Lohbrügge. Wer ist für die horrenden Heizkosten in Lohbrügge verantwortlich? SPD-Politiker fragen nach – vor allem welche Rolle Hamburg spielt.
Umfangreich ist er gewesen, der Fragenkatalog der Kleinen Anfrage der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Ali Simsek und Alexander Mohrenberg aus dem Bezirk Bergedorf zum Fernwärmenetz im Lohbrügger Norden. Ein wesentlicher Punkt kristallisiert sich bei den Antworten des Senats heraus: Das kommunale Wohnungsunternehmen Saga spielt doch als Eigentümer des Fernwärmenetzes eine gewichtigere Rolle in der Wärmeversorgung als bisher angenommen.
Mohrenberg, umweltpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfraktion der SPD, gibt unumwunden zu, dass sich seine Zufriedenheit über die Antworten insgesamt „in Grenzen“ halte. Gemeinsam mit dem Kollegen Simsek ist er seit einiger Zeit sehr aktiv in der Vertretung der Interessen der Energiepreis-Gebeutelten aus dem Lohbrügger Norden. Diese wurden Ende September 2022 von ihrem Versorger E.on mit horrenden Heizkostenabrechnungen für das Jahr 2021 inklusive Vorauszahlungen geschockt und finanziell unter Druck gesetzt. Es ging um bis zu 2000 Euro pro Haushalt.
E.on, Saga und KWA: Wem gehört was?
Mit ihrer Kleinen Anfrage wollten der Lohbrügger Simsek und der Nettelnburger Mohrenberg die Rolle der Saga sowie den Zustand des Fernwärmenetzes genauer klären, an das im Stadtteil insgesamt 7206 Wohnungen angeschlossen sind. Aufgrund anhaltender sogenannter Wärmeverluste im Netz sei zu prüfen, wie dringend Sanierungsbedarf bestehe und wer denn dafür überhaupt verantwortlich sei.
Während des Diskussionsabends am 25. Januar 2023 im Veranstaltungszentrum „Le Parés“ zwischen E.on-Vertretern und frustrierten bis wütenden Bürgern wurde seitens des Energiekonzerns erstmals behauptet, die Saga sei sowohl Eigentümer des Holzheizkraftwerks als auch des Fernwärmenetzes, E.on wiederum nur Pächter. „Der Berechnungsmechanismus, welcher zu der immensen Preissteigerung geführt hat, sei zwischen der Saga und E.on vertraglich bei der Verpachtung vereinbart worden“, zitiert das SPD-Duo in der Einleitung der Anfrage.
Tatsächlich aber ist die Sachlage nach Angaben des Senats eine andere; der Senat beruft sich bei den Antworten auch auf Auskünfte der Saga: Dem Wohnungsunternehmen gehört demnach tatsächlich das Fernwärmenetz, betrieben werde es hingegen von E.on beziehungsweise Vorgängergesellschaften seit dem Jahr 1963. Eigentümer des Holzheizkraftwerks sei wiederum die KWA Bioenergie GmbH und Co. Kraftwerk Lohbrügge KG. Die Wärmelieferungen für die über 7000 Haushalte erfolge zu 75 Prozent über das KWA-Kraftwerk am Havighorster Weg.
Wo bei der Beantwortung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben müssen
Einige spannende Fragen bleiben offen, weil mit der Beantwortung teilweise „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ der beteiligten Firmen berührt würden. Wie etwa zu Laufzeiten und angedachten Verlängerungen der Pachtverträge oder zu Existenz und gegebenenfalls Inhalten eines vereinbarten Preisdeckels zwischen E.on und der KWA.
Unbeantwortet bleibt auch die Frage zu Umfang, Kosten und Notwendigkeit der Sanierung des Fernwärmenetzes. Dies obliege einzig und allein Betreiber E.on. Die Saga könne sich aber, so ist in einer weiteren Antwort zu lesen, nach vorheriger Prüfung „gegebenenfalls Gespräche“ über einen „möglichen Sanierungsfahrplan“ des Fernwärmenetzes mit E.on vorstellen.
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SPD: Saga muss Druck auf E.on ausüben
Die Saga verkündete vor einer Woche, dass sie gegenwärtig von Externen Verschiedenes prüfen lasse. Etwa ob die Preisanpassungen der E.on vertragskonform sind und überhöhte Wärmeverluste im Leitungsnetz vorliegen. Zudem sei geplant, sich mit E.on und KWA zusammenzusetzen mit verschiedenen Zielsetzungen: Zum einen soll für das laufende Jahr 2023 „eine im Interesse der Mieter angemessener Abrechnungsmodus“ gefunden, zum anderen für Lohbrügge Nord ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Energiekonzept entwickelt werden.
Alexander Mohrenberg glaubt, dass diese Aktivität mit der jüngsten öffentlichen Debatte in Lohbrügge zusammenhängt: „Wir sehen, dass die Saga als Verfechterin ihren Pflichten nachkommt. Das hätten wir gern von ihrer Seite proaktiver gesehen, und ich weiß auch nicht, ob die Saga ohne das Bekanntwerden ihrer Verflechtungen von selbst reagiert hätte.“ Der Wohnungsbauer müsse nun Druck auf E.on ausüben, damit das Netz saniert wird.
Verschiedene Optionen für Entlastungsangebote genannt
Erstrebenswert sei ferner, dass es für die Kunden eine „sozialverträgliche Preisgarantie“ für Energielieferungen gebe „und bei der Auftragsvergabe nicht immer nur nach technischen Kompetenzen entschieden wird“, meint SPD-Mann Mohrenberg. Zudem bestehe fraktionsübergreifend Konsens darüber, dass sowohl auf Hamburger wie auf bundesweiter Ebene eine größtmögliche Transparenz auf dem Energiemarkt geschaffen werden müsse.
„Die Wärme in Lohbrügge muss bezahlbar sein und bleiben“, fordern Simsek und Mohrenberg dementsprechend weiterhin und verweisen auf in der Senatsantwort genannten Entlastungsangebote der Stadt Hamburg und des Bundes. Möglichkeiten bestehen demnach beispielsweise über die seit Jahresbeginn geltende Wohngeld-Plus-Reform oder über die gerade zwischen Bund und Länder debattierte Härtefallregelung für Haushalte, die mit nicht leitungsgebundenen Brennstoffen wie Pellets oder Heizöl heizen.