Hamburg. Auf Hamburgs wohl bekanntester Straße gibt es nun einen besonderen Radfahrstreifen. Für Autofahrer hat das Konsequenzen.

Die Reeperbahn ist eine der bekanntesten Adressen der Stadt. Die Straße auf St. Pauli ist sozusagen das Herz des Vergnügungsviertels. Nur die Radfahrer hatten bislang auf der stark befahrenen vierspurigen Straße wenig Spaß. Bis jetzt: Denn nun bekommen sie auf der Reeperbahn ihre eigene Spur – eine rote Meile nur für Radfahrer.

Verkehr Hamburg: Reeperbahn mit 900 Meter langem Streifen

Laut Verkehrsbehörde haben die Bauarbeiten für einen neuen Radweg stadteinwärts in dieser Woche begonnen. Die Strecke gilt als wichtiges Verbindungsstück zwischen Altonaer Bahnhof und Innenstadt. Der 900 Meter lange Streifen, mit einer Breite von 2,48 bis 3,24 Metern, wird durch rote Farbe gekennzeichnet.

Die Stadt hat im Rahmen eines Verkehrsversuch zunächst stadteinwärts einen Radfahstreifen eingerichtet. Im ersten Halbjahr 2023, nachdem die ersten Erfahrungen mit dem neuen Konzept gemacht worden sind, soll auch stadtauswärts ein Radfahrstreifen geschaffen werden. Die Autos dürfen dort nicht fahren, die Fahrstreifen reduzieren sich für den Kfz-Verkehr von vier auf zwei Spuren.

Verkehr Hamburg: Reeperbahn – rote Meile für Radfahrer

„Auf der Reeperbahn haben wir aktuell schlichtweg keine beziehungsweise eine nur unzureichende Infrastruktur für den Radverkehr", sagte Anjes Tjarks (Grüne) bereits Mitte Oktober gegenüber dem Abendblatt. "Dies wollen wir ändern. Die Fahrradstreifen werden den Komfort und die Sicherheit für Radfahrende spürbar verbessern. Sie fügen sich an die bereits bestehende Radverkehrsinfrastruktur an der Königstraße an.“ Dem Senator für Verkehr und Mobilitätswende ist wichtig: „Dadurch sorgen wir für eine durchgängige Verbindung auf der Verkehrsachse von Altona in Richtung Innenstadt.“ Allerdings werde es eine Ausnahme geben.

„Wir werden an wichtigen Stellen den Radfahrstreifen für den Busverkehr öffnen, um den Komfort auch für den Umweltverbund insgesamt zu erhalten. Die Stärkung des Umweltverbundes bedeutet für die Anwohnenden, die vielen Touristen, Besucherinnen und Besucher, Nachtschwärmer und Ausflügler an einem hoch frequentierten Ort in Hamburg aber auch weniger Lärm und bessere Luft“, führte Tjarks weiter aus. „Insofern zahlen die neuen Radfahrstreifen gleichermaßen auf die Mobilitätswende, aber auch auf eine verbesserte Aufenthaltsqualität vor Ort ein.“

Radweg auf Reeperbahn: Drei zusätzliche Ladezonen für Lieferverkehr

Aus Sicht der Polizei sind weite Teile der Reeperbahn eine Unfallhäufungsstelle. Bisher mussten Radfahrer auf der Reeperbahn auf der Fahrbahn ohne separaten Radfahrstreifen im sogenannten Tempo-50-Mischverkehr mitfahren. Der Radfahrstreifen stadteinwärts verläuft nun auf einer Gesamtlänge von 900 Metern. Die Radler werden dann ab Höhe des Hochhauses Tanzende Türme auf den vorhandenen Radweg geleitet.

Zudem werden auf der Vergnügungsmeile drei zusätzliche Ladezonen für den Lieferverkehr eingerichtet. Zwei im Bereich stadteinwärts und einer, wenn dann dort der Radfahrstreifen eingerichtet ist, in Richtung stadtauswärts. Und die gute Nachricht für alle Autofahrer ist: Sämtliche Parkplätze und auch die Abbiegemöglichkeiten auf der Reeperbahn bleiben erhalten.

Bezirksamtschef bezeichnet Situation als Zumutung

Auch Ralf Neubauer (SPD), Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, begrüßte den neuen Radweg bereits im Oktober. „Die Situation auf der Reeperbahn ist für Radfahrerinnen und Radfahrer eine ernsthafte Zumutung, das ist auch im Bezirk schon seit Längerem ein Thema. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte hat sich daher bereits im Jahr 2018 einstimmig dafür ausgesprochen, Radverkehrsstreifen auf der Reeperbahn und der Simon-von-Utrecht-Straße beidseitig zu prüfen, um auch die Lücke im Radwegesystem vom Altonaer Bahnhof über St. Pauli in die Innenstadt zu schließen.“

Man sei auf die Ergebnisse des Versuchs sehr gespannt. Der Bezirksamtschef hat noch ein Anliegen. „Dem Bezirk wäre bei einer dauerhaften Lösung über die Reeperbahn allerdings auch sehr daran gelegen, gerade den westlichen Bereich zwischen Hein-Hoyer-Straße und Pepermölenbek insgesamt neu zu gestalten, vor allem die Nebenflächen bieten hier viel Potenzial, deutlich über Lösungen für den Radverkehr hinaus.“

Reeperbahn wird Fahrradmeile – nur ein Projekt von vielen

Bedenken hat allerdings Lars Schütze, der Quartiersmanager des BID (Business Improvement Districts) Reeperbahn+ ist. „Die Reeperbahn ist eine stark befahrene Straße. Wenn dort Fahrstreifen für den Radverkehr wegfallen, dann könnte es zu Staus kommen“, sagte Schütze vor wenigen Wochen, der auch Geschäftsführer der Reeperbahn Garagen am Spielbudenplatz ist, und schlägt vor. „Sinnvoll wäre, wenn die Politik gemeinsam mit den Grundeigentümern ein Konzept für die Neugestaltung des Straßenraums auf der Reeperbahn ausarbeiteten. Hier gibt es auf jeden Fall einige Schwachstellen.“

Und die Reeperbahn ist nur ein Projekt von vielen. Denn in den Ausbau der Fahrradinfrastruktur in Hamburg will die Verkehrsbehörde von 2023 an in einem zen­tralen Programm 40 Millionen Euro statt bislang 30 Millionen Euro pro Jahr investieren (wir berichteten). Im vergangenen Jahr wurden 56 Radwegkilometer in der Hansestadt saniert oder neu gebaut. Im Jahr 2020 waren es 62 Kilometer. Die Pro-Kopf-Ausgaben für den Radverkehr hat die Stadt von 11,60 Euro im Jahr 2017 auf 49 Euro im Jahr 2021 gesteigert.