Bergedorf. Der Kampf gegen ein Fahrverbot auf dem Hauptdeich führte sie einst zusammen. Auch heute machen sie auf Probleme aufmerksam.

13 Männer und fünf Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren bilden den aktuellen Stammtisch Hamburg-Vierlande der Biker Union. Sie alle vereint eine Leidenschaft: Das Motorradfahren. In diesem Sommer wird die Gruppe 30 Jahre alt.

Derzeit sind die meisten Stammtisch-Mitglieder mit Autos unterwegs, haben ihre Motorräder abgemeldet oder zumindest in der Garage dauergeparkt. Doch spätestens im April werden sie wieder ihre PS-starken Bikes anschmeißen: Am Sonntag, 23. April, 10 Uhr, starten sie am Fähranleger Zollenspieker zur Saisoneröffnungstour nach Ratzeburg.

Biker Union: 30 Jahre Stammtisch der Motorradfahrer in Vierlanden

„Sieben Stammtische aus der Region Nord nehmen daran teil, starten von verschiedenen Orten aus“, sagt Frank Pamperin aus Geesthacht, Sprecher des Stammtischs Hamburg-Vierlande. Der 56-Jährige besitzt zwei Motorräder: Eine große BMW und ein Yamaha-Touring-Bike. Er und seine Biker-Freunde freuen sich auf die elfte Saisoneröffnungstour besonders, denn in den beiden vergangenen Jahren fiel sie wegen Corona aus.

Im August fahren die Motorrad-Freunde nach Berlin, als Teilnehmer einer von der Biker Union organisierten Sternfahrt. In den vergangenen Jahren seien oft weit über 1000 Motorradfahrer dabei gewesen. „Damit wollen wir auf uns Motorradfahrer und auf Themen aufmerksam machen, die uns wichtig sind“, sagt Pamperin.

Sorge vor weiteren Straßensperrungen für schwere Motorräder

So würden die Biker sehr genau die Gestaltung der Straßen verfolgen. „Leider wird dabei häufig nicht an uns Motorradfahrer, sondern nur an die Autofahrer, gedacht“, sagt Karsten Hossfeld (68, gemütlicher Reise-Chopper von Harley-Davidson) aus Norderstedt, der über Pamperin zu der Gruppe gelangte. Allzu selten gebe es etwa spezielle Leitplanken, die bei Unfällen von Motorradfahrern weniger schlimme Verletzungen verursachen.

Ein weiteres wichtiges Dauerthema seien etwa drohende oder bereits umgesetzte Fahrverbote für PS-starke Zweiräder. „Solche Fahrverbote wurden etwa in Süddeutschland ausgesprochen oder auch an der Elbuferstraße auf der niedersächsischen Seite der Elbe“, sagt Reinhold Czok (68, Cruiser von BMW) aus Wentorf. „Dort sind einige Abschnitte seit 1992 an den Wochenenden für Motorradfahrer gesperrt.“

„Die meisten Motorradfahrer wollen nicht die Ruhe stören“

Drohende Fahrverbote, nämlich am Hauptdeich in den Vier- und Marschlanden, spielten auch eine wichtige Rolle bei der Gründung des Stammtischs Vierlande: „Damals war unter uns Motorradfahrern die Sorge groß, das so etwas auch auf dieser Seite der Elbe eingeführt werden könnte“, sagt Hossfeld.

Der Stammtisch vermittelte zwischen Deich-Anliegern, Bikern und der Polizei, beteiligte sich an Plakat-Aktionen („4000 Umdrehungen sind genug“). Zum Glück sei kein Fahrverbot eingeführt worden, betonen die drei Biker. „Leider gab und gibt es immer wieder nervige Ausreißer, aber die meisten Motorradfahrer wollen die Ruhe am Deich nicht stören“, sagt Czok, und Hossfeld fügt hinzu: „Es geht um eine Minderheit. Gäbe es ein Fahrverbot, würden aber alle bestraft.“

Mit Kindern aus dem SOS-Kinderdorf Lütjenburg zur Pommesbude

Die 18 Biker vom Stammtisch Vierlande seien sehr unternehmungslustig, betont Hossfeld. Sie waren gerade gemeinsam Grünkohl essen, mindestens zweimal jährlich steht eine längere Wochenend-Tour auf dem Programm. Vergangenes Jahr ging es nach Sylt, in diesem Jahr ist Tschechien das Ziel. Die Tage besucht die Clique die Motorrad-Messe in Hamburg (10. bis 12. Februar). Auch mit anderen Motorrad-Cliquen treffen sich die „Vierländer“ häufig, etwa zu einem gemeinsamen Sicherheitstraining.

Die Motorrad-Freunde besuchen jeden Sommer gemeinsam mit zwei weiteren Stammtisch-Gruppen an einem Tag Jungen und Mädchen in Lütjenburg bei Plön, die im SOS-Kinderdorf Schleswig-Holstein leben. „Die dürfen dann kleine Touren bis zur Pommes-Bude mit uns machen. Anschließend wird zusammen gegrillt“, sagt Hossfeld. Die Besuche der Biker kämen bei den Kindern gut an: „Die sind schon Tage vorher ganz aufgeregt.“ Der Stammtisch Vierlande habe sich vor einigen Jahren der Aktion angeschlossen.

Einziges verbliebenes Gründungsmitglied fährt Auto

Klaus Bremer ist das einzige noch in der Clique befindliche Gründungsmitglied des Stammtischs. Der 80-Jährige fährt allerdings mittlerweile kein Motorrad mehr. Bei Unternehmungen sitzt er, inzwischen zum Ehrenmitglied ernannt, im Auto – aber niemals allein. „Mindestens einer von uns sitzt mit im Auto, denn allein im Pkw neben lauter Motorrädern unterwegs zu sein, wäre blöd“, sagt Pamperin.

Die Zweirad-Freunde vom Stammtisch Vierlande kommen aus ganz Hamburg und Umgebung. In den Vierlanden leben mittlerweile nur noch wenige Mitglieder. „Einer kommt sogar aus Lübeck. Er hat früher in Schwarzenbek gewohnt und ist unserem Stammtisch auch nach seinem Umzug treu geblieben, kommt weiterhin regelmäßig zu den monatlichen Treffen“, sagt Czok.

Biker treffen sich einmal im Monat in der Gaststätte Zum alten Bahnhof

An jedem zweiten Donnerstag im Monat, 19.30 Uhr, versammelt sich die Clique in der Curslacker Gaststätte Zum alten Bahnhof. Neue Gesichter sind dabei stets willkommen. Einzige Voraussetzung: Um Mitglied zu sein, muss man Motorradfahrer sein. Gegründet wurde die Gruppe von Jens „Kensy“ Scheer (†) aus Altengamme.

Per WhatsApp werden Termine und Neuigkeiten innerhalb der Gruppe weitergegeben. In einer Internet-Cloud finden sich Protokolle der monatlichen Treffen und Bilder von den Ausflügen. „Dadurch war ich auch, als ich mich wegen Corona zwei Jahre lang aus allen Aktivitäten ausgeklinkt habe, stets auf dem Laufenden“, sagt Czok.

Im Juni wird das 30-jährige Bestehen des Stammtisches gefeiert

Bei den monatlichen Stammtischen geht es um die Planung von Aktivitäten, um Reparaturen und neue Modelle, aber auch um Themen der Biker Union, einer „Interessenvertretung der Biker, Rocker und Motorradfahrer“. Sie zählt bundesweit rund 3600 Mitglieder.

Der Termin für die Feier des 30. Geburtstags steht bereits fest: Am Sonnabend, 17. Juni, wollen die Biker in der Schützenhalle Artlenburg einen schönen Abend verbringen. „Wir würden gern in den Vierlanden feiern, haben dort aber nichts Passendes gefunden“, sagt Pamperin.

Alkohol werde wohl nicht in Strömen fließen, höchstens in die Gläser der nicht-motorisierten Gäste, betonen die Biker. „Wenn wir zusammen auf unseren Motorrädern unterwegs sind, dann läuft das komplett ohne Alkohol ab“, sagt Pamperin. Auch sonst gebe es bei den Zusammenkünften keine Besäufnisse. „Aus dem Alter sind wir raus“, sagt Czok und trinkt einen Schluck Kaffee.