Hamburg. Energieversorger fordert für Heizkosten horrende Zahlungen und Abschläge. Dagegen wollen Menschen in Lohbrügge auf die Straße gehen.

Teilweise bekommt er nun Anfragen aus Gebieten des Lohbrügger Nordens, „bei denen ich erst mal selbst auf der Karte nachschauen muss, wo das genau liegt“, erzählt Stephan Pütz. Der Mann ist stark nachgefragt, beziehungsweise die von ihm initiierte Unterschriftenliste, die er angesichts horrender Rechnungen vom Versorger E.on für Heizkosten unter seinen Nachbarn als Protestmittel anlegte. Doch Unterschriften allein reichen den aufgebrachten Bürgern nicht mehr: Am Freitag, 28. Oktober, wollen sie vor dem Holzheizkraftwerk Lohbrügge (HHK) am Havighorster Weg auch Präsenz zeigen.

Dabei handele es sich um keine radikale Demonstration, „bei der wir irgendetwas kaputt machen oder blockieren wollen“, betont Stephan Pütz. Eingeladen zur friedlichen Versammlung hat die neu gegründete Interessengemeinschaft Wärmeabrechnung 2021“ (IG), die ins Leben gerufen wurde, um die Verantwortung nicht auf einzelne Personen, sondern auf die große Masse zu verteilen.

Energiekrise: E.on fordert enorme Nachzahlungen

Es soll bei dem Freitagstreffen vor allem darum gehen, sich auszutauschen, Sorgen bezüglich der hohen Rechnungen zu teilen, ein Netzwerk von betroffenen Lohbrüggern zu etablieren – etwa, was zu tun ist, wenn jemand die Einzugsermächtigung seines Energieversorgers vorübergehend zurücknehmen möchte.

Das Treffen ist von 16.30 bis 18 Uhr geplant und soll laut Stephan Pütz nun bei der Versammlungsbehörde der Polizei angemeldet werden. „Wir haben überall in der Umgebung, in Supermärkten, Tankstellen, Bäckereien und weiteren Läden plakatiert und Einladungen verteilt“, berichtet Stephan Pütz, der sich davon einen Schneeballeffekt beim Weitersagen erhofft. Teilweise würden Einzelne auch bis zu 60 Flugblätter bei ihm zu Hause abholen. Dementsprechend könnten sich bis zu 1000 Menschen vor dem Kraftwerk einfinden.

Grundlage des gewaltigen Unmuts sind die Rechnungen, die das Energieunternehmen E.on seit Anfang Oktober für das Jahr 2021 verschickt hat. Darin werden die Anwohner von Korachstraße, Binnenfeldredder, Schärstraße, Röpraredder und weiteren Straßen im Norden Lohbrügges aufgefordert, Beträge zwischen 800 bis 2000 Euro an Nachzahlungen zu leisten, zugleich wurden die monatlichen Abschläge massiv erhöht. Daraufhin hatte Pütz den Protest organisiert. Allein in der ersten Woche kamen fast 500 Unterschriften zusammen.

Etliche Lohbrügger hätten gegen die Forderungen Widerspruch eingelegt

Etwa 7500 Haushalte im Lohbrügger Norden beliefert E.on mit Fernwärme aus dem Holzheizkraftwerk. Etliche haben laut Stephan Pütz gegen die Nachforderung und die Abschlagserhöhung bereits Widerspruch eingelegt. Sie können nicht nachvollziehen, wie die Preise zustande kommen. Viele seien unsicher, speziell in der Frage, ob und wie denn nun vorerst Zahlungen gestoppt werden können. Besonders ältere Bewohner des Stadtteils wüssten nicht, was zu tun sei.

Als Grundlage für einen Widerspruch hat die IG in ihre Einladung ein Rechenbeispiel des Statistischen Bundesamts unter Berücksichtigung des 2021er-Bundesdurchschnitts von 6,83 Cent pro Kilowattstunde Gas mitgeliefert. Die IG nennt als Möglichkeit, nach einem Widerspruch zwar die monatlichen Abschlagszahlungen zu erhöhen, aber nicht auf die volle geforderte Summe. E.on könnte dann aufgrund der Fülle von nur teilweise gezahlten Beträgen tatsächlich die Forderungen überprüfen – und nach Meinung der Lohbrügger Kunden den Irrtum einsehen.

Denn die zweifeln weiter an der Rechtmäßigkeit der aufgerufenen Beträge, die sowohl E.on als auch KWA mit gestiegenen Rohstoff- und Einkaufspreisen begründeten: „Diese Rechnung kann nicht stimmen. Andere Stadtteile wie Mümmelmannsberg oder Boberg haben längst nicht solche Preissteigerungen, wie wir hören“, argumentiert Stefan Pütz.