Hamburg. Walter Storbeck ist Heimatforscher mit Drohne und leidenschaftlicher Recherche. Doch vor allem alte Aufnahmen lassen Fragen offen.

Walter Storbeck, Heimatforscher aus Ochsenwerder, ist fast täglich mit seiner Kamera unterwegs, um Veränderungen in seinem Dorf zu dokumentieren. Sehr viele alte, mindestens seit 70 Jahren existierende Häuser hat er bereits fotografiert und die Bilder – geordnet nach Straßen und Hausnummern – auf seinem Computer archiviert. Dort sind auch etliche alte Motive gespeichert – abfotografierte historische Aufnahmen von Häusern, denen er aktuelle Bilder gegenüberstellt.

Seit vier Jahren beschäftigt sich der 72-Jährige intensiv mit der Geschichte seines Dorfes und den Veränderungen in dessen Erscheinungsbild im Laufe der Jahrzehnte. Als erstes hatte er die alten, reetgedeckten Häuser an seiner Straße, dem Ochsenwerder Norderdeich fotografiert – und dann sein Wirkungsfeld immer weiter ausgebreitet.

Heimatforscher Walter Storbeck wird von seiner Frau tatkräftig unterstützt

Oft muss Anke Storbeck (75) ihrem Mann bei dessen Foto-Touren helfen: „Dann mache ich Bilder vom Auto aus und sie sitzt hinter dem Steuer“, sagt der Heimatforscher, der bei schönem Wetter auch mit dem Fahrrad unterwegs ist, um Gebäude abzulichten.

Recherche ist seine Leidenschaft: Heimatforscher Walter Storbeck in seinem Arbeitszimmer. In einem Ordner sammelt er Artikel unserer Zeitung über Geschehnisse in den Vier- und Marschlanden.
Recherche ist seine Leidenschaft: Heimatforscher Walter Storbeck in seinem Arbeitszimmer. In einem Ordner sammelt er Artikel unserer Zeitung über Geschehnisse in den Vier- und Marschlanden. © Heyen

Anke Storbeck ist ihrem Mann auch außerhalb des Autos eine große Hilfe: „Meine Frau wurde in Ochsenwerder geboren und kennt hier Land und Leute“, sagt der Senior, der seit 1995 in Ochsenwerder lebt, aber in Kirchwerder geboren wurde und aufgewachsen ist. Das Paar ist seit 27 Jahren in zweiter Ehe verheiratet. Anke und Walter Storbeck haben jeweils zwei Kinder aus ihrer ersten Ehe. Zusammen bringen sie es auf acht Enkelkinder, Anke Storbeck hat sogar schon zwei Urenkel.

Walter Storbeck arbeitete mehr als 40 Jahre lang als Lkw-Fahrer für verschiedene Speditionen. „Ich war damals vor allem in Norddeutschland unterwegs“, sagt er. Ende der 60er-Jahre lernte er den Beruf des Maschinenschlossers. Bei der Hanseatischen Motorenbau-Gesellschaft (HMG) am Weidenbaumsweg in Bergedorf baute er unter anderem Dieselmotoren für Schiffe. Danach berief ihn die Bundeswehr ein. „Eigentlich wollte ich lieber zur See fahren.“

Nach Beendigung seines Wehrdienstes fuhr Storbeck dann zur See, arbeitete Anfang der 70er-Jahre drei Jahre lang bei der Handelsschifffahrt. Doch als seine damalige Frau 1974 ihr erstes Kind bekam, blieb er lieber zu Hause und suchte sich einen Job an Land. „Bei der Bundeswehr hatte ich meinen Lkw-Führerschein gemacht, deshalb startete ich als Berufskraftfahrer durch.“

Viele Häuser werden im Laufe der Jahre mehrfach abgelichtet

Die Menschen, die in den Häusern leben, würden sich nicht in der Regel nicht beschweren, wenn er ihre guten Stuben fotografiert, berichtet Walter Storbeck. „Natürlich erkläre ich ihnen, was ich mache. Ich frage sie dann auch immer nach alten Bildern von ihrem Haus. Manchmal habe ich damit Erfolg.“ Viele Häuser hat er im Laufe der Jahre mehrfach abgelichtet. „Sie verändern ja oftmals ihr Aussehen, etwa nach einem Um- oder Anbau oder nach einer Sanierung.“ Deshalb fotografiere er auch künftig fleißig weiter.

Auch Events wie das große Osterfeuer an der Elbe in Kirchwerder, spektakuläre Schwertransporte, die Baustelle Bergedorfer Tor, den Hamburger Hafen, die Elbe oder den Umbau der Kreuzung Oortkatenweg/Ochsenwerder Landscheideweg („Marschländer Roulette“) im Sommer 2019 lichtete Storbeck ab. Bei einigen Hausabrissen und Neubauprojekten machte er über Wochen und Monate täglich ein Bild.

Storbeck setzt zum Fotografieren auch eine Drohne ein. „Aus 100 bis 120 Metern Höhe kann ich ganze Häuserzeilen ablichten.“ Bei einem von Simone Vollstädt organisierten „Heimatgeschichtlichen Abend“ im Pastorat in Ochsenwerder betrachteten mehr als 40 Besucher Storbecks aktuelle Luftbilder, denen er historische Luftaufnahmen aus seinem Fundus gegenüberstellte. „Das kam gut an. Das Pastorat war bis auf den letzten Platz besetzt, einige Interessierte mussten sogar wieder gehen, weil kein Platz mehr frei war“, sagt der 72-Jährige.

Hilfe bei der Einordnung alter Aufnahmen gesucht

Immer mal wieder kann Storbeck alte Bilder nicht zeitlich oder örtlich einordnen oder die Menschen, die auf den Fotos zu sehen sind, namentlich benennen. Deshalb hat er oft einige Fotografien in der Tasche, wenn eine Versammlung besucht oder zu einer Feier eingeladen ist. „Dann gehe ich reihum und halte den Anwesenden die Bilder unter die Nase, in der Hoffnung, dass sie mir Informationen liefern können.“

Wer kann Informationen zu diesem Haus in Ochsenwerder und zu den drei Menschen vor dem Haus liefern? Möglicherweise gibt es das Gebäude inzwischen nicht mehr. Das Bild wurde jüngst in alten Unterlagen des Gesangvereins Liedertafel Harmonia entdeckt. Walter Storbeck freut sich über Anrufe.
Wer kann Informationen zu diesem Haus in Ochsenwerder und zu den drei Menschen vor dem Haus liefern? Möglicherweise gibt es das Gebäude inzwischen nicht mehr. Das Bild wurde jüngst in alten Unterlagen des Gesangvereins Liedertafel Harmonia entdeckt. Walter Storbeck freut sich über Anrufe. © Archiv Walter Storbeck

Auf diese Weise, aber vor allem, weil er „über Jahre zweimal wöchentlich in Pastoraten Kirchenbücher studierte“, konnte Storbeck etliche Konfirmanden aus den Kirchengemeinden Ochsenwerder und Allermöhe auf uralten Gruppen-Fotos ihre Namen zuordnen. „Inzwischen habe ich mehrere Ordner voller Bilder.“ Storbecks digitale Übersicht beginnt 1855 mit reinen Namenslisten, die ersten von ihm gespeicherten Bilder entstanden um 1900. „Bei den Namenszuordnungen gibt es aber noch viele Lücken.“ Von 1945 an, nach dem Zweiten Weltkrieg, gibt es Aufnahmen von fast jedem Konfirmanden-Jahrgang in Ochsenwerder und von den 1960er-Jahren an in Allermöhe. Vielen Bildern sind Namenslisten zugeordnet, im besten Falle konnte Storbeck recherchieren, wer genau abgebildet ist.

Inzwischen habe er deutlich weniger Arbeit mit den Gruppenfotos, berichtet Walter Storbeck: „Ich bin ja mit meiner Recherche in der Gegenwart angekommen. Deshalb werden die Dateien nur noch jährlich um die neuen Konfirmandenjahrgänge ergänzt.“ Den beiden Kirchengemeinden möchte er seine Datensammlungen gern eines Tages komplett überlassen: „Es macht ja Sinn, sie dort aufzubewahren.“ Der Kirchengemeinde Ochsenwerder stelle er bereits regelmäßig Bilder zur Verfügung, „wenn für die Feier einer Goldenen Konfirmation alte Aufnahmen des Jahrgangs benötigt werden“.

Storbeck freut sich über Unterstützung: Wer hat alte Fotografien?

Warum er sich die ganze Mühe macht? „Ich muss immer irgendwas tun, kann nicht einfach ruhig da sitzen“, sagt Storbeck und grinst.

Der Heimatforscher freut sich über Unterstützung: Wer mindestens 50 Jahre alte Fotografien von Gebäuden in Ochsenwerder hat, auch Luftaufnahmen, soll ihn anrufen: 040/737 41 81.