Hamburg. Hamburg will mit neuem „Bündnis für Rad- und Fußverkehr“ Radfahrer und Fußgänger stärker in den Blick nehmen. Das sind die Pläne.
Senat, Bezirke und Verkehrsbetriebe haben das 2016 erstmals geschlossene Hamburger Bündnis für den Radverkehr erneuert – und um den Fußverkehr erweitert. Die 28 Partner haben sich zum Ziel gesetzt, den Fuß- und Radverkehr deutlich zu stärken. Bei der Präsentation des neuen „Bündnis für den Rad- und Fußverkehr“ machte Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher eine deutliche Ansage an die Stadt Hamburg – vor allem an die passionierten Autofahrer.
„Man wundert sich, dass es immer noch Menschen gibt, die glauben, es müsse für alle möglich sein, überall mit dem Auto hinzukommen“, sagte Tschentscher. „Eine solche Vorstellung ist unrealistisch.“ In einer Stadt mit fast zwei Millionen Menschen sei es „völlig abwegig anzunehmen“, dass die Mobilität allein mit dem Auto sichergestellt werden könnte. „Das funktioniert in keiner Metropole der Welt.“
Tschentscher: KfZ-, Rad- und Fußverkehr voneinander trennen
Um die Mobilität für alle zu verbessern und den Straßenverkehr zu entlasten, müsse der Anteil des Bus-, Bahn- und Radverkehrs in Hamburg konsequent erhöht werden, so Tschentscher. „Das bessere Angebot an Radwegen, Velorouten und Fahrradstraßen wird sehr gut angenommen. Seit 2011 hat sich der Radverkehr in Hamburg verdoppelt. Alle, die auf das Fahrrad umsteigen, machen Straßenraum frei für alle anderen.“
Hamburg verfolge mit seiner Strategie das Ziel, bis 2030 den Anteil des sogenannten Umweltverbundes an allen Wegen von 64 Prozent auf 80 Prozent zu erhöhen. Zum Umweltverbund zählen die umweltfreundlichen Mobilitätsarten Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). „Für die Zukunft freue ich mich, dass sich der Blickwinkel unserer Partnerschaft noch erweitert“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). „Wir nehmen den Fußverkehr noch stärker in den Blick: Denn gemäß der Studie ‘Mobilität in Deutschland’ von 2017 werden 27 Prozent aller Wege in Hamburg vollständig zu Fuß zurückgelegt. Dabei achten wir darauf, dort wie es räumlich und verkehrlich möglich ist, KfZ-, Rad- und Fußverkehr voneinander zu trennen, um Platz, Komfort und Sicherheit für alle zu erhöhen.“
Regelbreite der Hamburger Radwege wird erhöht
Auch die Radverkehrsbeauftragte Kirsten Pfaue betonte, dass das Sicherheitsgefühl wachse, wenn der Verkehrsraum klar aufgegliedert und etwa Straßen klar von Radwegen getrennt seien. Das hätten auch Umfragen gezeigt. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, werde die Regelbreite der Hamburger Radwege erhöht, zudem würden Kreuzungen jetzt so geplant, dass sie mehr Sicherheit für Radfahrer böten. Auf die umstrittenen und als unfallträchtig geltenden Radfahrstreifen in Mittellage zwischen zwei Autospuren werde mittlerweile verzichtet, so Pfaue.
Um Kfz-, Rad- und Fußverkehr baulich voneinander zu trennen, will die Stadt verstärkt „Protektionselemente“, also Bordsteine oder sogenannte Schweller einsetzen – wie laut Senat an bereits abgetrennten oder geschützten Radstreifen (Protected Bikelanes) an der Hannoverschen Straße, Esplanade, Dammtordamm, Sievekingdamm oder Vogt-Wells-Straße. Zusätzlich soll es verstärkt „klare Markierungen in Form von Fahrradstraßen mit Tempo 30“ geben – wie in Thadenstraße, Chemnitzstraße oder Veddeler Brückenstraße.
Fußwege besser beleuchten und ausschildern
Ein weiteres Modell ist der sogenannte Kopenhagener Radweg, von dem auf der Elbchaussee bereits die ersten 800 Meter fertiggestellt sind. Auf allen Radwegen Hamburgs solle dadurch die empfundene und tatsächliche Sicherheit der Radfahrenden weiter gesteigert werden, so das Versprechen des rot-grünen Senats. Darüber hinaus setze Hamburg „auf durchgehende Wegstrecken und ein zusammenhängendes Radverkehrsnetz“. Dazu solle „der konsequente Ausbau des Veloroutennetzes beitragen, von dem über 70 Prozent bereits fertiggestellt sind“.
Hamburgs Fußwege sollen durch die Zusammenarbeit der Bündnispartner ebenfalls attraktiver gestaltet werden, versprachen Tschentscher und Tjarks – unter anderem „durch eine noch bessere Beleuchtung, taktile Elemente, mehr Barrierefreiheit, Trennelementen von allen anderen Verkehrsarten und ebenfalls einer klareren Ausschilderung“.
Rad- und Busverkehr besser abstimmen
Radverkehrskoordinatorin Pfaue kündigte an, dass sie auch für eine bessere Abstimmung von Rad- und Busverkehr sorgen wolle und dazu bereits Gespräche führe. Zur weiteren Stärkung des Radverkehrs werde zudem die Zahl der Fahrradstellplätze an Schnellbahnhaltestellen von derzeit 24.000 auf etwa 40.000 im Jahr 2030 gesteigert.
Auf Nachfrage wies Bürgermeister Tschentscher erneut und energisch die Idee zurück, eine Stadtbahn könne den Verkehr in Hamburg entlasten. Solche Bahnen seien „altmodische Stahlungetüme“, die ganze Verkehrsräume zerschnitten, so der Bürgermeister. Sie seien nicht mehr zeitgemäß, keine Metropole baue solche Bahnen in ihr Zentrum. In Hamburg habe aufgrund der „empörten Proteste“ kein Kilometer einer neue Stadtbahn gebaut werden können.
Nabu: Bemühungen des Senats nicht weitgehend genug
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) kritisierte die Bemühungen des Senats als nicht weitgehend genug. Bei der Umverteilung von Verkehrsraum bleibe der Senat „leider weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, sagte Hamburgs Nabu-Vorsitzender Malte Siegert. „Den Umweltverbund zu stärken, nur um freiere Straßen für den Individualverkehr zu haben, sollte nicht Ziel sein.
Die Mobilitätswende steht und fällt mit einem Rückgang beim individuell genutzten Auto und damit der Umverteilung von Verkehrsraum zugunsten klimafreundlicher Verkehrsträger und der Aufenthaltsqualität in der Stadt“, so Siegert. „Hier kommt der Senat kaum voran und gefährdet so die Erreichung der selbstgesteckten aber auch gesetzlich verankerten Ziele im Klimaschutz.“