Hamburg. Von den 30 männlichen Minderjährigen, die bald in das Haus in Eimsbüttel ziehen, wussten die Anwohner bisher nichts. So reagieren sie.

In das Wohnhaus an der Bismarckstraße 77–79 in Hamburg-Eimsbüttel sollen im Spätherbst bis zu 30 unbegleitete männliche Flüchtlinge ziehen. Und die Nachbarn, die in demselben Haus wohnen, wissen davon nichts. Niemand hat sie darüber informiert. „Ich habe davon aus dem Abendblatt erfahren“, sagt eine Bewohnerin des großen Gebäudekomplexes mit 33 Wohnungen, größtenteils Eigentumswohnungen.

Von ihrer Wohnung aus kann man auf das Dach eines Atriums schauen. Der große Raum darunter soll später zur neuen Unterkunft im Erdgeschoss gehören – die offizielle Bezeichnung der geplanten Clearingstelle Erstversorgung. Über die Bauarbeiten hat sich die Nachbarin nicht gewundert: „Hier wird immer gebaut“, sagt sie. Ihr letzter Kenntnisstand sei gewesen, dass dort Wohnungen entstehen.

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Die Nachbarn möchten sich noch nicht weiter äußern, sondern sich zunächst zusammentun und erkundigen. Für große Irritierung sorgt, ob ein einzelner Eigentümer überhaupt über die anderen einfach hinweg entscheiden darf. „Sonst muss die Eigentümergemeinschaft über jede neue Tür gemeinsam entscheiden“, so ein Bewohner.

Dass minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge dort im Spätherbst einziehen sollen, ist für die Bewohner erst einmal gar nicht das Thema. Aber dass es keine Informationen vorab gab und die Nachbarn aus der Zeitung von den neuen Mitbewohnern erfahren mussten, das ist ein Thema für sie.

Es ist genau das, was in der Vergangenheit bei ähnlich gelagerten und konfliktträchtigen Projekten – etwa der Obdachlosenunterkunft am Garstedter Weg in Niendorf – immer wieder von Politik und Anwohnern kritisiert wurde: fehlende Transparenz, zu wenig Informationen im Vorfeld.

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„Es ist aber wichtig, dass die Anwohner und Nachbarn informiert werden“, sagt Ina Dinslage von der SPD in Eimsbüttel. Gerade diejenigen, die in dem Haus wohnen. Grundsätzlich begrüßen die Politiker der Bezirksversammlung Eimsbüttel parteiübergreifend, dass eine solche Unterkunft in einer Wohngegend im Kerngebiet entsteht. Exakt das wurde immer gefordert.

Die Stadt Hamburg geht bei der Suche nach möglichen Immobilien wie folgt vor: „Immobilien werden sowohl von städtischer Seite, zum Beispiel über die Bezirksämter oder den Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen, als auch von privaten Eigentümerinnen und Eigentümern angeboten“, sagt Wolfgang Arnhold, Sprecher der zuständigen Sozialbehörde. „Diese werden dann schnellstmöglich geprüft, und es werden Realisierungsoptionen ausgelotet.“

Statt am Stadtrand sollen solche Unterkünfte in Wohngebieten entstehen, auch um die Integration zu erleichtern. Im Fall der Unterkunft an der Bismarckstraße in Eimsbüttel liegen mehrere Gymnasien, eine Stadtteilschule, Kitas und Sportvereine in unmittelbarer Nähe.

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„Aber wieder gab es zu wenig Informationen“, kritisiert Andreas Birnbaum von der CDU. „Wieder hat keine Bürgerbeteiligung stattgefunden.“ In der Bezirksversammlung steht das Thema am Donnerstagabend (30. Mai) auf der Tagesordnung. Ina Dinslage verspricht: „Wir begleiten den Prozess und sind für die Bürger Ansprechpartner.“

Nach der Sitzung der Bezirksversammlung Eimsbüttel plant die Sozialbehörde übrigens, mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Bismarckstraße 77–79 Kontakt aufzunehmen. „Dazu laufen aktuell die Vorabstimmungen. Eine weitergehende Information der umliegenden Nachbarschaft – unter anderem eine Informationsveranstaltung – ist ebenfalls bereits in Planung“, heißt es aus der Behörde.