Unterstützer der betroffenen Mieter fordern von der Politik und dem Eigentümer der maroden Immobilie unter anderem finanzielle Entschädigung. Der Bayerische Hausbau weist Kritik zurück.
Hamburg. Vier Tage nach der umstrittenen Evakuierung der Esso-Häuser haben die Initiative Esso-Häuser und GWA St. Pauli Kritik an dem Eigentümer der Immobilie, der Bayerischen Hausbau und dem Bezirk-Mitte geäußert.
„Der Zustand der Esso-Häuser wurde in Kauf genommen, um teurer, größer, profitträchtiger neu bauen zu können“, so der Vorwurf, den sie auf einer Pressekonferenz im Stadtteilzentrum Kölibri am Hein-Köllisch-Platz am Mittwoch äußerten.
Die Initiativen, die sich als Sprachrohr der mehr als 100 evakuierten Mieter der Esso-Häuser sehen, präsentierten einen umfangreichen Forderungskatalog. Demnach fordern sie unter anderem ein Rückkehrrecht zu gleichen Konditionen und finanzielle Entschädigung für alle Mieter, insbesondere für die betroffenen Gewerbemietern, wie etwa das Molotow.
Außerdem sollte für einen möglichen Neubau eine am Gemeinwohl orientierte, zu St. Pauli passende Lösung gefunden werden. Weitere Forderung: Die transparente Offenlegung der statischen Untersuchungen und ihrer Ergebnisse. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was die tagelangen Untersuchungen in den Häusern ergeben haben, auf deren Grundlage nun der Abriss der Häuser enorm beschleunigt werden soll“, so die Sprecher der Initiative Esso-Häuser.
Die Initiative wirft der Bayerischen Hausbau vor, notwendige Sanierungsarbeiten unterlassen zu haben, um den Abriss unausweichlich zu machen. Die Unterstützer der betroffenen Mieter fordern deswegen, dass die Politik der Bayerischen Hausbau einen neuen Bebauungsplan verweigert.
Unterdessen weist Bernhard Taubenberger, Geschäftsführer der BHG Spielbudenplatz GmbH & Co. KG, die Anschuldigungen der Initiative deutlich zurück. Taubenberger erklärt: „Während eine Vielzahl von Menschen in den Behörden und bei der Bayerischen Hausbau mit Hochdruck an Lösungen für die Mieterinnen und Mieter der Esso-Häuser arbeiten, geht die Initiative Esso-Häuser ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: der realitätsverweigernden Empörung.“
Taubenberger erklärt weiter, der Bayerische Hausbau habe die Häuser 2009 übernommen und 2010 drei Expertisen vorgelegt, die den maroden Zustand beschrieben hätten. Außerdem wirft Taubenberger der Initiative vor, dass diese eine „vernünftige Lösung“ verhindert hätten.
„Dass die Häuser derart geschädigt sind, wissen alle Beteiligten erst seit dem Gutachten des Bezirks Hamburg-Mitte und damit seit Juni dieses Jahres“, verteidigt sich Taubenberger und fügt hinzu: „Der Vorwurf der Initiative, wir hätten nicht instandgesetzt, ist ebenso alt wie falsch.“
Genauso falsch und „ungeheuerlich“ findet Taubenberger den Vorwurf der Initiative Esso-Häuser, dass sich die Bayerische Hausbau nicht um die Mieter kümmere. So seien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag präsent gewesen und hätten dafür Sorge getragen, dass Essen und Getränke verteilt wurden. Außerdem seien trotz „schwieriger Buchungssituation“ auf St. Pauli für alle Mieterinnen und Mieter Hotelzimmer besorgt worden, verteidigt sich der Geschäftsführer.
Am späten Sonnabendabend war der gesamte Gebäudekomplex evakuiert worden, nachdem wackelnde Wände und Risse gemeldet worden waren. Seitdem sind die Mieter in Hotels und bei Freunden untergebracht. Der Bezirk hat unterdessen Vermieter aufgefordert, Ersatzwohnungen für die Betroffenen anzubieten. Die Bayerische Hausbau hat bereits einen Antrag auf Abriss gestellt. Der dürfte nach aktuellem Stand bereits im Januar beginnen.
Die Entwicklung rund um die Esso-Häuser ist auch Thema der am kommenden Sonnabend geplanten Demo zum Erhalt der Roten Flora. Die Polizei erwartet bis zu 6000 Teilnehmer, von denen die Hälfte der linksautonomen Szene zugerechnet wird.