Bergedorf. Eigentlich ist jetzt finale Erntezeit. Doch das Wetter bereitet große Probleme. Quantität und Qualität leiden. Die Aussichten.
Der sehr häufige und mitunter besonders starke Regen der vergangenen Tage beschert nicht nur den Besuchern und Organisatoren von Open-Air-Events wie Wacken Kummer: Die Landwirte in den Vier- und Marschlanden fürchten um ihre Ernte. Sie können nicht mit ihren schweren Fahrzeugen auf die Felder fahren, weil diese im Matsch versinken würden. Doch Sommerweizen, Raps, Roggen, Erbsen und Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, die vor allem als Schweinefutter angebaut wird, drohen zu vergammeln.
„Der Dauerregen bringt die Arbeit auf dem Feld zum Erliegen“, sagt Martin Lüdeke, Präsident des Hamburger Bauernverbandes und selbst Landwirt. „Eigentlich wäre nun die finale Erntezeit, denn die Pflanzen sind reif. Sie leiden unter der Feuchtigkeit, saugen sich bei dem schwülwarmen Wetter mit Wasser voll“, sagt Lüdeke. Pilzbefall sei häufig die Folge. „Das Wetter schmälert den Ertrag“, sagt der in Curslack lebende Landwirt. „Qualität und Quantität leiden.“ Totalschäden auf einigen Feldern seien nicht auszuschließen.
Ernte im Landgebiet: Angst vor Totalschäden
Die Gerste-Ernte sei Anfang dieses Monats beendet worden, „14 Tage vor dem üblichen Zeitpunkt am 20. Juli“. Sie sei aufgrund des besonders heißen und trockenen Mai und Juni besser als erwartet, „normal ausgefallen“, betont Lüdeke. Doch Gerste mache nur rund zehn Prozent der im Landgebiet angebauten Pflanzen aus. Sommerweizen, Raps, Roggen & Co. würden er und seine Berufskollegen „normalerweise innerhalb von 14 Tagen bis zum 10. August ernten“. Doch davon sei „bisher so gut wie nichts gedroschen worden, weil der Erntebeginn mit dem Beginn des Dauerregens einher ging“.
Nicht nur, dass die Pflanzen auf den Feldern zu erkranken und zu vergammeln drohen: „Bald werden die Tage wieder spürbar kürzer. Dann wird die aktuelle Ernte, die sich auch nach dem Dauerregen über zwei Wochen hinziehen wird, schwierig. Denn das tägliche Zeitfenster wird immer kleiner, auch für die Aussaat für die die nächste Ernte im Herbst“, sagt Lüdeke. Ein weiteres Problem: Viele Bauern haben Erntehelfer, die sie nun kaum beschäftigen können. „Im besten Falle können die Helfer kurzfristig in ihre normalen Jobs zurückkehren und nach dieser Regenphase erneut als Erntehelfer antreten, aber nicht alle sind so flexibel“, sagt Lüdeke.
Erntehelfer leisten Reparaturarbeiten
Zumal viele Helfer aus Rumänien, Bulgarien oder Polen anreisen. Sie würden von den Bauern, „die eigentlich froh sind, dass sie überhaupt Leute haben“, mit Reparaturarbeiten beschäftigt. Lüdeke: „Oder die Helfer ernten zwischen den Schauern, aber das ist natürlich frustrierend.“
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Eine Berufskollege haben einen festen Abnehmer für seinen Salat, berichtet der Bauer. „Er kann nun aufgrund des Dauerregens nicht genug liefern.“ Wer vertraglich gebunden ist, könne noch froh sein, wenn es nur um Einnahmenverluste geht: „Wer ganz große Pech hat, der muss auch noch eine Vertragsstrafe zahlen.“
Große Sorgen auch im Kreis Herzogtum Lauenburg
Auch den Landwirten im Kreis Herzogtum Lauenburg bereitet das Wetter große Sorgen: Peter Koll, Geschäftsführer der Kreisbauernverbände Herzogtum Lauenburg und Stormarn, geht von Qualitäts- und Umsatzeinbußen für die Landwirte bei der Ernte 2023 aus. Auch für Lüdeke ist klar, dass es eine schlechtere Ernte als im vergangenen Jahr geben wird. „2022 war die Ernte durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich gut.“
„Wir brauchen dringend ein, zwei regenfreie Tage, um wieder auf die Felder zu können“, sagt Lüdeke. Laut wetter.de wird es auch die kommenden Tage noch viel Regen geben. Erst am Donnerstag und Freitag kommender Woche soll es trocken bleiben, am darauf folgenden Wochenende einen Mix aus Sonne und Schauern geben. Den Bauern seien die Hände gebunden, betont ihr Präsident: „Wir müssen ausharren, können nur abwarten.“