der SPD gibt es keine Gesprächsbereitschaft; Treffen mit der Anti-Gender-Initiative seien nicht geplant, heißt es aus der Fraktion.