Hamburg. Experten sehen Haustier-Versorgung in Gefahr. Junge Ärzte übernehmen kaum noch Praxen. Ein Positiv-Beispiel gibt es in Eimsbüttel.
Tiermediziner in Deutschland befürchten einen Tierärztemangel: Vor allem in ländlichen Gegenden, aber auch in Großstädten wie Hamburg sehen Experten die Versorgung von Haus-, Heim- und Nutztieren in Gefahr. Doch es gibt auch Hoffnung.
„Viele Kollegen arbeiten heute lieber in Teilzeit statt Vollzeit“, sagt Susanne Elsner, Präsidentin der Tierärztekammer Hamburg und Praxiseigentümerin in Hamburg-Harvestehude. Es sei gar nicht unbedingt die geringe Zahl an Tierärzten, die ihr Sorge bereitet, sondern die Zahl der Arbeitsstunden.
Tierarzt Hamburg: Veterinäre wollen heute lieber in Teilzeit arbeiten
„Haben selbstständige Tierärzte in den 1980er-Jahren 70 und mehr Stunden in der Woche gearbeitet, wollen heute die meisten lieber in Teilzeit 32 Stunden arbeiten“, so Elsner. Um mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Lebenszeit zu haben. Und so liegt der Anteil der Teilzeitstellen bundesweit bei 35 Prozent – Tendenz steigend.
Das Arbeitszeitgesetz sieht für Tierärzte zudem vor, dass nach jedem Nachtdienst oder Notdienst elf Stunden Pause gemacht werden müssen. „Dadurch fallen die Kollegen nach einer Nachtschicht weg“, sagt die Tierärztin. Für Tierhalter bedeutet das schon jetzt: In Hamburg haben angesichts der steigenden Zahl an Haustieren tierärztliche Praxen aufgrund von Personalmangel sogar einen Aufnahmestopp zu regulären Sprechzeiten verhängt.
Vor allem während der Corona-Zeit haben sich viele Hamburgerinnen und Hamburger Haustiere angeschafft – in erster Linie Hunde und Katzen. Dementsprechend viel haben die Tierärzte in ihren Praxen zu tun.
Krankes Tier: Spontan in die Praxis kommen? Ohne Termin nur selten möglich
„Spontan in eine Tierarztpraxis zu gehen, ist kaum noch möglich. Die meisten Praxen arbeiten mit festen Terminen“, sagt Susanne Elsner. Und für bestimmte Leistungen – wie etwa Impfungen – kann es in den 172 Hamburger Tierarztpraxen auch zu Wartezeiten von bis zu zwei Wochen kommen.
Mit dem Eintritt in die Rente der in den 1960er-Jahren geborenen Tierärzte werde sich das Problem in den kommenden Jahren verschlimmern, prognostiziert Elsner. Die Auswirkungen könne dann jeder spüren – nicht nur Tierhalter. Denn: Viele Tierärzte arbeiten auch an Schlüsselstellen öffentlicher Einrichtungen des Veterinär- und Gesundheitswesens, in der Lebensmittelproduktion und -überwachung sowie in Industrie, Forschung und Lehre.
Tierarzt Hamburg: Nachwuchsmangel in der Veterinärmedizin
Der Beruf des Tierarztes mag zwar der Traum vieler Mädchen und Jungen sein. Die Arbeitsbedingungen sind häufig aber alles andere als traumhaft. Die Arbeitszeiten sind lang und die Bezahlung verhältnismäßig niedrig, sagt Christina Bertram, Vorsitzende des Bundesverbands praktizierender Tierärzte in Hamburg. „Daher haben wir in der Veterinärmedizin auch einen Nachwuchsmangel.“
Sie hofft, dass der Tierarztberuf durch die neue Gebührenordnung attraktiver gemacht werde und sich die Versorgung verbessert. Ein weiteres Problem: Häufig finden Praxiseigentümer keinen Nachfolger mehr. Der Weg in die Selbstständigkeit schreckt viele junge Kollegen ab – sie wollen lieber als angestellte Tierärzte arbeiten. Dass es damit aber doch klappen kann, zeigt ein Beispiel aus Eimsbüttel.
Tierarzt Hamburg: In Eimsbüttel hat der Generationswechsel geklappt
Nach mehr als 33 Jahren an der Tresckowstraße in Hamburg-Eimsbüttel und nach 40 Jahren als Tierärztin gibt Dagmar Vogel, die 68 Jahre alt ist, ihre kleine Praxis nun an eine jüngere Kollegin ab. Am 22. Januar wird Franziska Conrad die Praxis im Erdgeschoss übernehmen.
Die Suche nach einer Nachfolge hat lange gedauert: zweieinhalb Jahre. „Viele Kollegen müssen ihre Praxen aufgeben, weil sie niemanden finden“, sagt Franziska Conrad.
Vorher hatte sie in Harburg als angestellte Tierärztin gearbeitet. Selbstständig zu werden, das war gar nicht ihr großer Wunsch. Aber es kam dann eben doch dazu – weil alles passt: „Die Praxis ist groß genug, um später auch noch Tierärztinnen einzustellen. Und die Gegend ist toll“, sagt Conrad.
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Tierarzt Hamburg: Eimsbüttel – erste Patientin schon vor Praxiseröffnung da
Die erste Patientin war inmitten der Renovierungsarbeiten und vor der Praxiseröffnung auch schon da: Hundedame Luna stand mit ihrem Herrchen vor der Tür, weil es ihr schlecht ging. „Ich konnte ihr helfen, musste die Medikamente aber erst suchen, weil hier noch Chaos herrscht“, so Franziska Conrad.
„Den täglichen Kontakt mit Hunden, Katzen, Meerschweinchen und Hamstern werde ich sehr vermissen“, sagt Dagmar Vogel. Sie wird ihre Freizeit nun am Plöner See genießen – zusammen mit ihrem Lakeland Terrier Isidor und ihren Bienenvölkern.