Hamburg. Trotz gestiegener Baukosten und schwieriger Finanzierung ist das Interesse groß. Wer vom Punktesystem bei der Vergabe profitiert.

Für viele Menschen in Deutschland ist dies kein Traum, sondern ein festes Ziel: die eigenen vier Wände – und zwar eigen zu jeder Seite, mit Freiraum drum herum. In Hamburg ist das schwierig: Die Zahl der Häuser zum Verkauf ist klein, die Zahl der freien Baugrundstücke noch kleiner.

Städtische Grundstücke für Einfamilienhäuser wird es auf Jahre hinaus keine mehr geben. Die letzten 21 – und dazu zwei Grundstücke für Doppelhäuser – vermarktet die IBA Hamburg jetzt in Georgswerder. Bis September kann man sich bewerben.

Eigenheim: Erst seit Kurzem wird in Hamburg-Georgswerder wieder an Wohnungsbau gedacht

Schon vor drei Jahrzehnten, als junger Referendar in der Baubehörde, hatte Kay Gätgens Pläne für Georgswerder entwickelt. Wilhelmsburg war seinerzeit in Aufruhr, weil hier eine Müllverbrennungsanlage entstehen sollte. Statt zur Müllkippe der Hansestadt zu werden, forderten die Wilhelmsburger eine Aufwertung ihres Stadtteils. Die bekamen sie unter anderem durch die internationale Bauausstellung IBA. Deren Geschäftsführer ist Gätgens mittlerweile.

Georgswerder war eines von drei Arealen, in denen Gätgens schon vor 30 Jahren Entwicklungspotenzial sah. An die Verwirklichung wäre dies damals noch nicht zu denken gewesen: Der große Hügel am westlichen Horizont von Georgswerder gehört nicht umsonst der Stadtreinigung. Unter Windrädern, Solarpaneelen und Grasnarbe befindet sich eine ehemalige Giftmülldeponie.

Wie Georgswerder in den vergangenen Jahren immer weiter verkümmerte

Die wurde in den 1990er Jahren zwar abgedichtet, aber lieber noch einige Jahrzehnte eng beobachtet. Erst seit wenigen Jahren ist sich die Stadt sicher, hier neuen Wohnungsbau genehmigen zu können.

Ronny Warncke (links) und Kay Gätgens vor dem Landstreifen, auf dem die meisten Einzelhäuser entstehen sollen.
Ronny Warncke (links) und Kay Gätgens vor dem Landstreifen, auf dem die meisten Einzelhäuser entstehen sollen. © HA | Lars Hansen

In der Zwischenzeit ist Georgswerder verkümmert: Erst schloss die Post, dann ein Geschäft nach dem anderen. Die isolierte Lage machte das Wohnen entlang des Niedergeorgswerder Deichs nicht attraktiver. „Diese Entwicklung wollen wir mit unserem Neubaugebiet „Georgswerder Kirchenwiese“ aufhalten und umkehren“, sagt Kay Gätgens, durch dies Gebiet wächst die Elbinsel zusammen.“

Auch Geschosswohnungen und Reihenhäuser im Gebiet geplant

In der Tat wird durch die Bebauung der 12 Hektar großen ehemaligen Grünlandfläche eine städtebauliche Brücke geschlagen, zwischen Niedergeorgswerder Deich und Brackwettern. Hinter der Wettern schließt sich die Hövelsiedlung an. Die geht bis zur Wilhelmsburger Dove-Elbe, an deren Südostufer sich Kirchdorf befindet.

Nicht das gesamte Gebiet wird mit Einfamilienhäusern bebaut: An der Hauptstraße am Westrand entstehen Geschosswohnungen der SAGA, im Norden verwirklichen Baugemeinschaften ihre Wohnprojekte, und dazwischen werden Reihenhauszeilen entstehen.

Trotz gestiegener Baukosten ist das Interesse an den Eigenheimgrundstücken groß

Der Großteil der Einfamilienhaus-Grundstücke schmiegt sich an die Brackwettern im hinteren Bereich des Gebiets. Von der Wettern aus erstrecken sich mehrere so genannte „Landschaftsfinger“ in die Kirchenwiesen. Sie sind einerseits kleine Grünachsen, andererseits tragen sie das Oberflächenwasser aus dem Wohngebiet in die Wettern.

Nur zwei – noch dazu sehr kleine – Grundstücke befinden sich mitten im Gebiet, immer noch direkt an einem Landschaftsfinger.

Die „Landschaftsfinger“ sind Freifläche und Entwässerung zugleich.
Die „Landschaftsfinger“ sind Freifläche und Entwässerung zugleich. © IBA | Bloom Images

Trotz gestiegener Baukosten und schwieriger gewordenen Finanzierungen ist das Interesse an den Eigenheimgrundstücken groß: „Wir haben jetzt, zwei Wochen nach Vermarktungsstart, bereits doppelt so viele Interessenten, wie Grundstücke“, sagt Projektbetreuer Ronny Warncke.

Davon entmutigen lassen sollte sich niemand: Die Grundstücke werden weder meistbietend noch nach dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ und erst recht nicht nach dem Vitamin-B-Prinzip vergeben. Ein Punktesystem entscheidet. Kriterien sind unter anderem Haushaltsgröße, ob man bereits in Hamburg wohnt und/oder arbeitet oder gar aus Wilhelmsburg kommt. Das gibt noch einmal Bonuspunkte.

Auch Pflege- und Behinderungsgrade zukünftiger Bewohner werden berücksichtigt

„Wir haben bereits viele Anfragen aus dem Stadtteil“, freut sich Ronny Warncke, „und wir haben viele Anfragen von Wilhelmsburgern, die bereits weggezogen waren und gerne wieder zurückkommen würden. Der Wunsch die eigenen Wohnverhältnisse verbessern zu können, ohne die Elbinsel verlassen zu müssen, ist in der Vergangenheit schon von vielen Wilhelmsburgern an uns herangetragen worden“

In drei Kategorien mit insgesamt 18 Unterkategorien werden Punkte vergeben. Dazu zählen auch Pflege- und Behinderungsgrade zukünftiger Bewohner.

Ende des Jahres will die SAGA mit dem Bau ihrer Häuser beginnen

Die Erschließung des Gebiets ist fast abgeschlossen. Ende des Jahres will die SAGA anfangen, ihre Häuser zu bauen. Auch die Baugemeinschaften stehen in den Startlöchern „Ich bin mir sicher, dass die Eigenheimbauer schnell aufholen“, sagt Warncke.  „Ende 2025 könnten wir hier fertig sein.“

Eigenheimgrundstücke der Stadt dürfte es frühestens 2026 wieder geben, wenn das Baugebiet Fischbeker Reethen an der Grenze zu Niedersachsen durchgeplant und genehmigt ist.

In allen anderen Entwicklungsgebieten sind solche Flächen nicht vorgesehen. Die Grundstücke in Georgswerder sind zwischen 348 und 627 Quadratmeter groß und kosten zwischen 175.000 und 261.000 Euro.