Hamburg. Hamburg plant in Lohbrügge ein 20 Meter hohes Gebäude. Anwohnern kritisieren Informationspolitik der Schulbehörde.
So war es viele Jahre trotz der Nähe zu einer Grundschule auszuhalten: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Korachstraße/Helmuth Hübener-Weg blickte von ihren Balkonen aus auf eine grüne Fläche mit Spielgeräten und einem Fußballfeld nebst der Grundschule Reinbeker Redder. Doch das ist Geschichte: Schulbau Hamburg plant einen aus bisher zwei Standorten zusammengelegten Neubau für das Regionale Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) inklusive Einfeldsporthalle und Mensa für 15,5 Millionen Euro.
Die Bauarbeiten sind auf dem Schulgrundstück Reinbeker Redder 274 seit einem Vierteljahr im Gang. Anwohner befürchten, dass ihre Wohnqualität dadurch deutlich sinken wird. Vor allem ärgern sich die Lohbrügger über die aus ihrer Sicht mangelnde Informationspolitik aus der Behörde.
Bildungs- und Beratungszentrum: Baustart vor drei Monaten
Nebenan rollt das Baugerät seit Ende November 2022. Seitdem wird Jochen Blessing, Bewohner aus der Korachstraße 4d im zweiten Stock, fast jeden Morgen durch Maschinenlärm und Gespräche der Bauarbeiter untereinander um 6.30 Uhr wach. Von seinem Balkon aus blickt der Rentner auf die gewaltige Baugrube. Hier soll in anderthalb Jahren ein über 20 Meter hohes Schulgebäude stehen.
Was ihn und andere verärgere, sei die Plötzlichkeit des Vorhabens. Denn obwohl Jochen Blessing schon in der Vergangenheit die lokale Politik angesprochen habe – die CDU soll demnach mal eine Kleine Anfrage ans Bezirksamt gestellt haben, Auskünfte darüber aber „aus internen Gründen“ der Schulbehörde abgelehnt – sei der Baustart vor knapp drei Monaten recht unvermittelt gekommen.
„Infos von der Schulbehörde haben wir vor dem Baustart nicht bekommen“, sagt der 75-Jährige, der so etwas wie das Sprachrohr der etwa 80 Wohnungseigentümer ist. Von denen, so hat Blessing in Eigenregie herausgefunden, könnten 32 Wohnungen vornehmlich in den unteren Etagen des Blocks ab Sommer 2024, wenn das ReBBZ fertiggestellt sein soll, „im Dunkeln“ sitzen.
Anwohner bemüht sich vergeblich um komplette Baupläne
Blessing war derart aufgewühlt, dass er Nachforschungen zu den Ausmaßen des Neugebäudes anstellte. So bemühte sich der 75-Jährige um Einsicht in die Bauunterlagen. Nicht so einfach, wie der Pensionär herausfinden musste: Bei seiner ersten Anlaufstation im Rechtsamt des Bergedorfer Bezirksamts bekam er zunächst lediglich ein Drittel der Pläne zu sehen.
Doch dadurch sind bei ihm Befürchtungen bestätigt worden: Wird ein nicht unwesentlicher Teil der Korachstraße 4a bis f demnächst von einem 20,5 Meter hohen Schulneubau verschattet? Stimmen die Abstände auf den Grundstücken tatsächlich? Blessing war unzufrieden mit den Informationen. „Also musste ich einen zweiten Termin bei der Schulbehörde beantragen.“ Doch auch bei diesem Termin fehlten Unterlagen.
Auch Saban Mujetic, Bewohner einer Erdgeschosswohnung in der Korachstraße 4c, wirkt genervt, als er Blessing besucht „Ich befürchte durch das Bildungszentrum sehr viel Verkehrs- und sonstigen Lärm auf dem Parkplatz der Schule, der direkt auf der Seite vor unseren Balkonen geplant ist. So werden wir sicher schon weit vor 8 Uhr kein Auge mehr zudrücken können.“ Und dann wird Mujetic deutlicher: „Diese Pläne waren sicher jahrelang irgendwo bekannt – nur nicht uns.“
Schulbehörde: Baustart ist durch Beschilderung angekündigt
Die Nachbarn glauben, dass eine 180-Grad-Drehung des gesamten Baus – also senkrecht zum Verlauf der Korachstraße – sinnvoller gewesen wäre. Denn dann hätten die Planer auch den Parkplatz parallel zur Korachstraße setzen und das Fällen einiger großer Bäume hätte vermieden werden können. Zumindest aber konnte bei einem Ortstermin zuletzt ein späterer Baubeginn ab 7 Uhr vereinbart werden.
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Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, bekräftigt, dass sämtliche Planungen für das ReBBZ mit allen beteiligten Behörden – neben der Schulbau sind dies Finanzbehörde, Schulstandortplanung sowie Schulaufsicht –, dem Bezirk sowie der Schule abgestimmt seien. Der Baustart sei ferner über das Aufstellen eines Bauschildes an der Korachstraße „öffentlich kommuniziert“ worden, „dort sind Zuständigkeiten inklusive Kontaktdaten für alle einsehbar“, so Albrecht weiter, der zur direkten Kontaktaufnahme über die Schulbau auffordert.
Wohnungseigentümer denken über Gemeinschaftsklage nach
Tatsächlich hätten die Planer das Gebäude bei insgesamt wenig Spielraum auf dem Grundstück mehrfach gedreht und verschoben, berichtet Peter Albrecht und verspricht mit der jetzigen Lösung „die geringstmöglichen Einschränkungen für die Nachbarschaft“. Denn: „Es ist mit insgesamt weniger Geräuschemission für die Nachbarschaft zu rechnen, da ein Teil des für Sport und Spiel genutzten Schulhofes durch ein geschlossenes Gebäude ersetzt wird.“ Der Parkplatz umfasse lediglich fünf Stellplätze und sei mit einer Schranke gesichert, also potenziell kein weiterer Lärmerzeuger oder Luftverschmutzer.
Bis Ende 2023 soll der Rohbau der viergeschossigen Schule stehen, ein halbes Jahr später alles bezugsfertig sein. „Bei Schulneubauten mit großem Abstand zu den Nachbargebäuden ist eine Verschattungsstudie nicht erforderlich“, weiß Peter Albrecht. Ob dies das Unbehagen bei der Eigentümergemeinschaft vertreibt, bleibt zweifelhaft. Blessing und weitere Anwohner behalten es sich vor, eine Klage wegen Wertminderung ihres Wohneigentums vorzubereiten.