Hamburg. Behörde antwortet auf Fragen, die Anwohner umtreiben. Wie am Garstedter Weg 79–85 mit Alkohol und Cannabis umgegangen wird.
An diesem Montag herrscht Betriebsamkeit am Garstedter Weg 79–85 in Hamburg-Niendorf. Nachdem Anfang des Jahres 40 betagte Menschen aus dem ehemaligen Pflegewohnstift ausziehen mussten, ziehen jetzt die ersten obdachlosen Menschen ein in die neue Pflegeeinrichtung des Betreibers Fördern & Wohnen (F&W). Nach Angaben der Hamburger Sozialbehörde handelt es sich um schwer kranke, teils bettlägerige Menschen.
Zunächst werden 32 Personen aus dem bisherigen Standort an der Friesenstraße in Hammerbrook aufgenommen, dann in zwei weiteren Schritten jeweils rund zehn Personen. Auch Direktverlegungen aus Krankenhäusern würden gegebenenfalls bereits in den ersten Wochen vorkommen, sagt Behördensprecher Wolfgang Arnhold.
Hamburg-Niendorf: Erste 32 Obdachlose ziehen in Unterkunft am Garstedter Weg
Danach werde erst einmal abgewartet: „Vor einer weiteren Erhöhung der Belegungszahlen wird Mitte/Ende Mai das erste Mal der zugesagte runde Tisch tagen“, so der Sprecher. Langfristig sollen in dem ehemaligen Seniorenheim mit Einzel- und Doppelzimmern bis zu 118 Menschen untergebracht werden.
Am Garstedter Weg 20 in der Fett‘schen Villa ist darüber hinaus ein Modellprojekt für Menschen geplant, bei denen nicht der Pflegebedarf im Vordergrund steht, sondern die kurzfristige Unterbringung von obdachlosen Frauen und Männern, die ihr Leben neu sortieren und eventuell auch von einer Rückkehr in ihre Heimatländer überzeugt werden sollen.
Niendorfer Anwohner haben noch viele Fragen an die Behörde
Für den neu gegründeten Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern aus dem Stadtteil mit dem Namen „Niendorf. Lebenswert für alle“ sind allerdings noch viele Fragen im Zusammenhang mit der Obdachlosenunterkunft nicht beantwortet. In dieser Gruppe vereinigen sich nach Angaben eines Sprechers etwa 100 Niendorfer Familien, die im direkten Umfeld der Einrichtungen leben.
„Uns wurde bis heute die zugesagte Hausordnung nicht gezeigt. Beispielsweise möchten wir wissen, ob Alkohol und Drogen erlaubt sind“, sagt der Sprecher der Gruppierung. Dazu äußert sich Wolfgang Arnhold: „Eine Hausordnung, erstellt von F&W, regelt das Zusammenleben. Diese wird bei Einzug den Bewohnerinnen und Bewohnern bekannt gegeben. Das Personal in der Einrichtung wird auf die Einhaltung achten.“
Was die Hausordnung regelt: Wie der Umgang mit Alkohol gedacht ist
Der Konsum leichter alkoholischer Getränke sei den Bewohnerinnen und Bewohnern auch innerhalb der Einrichtung gestattet, wenn „hierdurch der soziale Frieden in der Einrichtung und das regelkonforme Auftreten innerhalb und außerhalb der Einrichtung nicht gefährdet werden“. Entscheidend seien hier „die Regelfähigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner“.
Wer nach einer Ermahnung die Hausordnung nicht einhalte, könne im Einzelfall auch aus der Einrichtung gewiesen werden. Damit sei in der Regel die Verlegung in eine Notübernachtungsstätte verbunden, so der Behördensprecher.
Dürfen die Obdachlosen in der Unterkunft kiffen?
Wie angesichts der Cannabis-Legalisierung der Umgang mit dem Kiffen gehandhabt wird, ist noch nicht geklärt – obwohl sich innerhalb von 100 Metern Entfernung sowohl die Grundschule Burgunderweg als auch Kitas befinden. „Wir prüfen gerade mit F&W die Auswirkungen der neuen Gesetzgebung und fragen auch andere Städte nach der dortigen Praxis“, sagt Wolfgang Arnhold.
Eine weitere Frage ist: Wie viel wird der Betrieb der Einrichtung am Garstedter Weg 79–85 kosten? Dafür gibt es laut Arnhold noch keine konkreten Zahlen. Fragen zu Mietkosten und Personalkosten beantwortet er sehr allgemein: „Die Einrichtung wird als Teil der ordnungsrechtlich veranlassten Obdach- und Wohnungslosenhilfe grundsätzlich von der Sozialbehörde finanziert. Die genaue Höhe der Kosten kann aufgrund ausstehender Kostenermittlungen unter anderem zum medizinischen Betreuungsumfang und zum Sicherheitskonzept noch nicht beziffert werden.“
Niendorf: Anwohner können Beschwerden per Mail melden
Eine zumindest teilweise Refinanzierung über Sozialleistungen bzw. Ansprüche aus Kranken- und Pflegeversicherungen, die den betreuten Personen zustehen, werde derzeit noch geprüft.
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Der Behörde ist laut Arnhold daran gelegen, etwaige Beschwerden der Anwohner rasch zu bearbeiten. Die Anwohnerschaft habe auch weiterhin die Möglichkeit, ihr Anliegen per Mail zu schicken. „Sofern diese nicht direkt geklärt und beantwortet werden können, können diese beim runden Tisch angesprochen werden.“ Die Protokolle wie auch die Ankündigung des nächsten Tagungstermins werden zeitnah transparent auf der Internetseite zum Garstedter Weg zur Verfügung gestellt, teilt Arnhold mit.
Obdachlose in Niendorf: Behörde sucht jetzt Kontakt zu Gewerbetreibenden
Beim runden Tisch würden auch Anwohnerinnen und Anwohner eingeladen, darunter jeweils zwei Vertreterinnen und Vertreter der beiden Initiativen „Wir für Niendorf“ und „Niendorf. Lebenswert für alle“.
Außerdem werde derzeit der Kontakt zu den Gewerbetreibenden am Tibarg hergestellt, sagt Arnhold. Auch zwei von ihnen würden stellvertretend zum runden Tisch eingeladen. Dort sorgen sich nach Abendblatt-Informationen einige davor, dass immer mehr Obdachlose den Weg in die Einkaufsmeile finden. Schon jetzt schlafen immer wieder Menschen in Hauseingängen und Durchgängen.