Hamburg . Polizeipräsident sagt, der Angriff habe stattgefunden: „Aus unserer Sicht gehören die Beamten der Davidwache auch zur Davidwache.“

Die Aufarbeitung der Angriffe auf Polizisten der Davidwache in Hamburg vor mehr als zwei Jahren steht vor dem Aus. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen mangels Verdächtiger bereits im Januar eingestellt hat, zeigte sich am Dienstag auch der Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wenig zuversichtlich, neue Erkenntnisse zu gewinnen. „Das ist höchst unbefriedigend“, gerade für die Opfer, räumte Ausschuss-Chef Ekkehard Wysocki (SPD) ein. Schon aus der Anzahl der mehr als 80 befragten Zeugen lasse sich der unbedingte Wille der Behörden zur Aufklärung erkennen, lobte Wysocki die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft. Niemand gebe da gerne zu, „dass es tatsächlich irgendwann ein Ende hat, man eingestehen muss, man kann bestimmte Dinge nicht aufklären“.

Das Ausmaß des Aufwandes, der nach den mutmaßlichen Angreifern auf die Davidwache auf St. Pauli betrieben wurde, ist erst durch die Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der Innenexpertin der Fraktion Die Linke, Christiane Schneider, bekannt geworden. Danach wurden nach den Vorfällen am 28. Dezember 2013 insgesamt 84 Zeugen vernommen, darunter 13 Polizeibeamte. Eine weitere Person wurde als Beschuldigte vernommen, nachdem diese auf einem Phantombild wiedererkannt worden war. Das Verfahren wurde später allerdings mangels Tatverdacht eingestellt.

14 Telefonanschlüsse wurden überwacht

Außerdem wurden 14 Telefonanschlüsse zwischen dem 12. und 27. Februar 2014 sowie ein E-Mail-Account überwacht. Eine Person war zwischen dem 13. und 26. Februar 2014 observiert worden. Laut Senatsantwort wurden sechs Mobiltelefone angezapft und zwei Mailaccounts beschlagnahmt. Es gab eine Wohnungsuntersuchung bei Dritten, die fünf Personen betraf.

„Es ist überraschend, dass so viele Personen überwacht wurden. Zumal heute klar ist, dass nichts von dem anfänglichen Verdacht übriggeblieben ist“, kommentierte die Linken-Politikerin.

Gefahrengebiet hatte bundesweit Aufsehen erregt

Nach den Vorfällen waren die Ermittlungsbehörden von einem politisch motivierten und gezielten Angriff auf Beamte der Davidwache ausgegangen. Ein Beamter war durch einen Steinwurf im Gesicht, 200 Meter von der Polizeistation entfernt, verletzt worden. Das Landeskriminalamt hatte ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Tötungsdelikts eingeleitet. Der damalige Innensenator Michael Neumann (SPD) ließ wegen des Verdachts, an dem jedoch bereits kurz danach erhebliche Zweifel laut geworden waren, Anfang 2014 Teile von St. Pauli, dem Schanzenviertel und von Altona zum Gefahrengebiet erklären, in dem verdachtsunabhängige Kontrollen möglich waren.

Der Schritt hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und in Hamburg eine hitzige Debatte über die Verhältnismäßigkeit ausgelöst. Symbol für den Gegenprotest vieler Bürger unter dem Motto „St. Pauli bleibt widerborstig“ war die Klobürste. Anfang Januar stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, weil kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte. Letztlich steht nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und nach Angaben des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken nur fest, dass an dem besagten 28. Dezember 2013 im Umfeld der Davidwache drei Polizisten verletzt worden sind, einer von ihnen schwer. Einen Angriff Linksautonomer konnte die Anklagebehörde mangels Tatverdächtiger nicht feststellen.

Dass es keinen Angriff auf die Wache gegeben habe, wies Polizeipräsident Meyer zurück

Gleichwohl sind die Behörden weiter überzeugt, dass damals 30 bis 40 Leute vor der Davidwache mit Steinen und Flaschen auf Polizisten losgegangen sind. „Das Einzige, was nicht festgestellt werden konnte, ist, welchen einzelnen Personen die Taten zuzuordnen sind“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) im Ausschuss unter Hinweis auf eine Stellungnahme der Justizbehörde.

Polizeipräsident Ralf Martin Meyer wies Spekulationen zurück, dass der Angriff auf die Davidwache nicht stattgefunden haben könnte. „Aus unserer Sicht gehören die Beamten der Davidwache auch zur Davidwache.“ Rückendeckung bekam er unter anderem vom SPD-Innenexperten Arno Münster. Dass die Wache überfallen worden sei, stehe für ihn zweifelsfrei fest. Es gehe ja nicht nur um das Gebäude, sondern auch um die Mitarbeiter - und die seien eindeutig der Davidwache zuzuordnen, betonte Münster.

mit Material von dpa