Rund 2000 Menschen wollen am Sonnabend erneut gegen die Einrichtung von Gefahrengebieten demonstrieren. Bestehende Konflikte sollten dagegen politisch gelöst werden. Polizei rechnet mit Verkehrsbehinderungen.

Hamburg. Vier Tage war es auf einmal still in der Hansestadt. Alles schien wieder seinen gewohnten Gang zu gehen. Seit Montag sind die umstrittenen Gefahrengebiete rund um den Stadtteil St. Pauli aufgehoben. Die Polizei hat sich zurückgezogen und mit ihr sind auch die wütenden Demonstranten mit ihren Klobürsten wieder verschwunden. Hamburg atmet auf.

Die politischen Konflikte der vergangenen Zeit sind jedoch noch nicht gelöst, sagen Kritiker. Am Sonnabend dürften daher auch die Klobürsten wieder auf die Straßen getragen werden. Unter dem Motto "Ausnahmezustand stoppen! Politische Konflikte politisch lösen!" mobilisiert ein Bündnis aus rund 50 Organisationen, darunter Fußballfans des FC St. Pauli, linke Gruppen und Kirchengemeinden, zu einer Demonstration durch die „Sonderrechtszone St. Pauli“.

Die Hamburger Linkspartei hat zur der Demonstration aufgerufen, um gegen die nach wie vor existierenden Gefahrengebiete in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg zu protestieren. Sie sollen laut Aussage der Polizei der Bekämpfung von Drogen- beziehungsweise Gewaltkriminalität dienen. Linke und Grüne haben für die kommende Bürgerschaftssitzung Anträge gestellt, den Passus zur Einrichtung sogenannter Gefahrengebiete komplett aus dem Polizeigesetz zu streichen. Die Protestaktion am Sonnabend soll der Forderung noch einmal Nachdruck verleihen.

Abschlusskundgebung vor den Esso-Häusern

Beginn der Demonstration ist um 13 Uhr am U-Bahnhof Feldstraße. Die Teilnehmer wollen zunächst über den Neuen Pferdemarkt, die Stresemannstraße, die Juliusstraße zur Roten Flora am Schulterblatt ziehen. Weiter geht es anschließend über die Max-Brauer-Allee und die Holstenstraße zur Reeperbahn. Die Abschlusskundgebung ist auf dem Spielbudenplatz auf Höhe der sogenannten Esso-Häuser geplant. Die Polizei rechnet bis 17 Uhr mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen in diesem Bereich.

Nach Angaben des Veranstalters werden rund 2000 Demonstranten erwartet. „Das ist realistisch“, teilte Andreas Schöpflin, Pressesprecher der Polizei, dem Abendblatt mit. Es würden „ausreichend“ Polizeibeamte im Einsatz sein. „Wir gehen insgesamt von einem friedlichen Verlauf der Demonstration aus.“

„Hinter der Demonstration steht ein vielschichtiges zivilgesellschaftliches Bündnis, daher wird von ihr keine Eskalation ausgehen“, sagte Bela Rogalla, Landessprecher der Linken, dem Abendblatt. „Wir wollen zurück zur Politik.“ Das Ausmaß der Gewalt bei der Demonstration zum Erhalt der „Roten Flora“ am 21. Dezember nannte Rogalla „auf beiden Seiten erschreckend“. „Wie konnte das nur so eskalieren?“ Die Inhalte, die nach der Demonstration am 21. Dezember in Vergessenheit geraten waren, sollten nun wieder mit friedlichen Mitteln in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.

„Wir lassen uns nicht provozieren“

Die Initiatoren kündigten an, sich bei der Demonstration nicht provozieren zu lassen. „Wir werden unsere Demonstration geschlossen und entschlossen gemeinsam zu Ende führen“, teilten sie in einem schriftlichen Aufruf mit. Neben der Abschaffung von sogenannte Gefahrengebieten, fordern die Initiatoren, bestehende Konflikte in Hamburg endlich politisch zu lösen.

„Wir werden uns auch in Zukunft für eine Bleiberechtsperspektive für alle, für eine soziale Bebauung des Esso-Häuser-Areals und eine andere Wohnungspolitik in dieser Stadt sowie für den Erhalt der Roten Flora einsetzen“, so die Veranstalter weiter. Von illegalen Demonstrations-Auflösungen und Sonderrechtszonen werde man sich dabei nicht aufhalten lassen. „Klobürsten einpacken und ab auf die Straße“, heißt es in einem Aufruf der Initiative „Mietenwahnsinn stoppen“. Die Klobürste war in den vergangenen Wochen zum Symbol des Protests in Hamburg geworden.

Kirche will Dialog fördern

Die evangelische Kirche in Hamburg will unterdessen einen neuen Dialog zur Stadtentwicklung initiieren, um zu Annäherung und Verständigung zwischen den verschiedenen Akteuren beizutragen. Auch sie fordert, Themen wie „Flüchtlingspolitik“ und „Stadtteilentwicklung“ wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

Die Kirchengemeinde Altona-Ost veranstaltet am 28. Januar eine Podiumsdiskussion in der St. Johannis Kirche. Eingeladen sind Vertreter des Senats, der Innenbehörde, der Polizei und der Polizeigewerkschaft sowie Aktivisten der Esso-Häuser-Initiative, der „Roten Flora“ und der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“, wie die Gemeinde am Freitag mitteilte. Pastor Torsten Morche wird die Veranstaltung ab 19.30 Uhr moderieren.