Hamburg. AfD-Fraktion löst mit Kritik an Innerer Sicherheit heftige Gegenreaktion bei SPD, Grünen und Linken aus. Erinnerungen an Schill-Zeiten.
Das zweite Thema der Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft erinnerte im Duktus an längst vergangene Schill-Zeiten: „Wildwest in Hamburg: Massenschlägerei in Hamm. Rechtsfreier Raum Hansaplatz. Der Senat schaut zu und handelt nicht!“ Es war dann auch wenig überraschend der Ex-„Schillianer“ Dirk Nockemann, dessen AfD-Fraktion das Thema angemeldet hatte, der als Erster ans Rednerpult ging, um in markigen Sprüchen ein aus seiner Sicht verheerendes Bild der Inneren Sicherheit in Hamburg zu zeichnen. Danach würden Bürger feststellen, dass man „die Stadt an Krawalle, Tumulte und Massenschlägereien“ verliere.
Anlässe für die düsteren Visionen war eine Schlägerei unter 40 Männern vor einem Autohändler am Hammer Deich, zu der am vergangenen Wochenende 39 Streifenwagenbesatzungen ausgerückt waren, sowie eine störende Trinkerszene am Hansaplatz (St. Georg). Leidtragende seien die Bürger, sagte Nockemann. Er sprach zudem von „importierter Kriminalität“. Allerdings irritierte er die Abgeordneten in seiner Rede ein ums andere Mal, weil er den Hansaplatz in „Hanse“-Platz umwidmete.
Den Ball nahm die grüne Innenexpertin Antje Möller dann auch genüsslich auf. „Was Sie vielleicht meinten, war das Hanse-Viertel. Dort können Sie sich auf jeden Fall sicher bewegen.“ Inhaltlich kritisierte Möller das bloße Aufzählen von Vorkommnissen. „Sie haben nicht eine einzige politische Idee präsentiert, wie Sie das, was Sie anprangern, verbessern wollen.“ Eine Trinkerszene gebe es in jeder Großstadt. Bei der Lösung dieses Problems müsse es Angebote geben. „Man muss überlegen, wie man helfen kann.“
Zuvor hatte auch Joachim Lenders (CDU), der im Hauptberuf Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft ist, ebenfalls die Zustände am Hansaplatz scharf kritisiert und der SPD vorgeworfen den Bezirklichen Ordnungsdienst abgeschafft und die Präsenzzeiten der Polizei reduziert zu haben. Viele Hamburger, so seine Überzeugung, würden sich an öffentlichen Orten unsicher fühlen. „Und die SPD hat noch nie etwas von gefühlter Sicherheit verstanden und wird es auch nicht mehr tun.“
Das veranlasste die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann dazu, Nockemann und Lenders als „Brüder im Geiste“ zu bezeichnen. Sie wies darauf hin, dass alle zwei Wochen ein Runder Tisch in St. Georg zu den dortigen Zuständen tage. Über den Hansaplatz sagte sie, dass es da natürlich Probleme gebe. "Es wäre sonst auch das erste Hauptbahnhofsviertel der Welt, wo es keine Probleme gibt."
SPD-Innenexperte Arno Münster erwiderte: „Herr Nockemann, Ihre Rede war eine glatte Sechs. Ein Trinkertreff ist bedauerlich, aber nicht verboten.“ Zudem sei die Polizeipräsenz erhöht worden. Ähnlich äußerte sich auch Innensenator Michael Neumann (SPD), der darauf hinwies, dass die Aufmerksamkeit für den Hansaplatz gestiegen sei, weil Familien das Viertel „zurückerobert“ hätten. Und Carl Jarchow (FDP), appellierte an die Abgeordneten, sich künftig ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich nicht „von einigen Parteien dazu verleiten zu lassen, von den eigenen Ansprüchen abzurücken“.